74 | POLITIK 129. DEUTSCHER ÄRZTETAG IN LEIPZIG Grünes Licht für eine neue GOÄ Vier Tage lang diskutierte die deutsche Ärzteschaft in Leipzig über Reformen im Gesundheitswesen und den Einsatz von KI in der Medizin. Mit Spannung erwartete man die Abstimmung über die im Vorfeld kontrovers diskutierte GOÄ-Novelle – am Ende stimmte eine große Mehrheit der Delegierten dafür. Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, betonte, dass der vorliegende Entwurf der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) weder überhastet noch unter Ausschluss der Kolleginnen und Kollegen erarbeitet worden sei. Im Gegenteil, man habe 165 Berufs- und Fachverbände an dem langjährigen Prozess beteiligt. Eine Ablehnung werde die politische Glaubwürdigkeit des ärztlichen Berufsstands beschädigen, warnte Reinhardt vor der Abstimmung. In den anschließenden Wortbeiträgen äußerten sich die Rednerinnen und Redner mehrheitlich positiv zu dem Entwurf. Kritische Beiträge befassten sich damit, dass ein Reallohnverlust zu befürchten sei und die vorgeschlagene GOÄ die Inflation nicht ausgleiche. Schließlich erteilten die Delegierten dem BÄK-Vorstand mit 212 zu 19 Stimmen den Auftrag, die gemeinsam mit dem PKV-Verband und der Beihilfe entwickelten Entwürfe zu einer novellierten GOÄ ans Bundesgesundheitsministerium (BMG) zu übergeben. Dort sei „die Novellierung der GOÄ auf dieser Grundlage unverzüglich einzuleiten“, heißt es in dem Beschluss. BÄK und PKV-Verband zeigten sich im Anschluss zufrieden mit dem Ergebnis: „Wir haben das Leistungsverzeichnis umfassend aktualisiert und an die moderne Medizin angepasst“, teilten Reinhardt und Dr. Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands, mit. Erstmals seien digitale Leistungen systematisch berücksichtigt, etwa die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) und telemedizinische Behandlungen. „Bewährte Prinzipien“ wie die Einzelleistungsvergütung, die Therapiefreiheit, die Offenheit für Innovationen und der Verzicht auf eine Budgetierung seien beibehalten worden. Für alle Ärzte und Patienten schaffe man zudem deutlich mehr Transparenz und Rechtssicherheit bei der Rechnungsstellung. „Besonderes Augenmerk haben wir auf die ärztliche Zuwendung gelegt: Sie ist das zentrale Element ärztlichen Handelns und wird in der neuen GOÄ endlich auch entsprechend bewertet“, so Reinhardt und Reuther. „Das Gesundheitswesen ist kein bloßer Kostenfaktor“ Bestimmendes Thema der Eröffnungsfeier am 27. Mai in der Leipziger Nikolaikirche war die Zusammenarbeit von Selbstverwaltung und Bundesregierung. Angesichts der gravierenden Herausforderungen müsse es schnell zu einem gemeinsamen Verständnis darüber kommen, wie sich das Gesundheitswesen weiterentwickeln soll, sagte Reinhardt vor den rund 1.000 Gästen. Als Ziel skizzierte er ein Gesundheitssystem, das „solide in seiner Struktur, solidarisch in seinem Anspruch und getragen von einem belastbaren Vertrauensverhältnis zwischen Politik, Selbstverwaltung und den Menschen, für die wir Verantwortung übernehmen“, ist. Dabei müsse die Politik anerkennen, betonte Reinhardt, dass das Gesundheitswesen kein bloßer Kostenfaktor sei, den man mit pauschalen Sparmaßnahmen auf Effizienz trimmenkönne. Aus Sicht der Ärzteschaft sind stattdessen in allen Leistungsbereichen grundlegende Reformen notwendig. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD fänden sich einige gute Ansätze, so Reinhardt, etwa die angekündigte Einführung eines Primärarztsystems in Deutschland. Hier kommt es für ihn aber auf die konkrete Umsetzung an: „Das Letzte, was wir wollen, ist ein reines Gatekeeping-System, wie wir es mit allen negativen Auswirkungen aus anderen Ländern kennen: Einschränkung der freien Arztwahl, Verzögerungen beim Zugang zur fachärztlichen Versorgung, zusätzliche Belastungen der Hausärztinnen und Hausärzte.“ An die anwesende Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) gewandt forderte Reinhardt die Einsetzung einer Bürokratie-Taskforce für das Gesundheitswesen: „Lassen Sie uns gemeinsam jedes Formular, jede Prozedur und jede Berichtspflicht auf den Prüfstand stellen.“ Er verwies darauf, dass die BÄK und andere Organisationen aus dem Gesundheitswesen bereits in der Foto: Christian Glawe-Griebel, Helliwood media & education im fjs e.V. zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1052)
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