40 | ZAHNMEDIZIN doch die Durchführung zusätzlicher Behandlungsmaßnahmen, um den spezifischen Anforderungen der Parodontitis im Stadium IV gerecht zu werden. In diesen Fällen sind auch die Rehabilitation der Funktion, die Wiederherstellung des Kaukomforts und die Behandlung des sekundären Okklusionstraumas und mitunter auch die Wiederherstellung der vertikalen Dimension (der Okklusion) notwendig, die von Anfang an geplant und gleichzeitig mit den Therapiestufen 1 bis 3 durchgeführt werden müssen (Abbildung1). Wie bei der Behandlung der Parodontitis in den Stadien I–III ist eine wesentliche Voraussetzung für die Therapie die Aufklärung des Patienten über die Diagnose, einschließlich der Ätiologie der Erkrankung, der Risikofaktoren, der Behandlungsalternativen und der erwarteten Risiken und Vorteile – einschließlich der Möglichkeit, keine Behandlung durchzuführen. Im Anschluss an dieses Gespräch sollte man sich auf einen personalisierten Behandlungsplan einigen. Der Plan muss möglicherweise im Laufe der Behandlung geändert werden, abhängig von den ersten Behandlungsergebnissen, Patientenpräferenzen, klinischen Befunden und Veränderungen des allgemeinen Gesundheitszustands des Patienten. Bei einer Stadium-IV-Parodontitis muss angesichts des hohen Risikos eines kompletten Zahnverlusts von der Option „keine Behandlung“ abgeraten werden. Der Schlüssel zur Versorgung dieser Patienten ist n die Notwendigkeit, die Parodontaltherapie, die sich an der aktuellen Leitlinie für die Behandlung der Parodontitis in den Stadien I–III [DG PARO/DGZMK, 2021] orientiert, mit einer restaurativen Rehabilitation zu kombinieren und n die Identifizierung der geeigneten zeitlichen Abstimmung / des Ablaufs der Durchführung der begleitenden kieferorthopädischen/restaurativen Behandlung und der parodontalen Behandlung (Abbildung 1). Für Details zum empfohlenen Vorgehen bei der Parodontaltherapie wird auf die Leitlinie für die Parodontaltherapie bei Parodontitis in den Stadien I–III [DG PARO/DGZMK, 2021] verwiesen, da diese Leitlinie auch für die parodontale Behandlung von Parodontitis-Patienten im Stadium IV gilt. Von besonderer Bedeutung sind die häufigen Neubewertungen zur Beurteilung der Einhaltung der Mundhygieneanweisungen zur supragingivalen Biofilmkontrolle und der Einhaltung von Interventionen zur Kontrolle der Risikofaktoren sowie die beiden parodontalen Reevaluationen nach Stufe 2 und später nach Stufe 3 („finale Reevaluation“), da das Erreichen der gewünschten Behandlungsergebnisse in Fällen von Stadium IV besonders wichtig ist, um mit der geplanten restaurativen oder kieferorthopädischen Therapie fortfahren zu können sowie um die erheblichen Ressourcen zu rechtfertigen, die für die Weiterbehandlung erforderlich sind. Bei Patienten mit Parodontitis im Stadium IV erfordert die Reevaluation nach den Therapiestufen 2 und 3 eine zusätzliche Planung, die über die rein parodontale Erhaltungsfähigkeit hinausgeht. Restaurative Faktoren müssen angemessen beurteilt werden. Zum Beispiel muss die Fähigkeit eines Zahnes, als Pfeiler für eine Restauration zu fungieren, im Hinblick auf die parodontale Erhaltbarkeit, aber auch in Bezug auf das verbliebende parodontale Attachment und auf restaurative Parameter wie das Vorhandensein ausreichender Zahnsubstanz beurteilt werden. In ähnlicher Weise sollten Zahnimplantate, die zur Abstützung der Restauration eingesetzt wurden, über gesunde, pflegbare Weich- und Hartgewebsverhältnisse verfügen. Bei der Bewertung der parodontalen Ergebnisse am Ende einer aktiven parodontalen Behandlung (Kontrolle parodontaler Entzündungen, Erreichen flacher erhaltbarer Taschen, Behandlung von Furkationsdefekten) ist es wichtig zu berücksichtigen, ob ein bestimmter Zahn als Pfeiler für einen festsitzenden oder einen herausnehmbaren Zahnersatz eingesetzt wird. Um die Fähigkeit des Zahnes, als restauratives Abutment zu fungieren, zu beurteilen, müssen bestimmte Kriterien berücksichtigt werden. Es wurde zwar gezeigt, dass Zähne mit einem reduzierten, aber gesunden Zahnhalteapparat gut als prothetische Abutments funktionieren können, aber das Mindestmaß an verbleibendem parodontalem Attachment (10 bis 20 Prozent) kann patientenindividuell variieren und von der Gestaltung der Restauration (zum Beispiel festsitzend zm115 Nr. 13, 01.07.2025, (1114) n 1992–2002: Oberarzt, Klinik für Zahnerhaltungskunde u. Parodontologie, Universität Kiel n seit 2002: Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde Universitätsklinikum Bonn n seit 2005: gewähltes Mitglied der Leopoldina n 2008–2015: Sprecher der DFG-Klinischen Forschergruppe „Ursachen und Folgen parodontaler Erkrankungen“ Universität Bonn n 2012–2017: Vorstandsmitglied, 2015–2016 Präsident der European Federation of Periodontology (EFP) n 2017: Co-Chair AAP/EFP World Workshop on a New Classification for Periodontal and Peri-implant Diseases n 2019: IADR/PRG Award in Regenerative Periodontal Medicine n 2019, 2021, 2022: Co-Chair European Workshops zu S3Leitlinien für die Therapie der Parodontitis und peri-implantärer Erkrankungen (EFP) n 2022: R. Earl Robinson Periodontal Regeneration Award (AAP) n 2023: Distinguished Scientist Award (EFP), AAP Clinical Research Award Univ.-Prof. Dr. med. dent. Dr. med. Søren Jepsen, MS Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Bonn Welschnonnenstr. 17, 53111 Bonn soeren.jepsen@ukbonn.de Foto: privat
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