34 | GESELLSCHAFT Manchmal muss eine zwölf Jahre alte Geschichte noch einmal erzählt werden: Shena Hardin hatte es eilig. Da hielt sie es für eine gute Idee, einen vor ihr haltenden Schulbus rechts auf dem Gehweg zu überholen, direkt vor dem Eingang einer Kindertagesstätte. Videoaufnahmen belegten das Manöver, also ging es vor Gericht. Neben dem erwartbaren Führerscheinentzug und einer Geldstrafe verurteilte das Gericht sie dazu, an zwei Tagen öffentlich Buße zu tun. Sie musste morgens für jeweils eine Stunde an einer Straßenecke stehend in der Öffentlichkeit ein Schild um den Hals tragen mit der Aufschrift „Only an idiot would drive on the sidewalk to avoid the school bus.” („Nur ein Idiot würde auf dem Gehsteig einen Schulbus überholen.") Natürlich übertrug ein Fernsehsender live (aber das ist eine andere Geschichte). Das war anno 2012 in Cleveland, Ohio. Und wirkt selbst beim Wiederlesen unfassbar anachronistisch. Denn es erinnert an die Rechtsprechung im dunklen Mittelalter, als Verurteilte an den (berüchtigten) Pranger – auf die Schandbühne – gestellt wurden. Wesentlich für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung war damals die öffentliche Schande, der Ehrenraub coram publico. Und wer die Demütigung und Erniedrigung über den Tod hinaus verlängern wollte, hängte die abgeschlagenen Köpfe der Verbrecher und Feinde eben öffentlich auf. Der „Schandschädel“ übertrug die Ehrlosigkeit auf die Familie bis in die nächste Generation oder zementierte die Erbfeindschaft nach außen. Der Ahnenschädel der Asmat liegt neben der Navajo-Kette Die Nomenklatur hat Haesler erdacht, es ist kein standardisierter Fachbegriff, Wikipedia liefert keine Treffer. Dieser zm115 Nr. 13, 01.07.2025, (1108) MIT DEM DENTALMUSEUM DURCH 2025 – TEIL 12 Der Schädel der Schande Die Geschichte der Zahnheilkunde im Dentalmuseum bietet mehr als alte Instrumente oder die x-te Apollonia. Museumsleiter Andreas Haesler will umfassend erzählen, auch disziplinüberschreitend und kulturhistorisch. In seiner diesjährigen Sonderausstellung hat er den Zahnhalteapparat – wörtlich – zerlegt in „Zahn I Halte I Apparate“ und diverse „Apparate“ ausgepackt und neu arrangiert, die die Zähne halten oder die von Zähnen gehalten werden. MIT DEM DENTALMUSEUM DURCH2025 In jeder Ausgabe in diesem Kalenderjahr heben wir einen Schatz aus dem Dentalhistorischen Museum in Zschadraß und geben an den Exponaten entlang einen Einblick in die Geschichte der Zahnheilkunde. Fotos: zm-mg, Dentalmuseum BESTOF DENTALES ERBE TEIL 12
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