Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

76 | GESELLSCHAFT 30 JAHRE NACHHALTIGE ENTWICKLUNGSHILFE IN GAMBIA Vom Studentenprojekt zur neuen Zahnklinik A. Rainer Jordan Es begann als zahnmedizinisches Hilfsprojekt während seiner Studentenzeit. Mehr als 30 Jahre später durfte Prof. Dr. A. Rainer Jordan, habilitierter Zahnarzt und wissenschaftlicher Direktor des Instituts Deutscher Zahnärzte (IDZ), bei der Eröffnung „seiner“ Zahnklinik in Serekunda dabei sein. Hier berichtet der Namensgeber der „Jordan Dental Clinic“ von den Anfängen des Projekts und wie sich die zahnmedizinische Versorgung in Gambia bis heute entwickelt hat. Die Republik Gambia erlangte 1965 staatliche Souveränität und Unabhängigkeit von Großbritannien. Zu diesem Zeitpunkt war das Gesundheitssystem ganz wesentlich von der Kolonialzeit des British West Africa geprägt. Zum Ende der kolonialen Ära sah sich die Regierung mit einer völlig unzureichenden Infrastruktur konfrontiert, in der auch eine mangelnde zahnmedizinische Versorgung ein landesweites Problem darstellte. Wegen der ü ber lange Zeit nur gering eingeschränkten Lebensqualität und der zu vernachlässigenden Mortalität von Zahnerkrankungen – verglichen mit anderen örtlichen Gesundheitsrisiken – genoss die Zahnmedizin in diesen Ländern keine hohe Priorität. In der WHO-Deklaration „Gesundheit fü r alle“ wurden in den späten 1970erJahren die Ziele einer Basisgesundheitsversorgung definiert, in der auch die Zahnmedizin berü cksichtigt wurde. Den Schwerpunkt bildete die Prävention durch fluoridiertes Trinkwasser, Speisesalz und Zahnpasten, gefolgt von Ideen eines ersten therapeutischen Ansatzes, der auch von zahnmedizinischem Hilfspersonal geleistet werden kann. Grundlage dafü r war eine manuelle Kariesexkavation und die Verwendung eines modernen Fü llungsmaterials. Seit 1994 fördert die WHO das heute Atraumatic Restorative Treatment (ART) genannte Verfahren. Die Uni Witten/Herdecke war damals Pionier Nach einer Gastvorlesung von Prof. Taco Pilot vom WHO Collaborating Centre for Oral Health Research in Groningen im Dezember 1994 an der Universität Witten/Herdecke grü ndetenim Folgejahr drei Zahnmedizinstudierende – Kirsten Rü ckert, Sven-Erik Steinborn und ich – ein zahnmedizinisches Hilfsprojekt als studentische Initiative in einer ländlichen Umgebung im Landesinneren Gambias, das eines der weltweiten Pionierprojekte des Atraumatic Restorative Treatment darstellte. Speziell fü r die ART-Technik wurden damals Glasionomerzemente der zweiten Generation entwickelt und Ketac®- Molar ART und Ionofil® Molar erstmals in Gambia klinisch eingesetzt. Von Beginn an wurde das studentische Hilfsprojekt im Landesinneren des westafrikanischen Staates vom Hilfswerk Deutscher Zahnärzte gefördert. Schnell stellte sich heraus, dass eine zeitlich begrenzte, rein studentisch organisierte zahnmedizinische Versorgung allein in den Semesterferien die Behandlungslast nicht annähernd decken wü rde. Daher begannen wir mit der Ausbildung von zahnmedizinischem Hilfspersonal – sogenannten Community Oral Health Workers (COHW). Sie bildeten die Grundlage fü r den Aufschwung des wissenschaftlich begrü ndeten GambiaDentCareProgramms. Zuerst erfolgte die staatliche Akkreditierung Im Jahr 2005 kehrte ich als einer der Projektgrü nder zurü ck und entwickelte das studentische Hilfsprojekt fortan zu einem staatlichen AusbilEröffnung der Jordan Dental Clinic im April 2025 in Serekunda: Community Oral Health Worker und Klinikbetreiber Ousman Y Bah (l.) mit Namensgeber Prof. Dr. A. Rainer Jordan, der sich seit über 30 Jahren für die zahnmedizinische Entwicklungszusammenarbeit in Gambia einsetzt. Foto: Stephan M. Pröpper zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1054)

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