66 | PRAXIS INTERVIEW MIT DANIEL SURVILA, DER ES VOM GEBÄUDEREINIGER ZUM ZAHNARZT SCHAFFTE „Der Druck war enorm, aber für mich gab es keine Alternative“ Sein Weg schien vorgezeichnet und begann im Handwerkbetrieb seines Vaters: Insgesamt 18 Jahre lang arbeitete Daniel Survila als Gebäudereiniger – bis er mit Anfang 30 den Neuanfang wagte. Heute beschäftigt der Ulmer Zahnarzt sechs Mitarbeiterinnen und einen Gebäudereiniger, der am Abend seine Praxis putzt. Herr Survila, Sie haben einen langen Weg hinter sich, der viel Kraft gekostet hat. Wenn Sie nun zurückblicken: Würden Sie den ersten Schritt zur eigenen Praxis wieder gehen? Daniel Survila: Ja, auf jeden Fall. Es war eine der wichtigsten und besten Entscheidungen meines Lebens. Auch wenn der Weg oft steinig war, hat mich jeder einzelne Schritt dorthin geführt, wo ich heute bin. Dafür bin ich dankbar und würde es deshalb trotz der Widrigkeiten wieder tun. Mit 32 Jahren entschieden Sie: „Das kann nicht alles gewesen sein“ – warum haben Sie sich für den Beruf des Zahnarztes entschieden? Mein Ziel war es, mit Menschen zu arbeiten und etwas zu bewirken. Technisch und handwerklich war ich schon immer begabt. Nachdem ich mich mit mehreren Berufsbildern beschäftigt hatte, war sehr schnell klar, dass mein Weg in die Zahnmedizin führen sollte. Kurz darauf habe ich mich mit dem ganz klaren Ziel, Zahnarzt zu werden, am Abendgymnasium angemeldet – und von da an durchgezogen. Keine leichte Aufgabe ... Das stimmt. Das Abendgymnasium besuchte ich am frühen Abend, danach ging ich zur Arbeit. Am nächsten Mittag und an den Wochenenden ging es dann weiter mit Familie, Freizeit und Lernen. Auf das Abendgymnasium folgte ein Vollzeitstudium. Welche Hürden mussten Sie dort nehmen? Im Besonderen als Student ohne akademischen Hintergrund? Der Druck war natürlich enorm, dass ich jetzt alles schaffen muss. Für mich gab es keine Alternative. Ich musste mir jeden Funken an Wissen selbst erarbeiten, ohne mal kurz jemanden fragen zu können. Ihre Kommilitonen waren jünger als Sie, ohne Kinder, oft ungebunden, meist mit akademischem Background aus dem Elternhaus. Wie haben Sie sich in der Universitätsgemeinschaft aufgehoben gefühlt? Mit einigen meiner Kommilitonen habe ich noch heute hin und wieder Kontakt und ich freue mich immer, wenn ich von jemandem etwas höre oder jemandem begegne. Während der Studienzeit waren meine Interessen wahrscheinlich nicht typisch für einen Studenten. Am Rande bekam ich manchmal etwas von Semesterfeiern oder wilden Wochenenden mit. Bei mir drehte sich das außerstudentische Leben um die Familie. Das war für mich aber auch vollkommen in Ordnung und ich hatte nie den Gedanken, in dieser Hinsicht etwas zu verpassen oder ausgeschlossen zu sein. Ich hatte einfach andere Prioritäten und Verpflichtungen. An welche Situation denken Sie besonders gern zurück? zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1044) ABENDGYMNASIUM MIT NACHTJOB – STUDIUM MIT DREI KLEINEN KINDERN Mit 32 Jahren entschied Daniel Survila sich für den Beruf des Zahnarztes. Für den gelernten Gebäudereiniger bedeutete dies zunächst: zurück auf die Schulbank und das Abitur am Abendgymnasium nachholen. Survila entwickelte sich trotz Schichtdienst – er arbeitete nachts als Gebäudereiniger weiter – zum Musterschüler und schloss das Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,4 ab. Darauf folgte das Zahnmedizinstudium in Ulm. Nicht nur finanziell war dies ein Kraftakt für die gesamte Familie: Während des Abendgymnasiums heiratete Survila seine Frau Daniela, die bereits eine Tochter mit in die Ehe brachte. „Unsere drei weiteren Kinder kamen dann während der Studienzeit zur Welt“, erzählt der 44-Jährige: „pünktlich zum Vorphysikum, zum Physikum und zum Staatsexamen!“ Früher reinigte er Praxen, heute leitet er eine: Daniel Survila ist über den zweiten Bildungsweg zur Zahnmedizin gekommen.
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