POLITIK | 75 vergangenen Legislaturperiode zahlreiche konkrete Entbürokratisierungsvorschläge ans Bundesgesundheitsministerium übermittelt hatten. In ihrem Grußwort bekräftigte Warken ihre Absicht, mit allen Beteiligten im Gesundheitswesen in den Dialog zu treten. Nur so können aus ihrer Sicht „die gewaltigen Herausforderungen“ – darunter der Fachkräftemangel, die überbordende Bürokratie und die Finanznot in der Gesetzlichen Krankenversicherung – bewältigt werden. Die Vorschläge der Ärzteschaft zum Bürokratieabbau werde man aufgreifen, versicherte sie. Die Ministerin bekannte sich zum Primärarztsystem, um die Gesundheitsversorgung in der Stadt und auf dem Land sicherzustellen. Zum Potenzial von KI, die Leistungserbringer im Gesundheitswesen zu entlasten, stellte die CDU-Politikerin klar: „Mein Anliegen in den kommenden Monaten wird sein, die Voraussetzungen zu verbessern. Dafür müssen wir die Datenverfügbarkeit im Gesundheitswesen ausbauen, das Thema Datensicherheit im Blick behalten und die Interoperabilität im Gesundheitswesen stärken.“ Eine wichtige Rolle spiele die elektronische Patientenakte (ePA). Hier wolle das BMG am gesetzten Zeitplan festhalten. Warken appellierte an die Ärzteschaft, das Projekt zu unterstützen: „Die ePA ist die Zukunft. Je mehr Sie sie nutzen, desto schneller wird sie besser.“ sth zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1053) Zur Eröffnung des Deutschen Ärztetags in Leipzig war auch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken gekommen, hier vor der Presse mit BundesärztekammerPräsident Dr. Klaus Reinhardt. Foto: Christian Glawe-Griebel/helliwood.com DIE WICHTIGSTEN BESCHLÜSSE Darauf einigten sich die Delegierten aus den 17 deutschen Ärztekammern: n Als Maßnahmen zur Stabilisierung des Gesundheitswesens werden die Umsetzung eines intelligenten Patientensteuerungskonzepts und einer nationalen Public-Health-Strategie gefordert. Letztere soll Krankheitsprävention und Gesundheitskompetenz fördern. Werbung für übermäßig zucker- und fetthaltige Lebensmittel soll verboten werden. Die von der Bundesregierung angekündigte gesetzliche Regulierung von investorenbetriebenen MVZ begrüßen die Delegierten. n Den Einsatz von KI in der Medizin unterstützt die Ärzteschaft, sofern sie verantwortungsvoll geschieht und ärztliche Perspektiven beim Einsatz stärker berücksichtigt. n Für Schwangerschaftsabbrüche sollen rechtliche Regelungen außerhalb des Strafgesetzbuches gefunden werden. Es soll weiterhin eine Gewissensentscheidung von Ärztinnen und Ärzte bleiben, ob sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Wer sich dazu entschließt, muss wirksam vor Bedrohungen geschützt werden. n Die Krisenresilienz des Gesundheitswesens ist zu stärken, indem ein verbindlicher Stufenplan mit klar definierten Verantwortlichkeiten erlassen wird. Er muss die erweiterte Regelversorgung, die Versorgung im Katastrophenfall und die militärische Lage abdecken. WER SONST NOCH TAGTE Im Vorfeld zum Deutschen Ärztetag kam am 26. Mai die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Leipzig zusammen. Kontrovers wurde ein Positionspapier zur Patientensteuerung diskutiert, das die Vertreterversammlung schlussendlich mit 53 zu 60 Stimmen verabschiedete. Das Konzept sieht vor, dass gesetzlich Krankenversicherte für die primäre Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen einen Vertragsarzt aus den zur Steuerung bestimmten Facharztgruppen wählen. Mögliche Anlaufstellen sind Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte sowie Frauenärzte. Nur Fachärzte für Augenheilkunde, ärztliche und psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sollen weiterhin ohne Überweisung aufgesucht werden können. Nach dem Willen der Berufsorganisation sollen Patienten weiterhin die Möglichkeit haben, Fachärzte in Eigeninitiative zu konsultieren, dafür in Absprache mit der Krankenkasse aber eine Eigenbeteiligung zahlen. Am 24. und 25. Mai fand die Hauptversammlung des Marburger Bunds (MB) in Leipzig statt. Die Ärztegewerkschaft kritisierte die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigte Abschaffung der täglichen zugunsten einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit. „Es besteht die Gefahr, dass eine vollständige Auflösung der täglichen Höchstgrenzen die Belastung der bereits stark beanspruchten Beschäftigten im Gesundheitswesen nochmals erheblich steigert“, heißt es im Abschlusspapier. Die gesetzlichen und tariflichen Regelungen seien Marken zum Schutz der Beschäftigten, die bewahrt werden müssten. Auf der Hauptversammlung sprachen sich die Delegierten außerdem für eine „verbindliche, flächendeckende Patientennavigation“ aus. Von der Bundesregierung forderte die Gewerkschaft nachhaltige und intensivierte Investitionen in Digitalisierung und KI, ein Bürokratieentlastungsgesetz in den ersten 100 Tagen der Legislatur sowie die Prävention als „Kernaufgabe der Daseinsvorsorge" zu stärken.
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