Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 13

zm115 Nr. 13, 01.07.2025, (1132) 58 | ZAHNMEDIZIN niedrigen Bildungsgruppe. Auch bei den fehlenden Zähnen haben jüngere Seniorinnen und Senioren aus der niedrigen Bildungsgruppe doppelt so viele fehlende Zähne (n = 11,4) wie jene aus der hohen Bildungsgruppe (n = 5,7). Neben dem Bildungsniveau hat sich in den Analysen zur DMS • 6 eine Migrationsgeschichte ebenfalls als Risikofaktor für höheren Zahnverlust herausgestellt: Seniorinnen und Senioren mit Migrationsgeschichte wiesen durchschnittlich anderthalb mehr fehlende Zähne auf als jene ohne Migrationsgeschichte (9,8 fehlende Zähne versus 8,3). Bei der völligen Zahnlosigkeit liegt die Prävalenzratio bei 2,4. Das bedeutet, dass Seniorinnen und Senioren mit Migrationsgeschichte mehr als doppelt so oft zahnlos sind wie Gleichaltrige ohne Migrationsgeschichte (9,1 Prozent Zahnlosigkeit versus 3,8 Prozent). Die Vermeidung von Zahnverlust kann man als eine spät-sekundärpräventive Maßnahme bezeichnen beziehungsweise als Erfolg ansehen, die sich bei beiden Parametern, dem Einzelzahnverlust wie dem totalen Zahnverlust, über einen langen Zeitraum beobachtenlässt. Und das führt auch zu einem erheblichen Wandel, was die Verbreitung des Zahnersatzes angeht: Noch zu Beginn dieses Jahrhunderts überwogen bei Betrachtung der Leitversorgung mit knapp 60 Prozent bei Seniorinnen und Senioren die unterschiedlichen Arten des herausnehmbaren Zahnersatzes inklusive Totalprothesen und etwa 35 Prozent wiesen festsitzenden Zahnersatz auf. Mittlerweile hat sich das Verhältnis umgekehrt: In der DMS • 6 hatten 65 Prozent in dieser Altersgruppe festsitzenden Zahnersatz, darunter 17 Prozent lediglich Kronenversorgungen. Knapp 30 Prozent besaßen herausnehmbaren Zahnersatz, darunter 11 Prozent totalen Zahnersatz. Der positive Trend setzt sich fort In der Seniorenaltersgruppe können naturgemäß noch keine Erfolge der Primärprävention erwartet werden; darum ist der Anteil kariesfreier Personen dort auch vernachlässigbar. Durch die sekundären Präventionserfolge kann jedoch eine ausgeprägte Morbiditätskompression festgestellt werden, nach der der generelle Mundgesundheitsstatus der Seniorinnen und Senioren in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren erheblich zugenommen hat und das orale Alter schätzungsweise um zehn Jahre abgenommen hat. Denn bereits in der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie von 2014 entsprach die Mundgesundheit der 75- bis 100-Jährigen in den zentralen Parametern „Karies- und Parodontitiserfahrung“ sowie „Zahnlosigkeit“ in etwa dem Mundgesundheitszustand der 65- bis 74-Jährigen zum Zeitpunkt der DMS IV von 2005. Gleichzeitig hatte sich die Mundgesundheit im jüngeren Seniorenalter kontinuierlich verbessert. Diese Tendenz ist weiterhin zu beobachten und hat in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich an Dynamik gewonnen – mit allen Konsequenzen, die das für die alterszahnmedizinische Versorgung in Deutschland mit sich bringt. Fazit Zahnverlust bleibt trotz rückläufiger Tendenzen ein relevantes Gesundheitsproblem mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensqualität. Die Ätiologie ist klar durch Karies und Parodontalerkrankungen dominiert, wobei soziale und verhaltensbezogene Risikofaktoren eine zentrale Rolle spielen. In Deutschland ist seit Jahren ein deutlicher Rückgang des Zahnverlusts in der gesamten Bevölkerung zu verzeichnen, was zu einer systematischen Veränderung beim Zahnersatz geführt hat; doch besteht weiterhin Handlungsbedarf in der Reduktion sozialer Ungleichheiten. n DIE DMS • 6 IM DETAIL – ALLE FOLGEN Bereits erschienen: n Teil 1 – Karies: zm 8/2025 n Teil 2 – Parodontalerkrankungen: zm9/2025 n Teil 3 – Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation: zm 10/2025 n Teil 4 – Herz-Kreislauf-Erkrankungen: zm 11/2025 n Teil 5 – Migration: zm 12/2025 Foto: IDZ Prof. Dr. med. dent. A. Rainer Jordan, MSc Wissenschaftlicher Direktor Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Universitätsstr. 73, 50931 Köln Foto: IDZ

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