80 | PERSÖNLICHES zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1058) BUNDESZAHNÄRZTEKAMMER ZEICHNET PRÄVENTIONS-PIONIERE AUS GOLDENE EHRENNADEL FÜR BASTENDORF UND LAURISCH Die nüchterne Beschreibung, dass zwei Zahnärzte ausgezeichnet wurden, weil sie eine Prophylaxe-Praxis gegründet haben, werden jüngere Kolleginnen und Kollegen kaum verstehen. Vermutlich denken sie: „Geht’s noch langweiliger, welche Zahnarztpraxis ist denn nicht prophylaxeorientiert?“ Wer so denkt, hat die „Heavy-Metal“-Zahnmedizin der 1970er- und 1980er-Jahre nicht erlebt. Aus damaliger Sicht brauchte Mundgesundheit nur drei Dinge: „Bohrer“, Amalgam und viel Gold. In dieser Zeit von Prävention zu sprechen, brachte einen schnell in das Zentrum eines Shitstorms. Klassiker der Kollegenmeinungen damals waren: „Meine Patienten wollen keine Prävention“ – „Prävention kostet nur Geld und bringt nichts“ – „Wenn ich Prävention mache, kann ich meine Praxis gleich der Bank schenken“ – „Ich hab doch nicht studiert, um anderen Leuten die Zähne sauberzumachen“ – „Ihr sägt an dem Ast, auf dem wir alle sitzen“. Vielleicht ahnt man jetzt, welche innere Überzeugung und welche Tatkraft es erfordert hat, in diesem Klima eine Prophylaxe-orientierte Praxis – wie Dr. Lutz Laurisch 1977 in Korschenbroich und wie Dr. Klaus-Dieter Bastendorf 1979 in Eislingen – zu eröffnen. Dabei war man auch noch völlig allein mit der eigenen Überzeugung, denn wissenschaftliche Evidenz gab es so gut wie nicht. Per Axelsson und Jan Lindhe hatten 1978 gerade mal die Ergebnisse der ersten drei Jahre ihrer später berühmten Langzeitstudie veröffentlicht. Und dann stand am Anfang dieser Publikation ja noch die unerhörte Provokation: „These results indicate that dental treatment is a highly ineffective means of curing caries and periodontal disease.“ Klar, dass im damaligen restaurativen Rausch nur wenige zuhören wollten. Die ersten Influencer auf dem Gebiet der Prävention Bastendorf und Laurisch haben zugehört und sie haben recht behalten. Als 1989 die erste Deutsche Mundgesundheitsstudie abgeschlossen wurde, waren die Ergebnisse im internationalen Vergleich so niederschmetternd schlecht, dass es ernstzunehmende Stimmen gab, sie nicht zu veröffentlichen. Glücklicherweise hatte man den Mut, es doch zu tun, und das war dann die Initialzündung für die immer breitere Akzeptanz der Prävention in den zahnärztlichen Praxen Deutschlands. Zu dieser Zeit waren Bastendorf und Laurisch schon sehr gefragte – heute würde man sagen – Influencer: viele Vorträge, Fortbildungskurse, Praxiskurse, Publikationen und Bücher. Sie konnten mit dem eigenen Beispiel zeigen, dass der präventive Fokus weder den Untergang der eigenen Praxis noch den der Zahnmedizin bedeutet, sondern vielmehr das Gegenteil. Ohne die Vorbildwirkung dieser Pioniere wäre Deutschland heute nicht Weltmeister in der Mundgesundheit und die Zahnmedizin nicht der einzige Heilberuf, der die Prävention zur Erfolgsgeschichte gemacht hat. Laurisch und Bastendorf wurden auf dem 6. Deutschen Präventionskongress der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) am 16. Mai in Hamburg mit der goldenen Ehrennadel der Bundeszahnärztekammer ausgezeichnet. Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer Dr. Klaus-Dieter Bastendorf und Dr. Lutz Laurisch bei der Verleihung der Goldenen Ehrennadel der BZÄK in Hamburg Foto: OEMUS MEDIA AG
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