38 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG ZUR S3-LEITLINIE „DIE BEHANDLUNG VON PARODONTITIS – STADIUM IV“ Einführung: Krankheitsbild und therapeutische Optionen Henrik Dommisch, Søren Jepsen Die Europäische S3-Leitlinie zur Therapie von Patientinnen und Patienten mit Parodontitis im Stadium IV wurde im Verbund mit zahlreichen Fachgesellschaften und Organisationen an die deutschen Verhältnisse angepasst und wird aktuell publiziert. Wir stellen Informationen zur neuen Leitlinie in insgesamt fünf Autorenbeiträgen in diesem Heft und in der zm 14/2025 vor. In diesem ersten Beitrag geht es um die Vorstellung des Krankheitsbildes und einen Überblick über die therapeutischen Optionen. Die Parodontitis im Stadium IV ist durch einen ähnlichen Schweregrad und eine ähnliche Komplexität in Bezug auf parodontale Entzündung, Attachmentverlust und Knochenabbau gekennzeichnet wie die Parodontitis im Stadium III. Allerdings haben Patienten mit Parodontitis im Stadium IV entweder fünf oder mehr Zähne aufgrund einer Parodontitis verloren und/oder benötigen aufgrund eines oder mehrerer der folgenden Kriterien eine komplexe Rehabilitation [Papapanou et al., 2018; Tonetti et al., 2018]: n Bisskollaps, Zahnwanderungen und Lückenbildungen sind mit schweren Attachmentverlusten an den betroffenen Zähnen verbunden, n Verlust der posterioren Abstützung und/oder Auffächerung der Frontzähne infolge einer Parodontitis, n sekundäres okklusales Trauma/ Zahnhypermobilität, Grad ≥ 2, zurückzuführen auf ein reduziertes parodontales Attachment infolge einer Parodontitis, n weniger als 20 verbleibende Zähne (zehn gegenüberliegende Paare), n sekundäre Einschränkung / Verlust der Kaufunktion. Gemeinsam ist diesen Patienten, dass das Fehlen einer adäquaten Behandlung nicht nur den Verlust der betroffenen verbliebenen Zähne, sondern auch den Verlust der gesamten verbliebenen Dentition riskiert. Bei ParodontitisPatienten im Stadium IV reicht die Behandlung der Parodontitis (durch eine Standard-Parodontaltherapie, das heißt der Stufen 1 bis 3 plus Unterstützende Parodontaltherapie – UPT) nicht aus, um den Fall zu stabilisieren, die Kaudysfunktion zu beheben und ihre Lebensqualität zu verbessern. Daher muss ein interdisziplinärer Behandlungsplan umgesetzt werden, der eine kieferorthopädische und/oder prothetische Rehabilitation zur Stabilisierung und/ oder Wiederherstellung der Kaufunktion, der Patientenästhetik und der Lebensqualität umfasst. Phänotypische Variation und klinische Falltypen Parodontitisfälle im Stadium IV können aufgrund der individuellen Muster der parodontalen Destruktion, der Anzahl der fehlenden Zähne, der intermaxillären Beziehungen und des verbleibenden Alveolarkamms mit großen phänotypischen Variationen aufwarten, was zu unterschiedlichen Graden funktioneller und ästhetischer Beeinträchtigungen sowie zu unterschiedlichen Behandlungsbedürfnissen führt. Um eine vereinfachte, praktikable Leitlinie zu erhalten, wurden vier Hauptphänotypen der Parodontitis im Stadium IV identifiziert, die zu spezifischen klinischen Falltypen führten: n Falltyp 1: Patient mit Zahnhypermobilität aufgrund eines sekundären okklusalen Traumas, die ohne Zahnersatz korrigiert werden kann. Es wird anerkannt, dass es ein Kontinuum von Schweregrad und Komplexität der Behandlung zwischen einigen Parodontitis-Patienten im Stadium III und Falltyp 1 der Parodontitis im Stadium IV gibt. n Falltyp 2: Patient mit pathologischer Zahnwanderung, gekennzeichnet durch Zahnelongationen, -lückenbildungen und -auffächerungen, die für eine kieferorthopädische Korrektur geeignet ist n Falltyp 3: der teilweise zahnlose Patient (vereinzelte Schaltlücken, einseitige Freiendsituation), der ohne Vollkieferrehabilitation prothetisch versorgt werden kann n Falltyp 4: der teilweise zahnlose Patient mit einem Gebiss (multiple Schaltlücken in Kombination mit Freiendsituationen), das eine Rehabilitation des gesamten Zahnbogens benötigt, entweder zahn- oder implantatgestützt/-verankert Diese Phänotypen und die damit verbundenen klinischen Falltypen können sich gelegentlich überschneiden, da ein Zahnbogen eine Behandlung gemäß einem bestimmten Szenario benötigt, während der andere einen anderen Ansatz erfordert. Darüber hinaus ist es nach einer kieferorthopädischen Bezm115 Nr. 13, 01.07.2025, (1112) CME AUF ZM-ONLINE Einführung: Krankheitsbild und therapeutische Optionen Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.
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