62 | PRAXIS INTERVIEW MIT ZFA ILONA MEIER-VOIGT NACH 40 JAHREN IM BERUF „Man sollte nicht mehr von der ‚ProphylaxeFee‘ reden“ Ilona Meier-Voigt ist seit 40 Jahren Zahnmedizinische Fachangestellte, sie hat in 20 verschiedenen Praxen gearbeitet. Über die Zeit hat sie alle Veränderungen des Berufs hautnah miterlebt, sich zur ZMF und ZMV sowie per Fernstudium zur Coachin und Beraterin fortgebildet. Hier verrät sie, was sie all die Jahre angetrieben hat, wie sich die Branche gewandelt hat und wie ein perfekter Praxis-Flow entsteht. Frau Meier-Voigt, Sie sind nach so langer Zeit immer noch motiviert im Job. Was treibt Sie an? Ilona Meier-Voigt: Ich liebe das Miteinander. Wenn Kolleginnen gut miteinander arbeiten, kann ein toller Flow entstehen. Zusammen etwas zu schaffen, an einem Strang zu ziehen und sich gegenseitig zu helfen – das mag ich. Über die ganzen Jahre habe ich so viele tolle Menschen kennengelernt, das hat mein Leben sehr bereichert. Der wichtigste Punkt meiner Arbeit ist aber immer die Wirksamkeit. Was nützt alles Reden, wenn man nicht ins Handeln kommt? Was theoretisch möglich scheint, kann in der Praxis ein Flop sein. Deshalb sollte man regelmäßig nüchtern und pragmatisch analysieren und dann überlegen, wie man zur Umsetzung kommt. Beobachten, neu bewerten, verbessern oder verändern – mich begeistern Strukturen und wie ich sie zum Leben erwecken oder optimieren kann. Stillstand ist keine Option! Sie sind seit 1985 im zahnärztlichen Umfeld tätig. Welche zentralen Veränderungen haben Sie über die vier Dekaden beobachtet? Insgesamt sind die Behandlungen durch die technische Entwicklung von Equipment, Materialien und Hilfsmitteln viel schonender geworden. Die Arbeit mit diesen Dingen ist außerdem deutlich einfacher und sauberer als noch vor 40 Jahren. Dank des QM haben wir heute einen guten Überblick über Prozesse und Arbeitsabläufe. Dadurch hat sich die Qualität der Behandlungen verbessert. Die Digitalisierung hat Karteikarten ersetzt und die digitale Bildgebung ist ein weiterer toller Fortschritt. Außerdem können Befunde, Berichte und Bilder schnell verschickt werden. Der E-MailVerkehr in alle Richtungen ist nicht mehr wegzudenken. Die Dokumentation ist heute sehr viel umfangreicher, aber auch genauer und daher lückenloser als früher. Das hat allerdings zur Folge, dass die kognitiven Anforderungen extrem gestiegen sind. Auch die Führung hat sich verändert: Das männlich geprägte Bild des erfolgreichen, meist konservativen und autoritären Zahnarztes aus den 1980ern, der mit viel Arbeit auch viel Umsatz gemacht hat, ist verschwunden. In der Zwischenzeit ist ja auch viel passiert – Gesundheitsreform, Budgetierung, Fachkräftemangel. Das hat Veränderungen mit sich gebracht. Und die Mitarbeiter sind heute sehr viel selbstbewusster und haben wahrscheinlich eine gesündere Einstellung zum Thema Beschäftigung. Junge Menschen sollten von den Älteren lernen – das heißt, ich bin ein Vorbild und gehe voran. Grundsätzlich hat jede Zeit ihre eigenen Herausforderungen. Die Gesellschaft ist komplexer geworden, was sich natürlich auch in der Zahnarztpraxis widerspiegelt. Eine der großen Herausforderungen ist heute sicherlich der Umgang mit der gestiegenen Anspruchshaltung und den Forderungen der Patienten. Meine Ausbildungszeit 1985 auf dem Land war da noch eine komplett andere Welt. Welche dieser Entwicklungen sind für Sie postitv? In Bezug auf das Berufsbild haben sich die Entwicklungsmöglichkeiten enorm verbessert. Es gibt zahlreiche tolle Weiter- und Aufstiegsfortbildungen. Auch die Verdienstmöglichkeiten sind zum Teil besser. Das ist allerdings nur der Fall, wenn man sich weiterentwickelt und nicht stehen bleibt. Die Arbeit in der Praxis ist viel sauberer geworden. Mitte der Achtzigerjahre haben wir noch ohne Mundschutz, Handschuhe und Schutzbrille gearbeitet. Außerdem haben wir damals ahnungslos mit Quecksilber hantiert. Wenn ich da etwa an die wöchentliche Reinigung der Absauganlage und die Anfangs schrieb Ilona Meier-Voigt noch mit Bleistift ins Terminbuch, um Absagen ausradieren zu können. Online-Terminplaner, die sozialen Medien und Smartphones waren damals noch Zukunftsmusik, heute hat sie ihren eigenen Blog wirksame-organisationskultur.de/. Foto: Illona Meier-Voigt zm115 Nr. 13, 01.07.2025, (1136)
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