ZAHNMEDIZIN | 47 Parodontitis-Patienten des Stadiums IV benötigen häufig eine kieferorthopädische Therapie (OT), um die Zahnstellung und die funktionelle Okklusion wiederherzustellen, die sich im Verlauf der Parodontitis als Folge des parodontalen Attachment- und Knochenverlusts pathologisch verändert haben. Bei diesen Patienten mit gesundem, aber reduziertem Parodontium könnten die Ergebnisse der OT anders ausfallen als bei Patienten ohne Attachmentverlust, oder die kieferorthopädischen Zahnbewegungen könnten negative Auswirkungen auf die betroffenen Zähne oder das verbleibende Parodontium haben. Das systematische Review von Martín et al. [2022] umfasste 35 Studien. Bei diesen Studien handelt es sich hauptsächlich um Fallserien mit einem PräPost-Design oder um Kohortenstudien, in denen die Ergebnisse der OT bei Parodontitis-Patienten bewertet wurden; oder um Studien, in denen die Ergebnisse der OT zwischen Parodontitis- und Nicht-Parodontitis-Patienten verglichen wurden. Die Gesamtqualität der eingeschlossenen Studien wurde als „niedrig“ bewertet. Bei Patienten ohne Parodontitis waren die Veränderungen des CAL (mm) minimal und im Zeitverlauf nicht statistisch signifikant. Bei den Veränderungen der PPD (mm) wurde eine statistisch signifikante Reduktion beobachtet. Bei Patienten mit behandelter Parodontitis wurden keine signifikanten Veränderungen bei CAL (mm) beobachtet. Während der kieferorthopädischen Therapie kam es zu einer leichten Abnahme der PPD (mm). Bei Patienten ohne Parodontitis und auch bei Patienten mit behandelter Parodontitis waren die Veränderungen des BOP (%) und der gingivalen Rezession (REC) (mm) minimal und nicht statistisch signifikant. Aufgrund der mangelnden Datenlage konnte keine Metaanalyse bezüglich unerwünschter Wirkungen wie Wurzelresorptionen erstellt werden. In einigen Studien wurde über das Auftreten einer Wurzelresorption nach OT unabhängig von der Art der kieferorthopädischen Bewegung oder des verwendeten Verankerungssystems bei Parodontitis-Patienten berichtet, wobei eine ähnliche Wurzelresorption auch bei parodontal gesunden Patienten, die mit OT behandelt wurden, beobachtet wurde. Die OT hat keine nachteiligen Auswirkungen auf den Zustand des Parodonts bei Parodontitis-Patienten mit gesundem, zm115 Nr. 13, 01.07.2025, (1121) Abb. 2: Flussdiagramm zur Illustration, wie eine kieferorthopädische Therapie bei Patienten mit Stadium-IV-Parodontitis in den parodontalen Behandlungsplan integriert werden kann – unter Bezugnahme auf die Empfehlungen R7.1–R7.8 der S3-Leitlinie zur Behandlung der Stadium-IV-Parodontitis: Die Stufen der parodontalen Therapie wurden in der S3-Leitlinie zur Behandlung der Stadium-I–III-Parodontitis beschrieben [Sanz et al., 2020]. CAL: Klinischer Attachment Level; PPD: Taschensondierungstiefe; BOP: Sondierungsblutung; RBL: Röntgenologisches Knochenniveau; 1/6 m: 1 oder 6 Monate; post-op: post-operativ Foto: Søren Jepsen, [Herrera et al., 2022]
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