GESELLSCHAFT | 65 Holmes und der Hauptfigur der Serie erkennen. „House ist ein Gegenentwurf zum modernen Arzt: ein heroischer, kontroverser, mürrischer, unethischer, zynischer, paternalistischer, brillanter medizinischer Kopf – ein Misanthrop und Vicodinabhängiger, der niemandem traut, am wenigsten seinen Patienten.“ „Brain tumor, she’s gonna die, boring!“ Seine endgültigen Diagnosen betreffen demnach fast ausschließlich seltene, vergessene Krankheiten, über die es in Lehrbüchern bestenfalls Fußnoten gibt – alltägliche Erkrankungen interessierten ihn kaum: „Brain tumor, she’s gonna die, boring.“ Sein Antrieb sei nicht das Wohl des Patienten, sondern die intellektuelle Herausforderung der Diagnose, heißt es in der Studie: „Für ihn ist Medizin ein Rätsel, keine Pflicht – ein Ruf, kein Beruf.“ Dabei geht den Autoren zufolge verloren, was den ärztlichen Beruf eigentlich ausmachen sollte: das ethische Fundament des Hippokratischen Eides aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. Also Vertrauenswürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Altruismus. „Man kann mit Sicherheit sagen, dass Hippokrates das Verhalten von Dr. House nicht befürwortet hätte – so brillant dieser auch sein mag“, stellen sie fest. „Vielleicht braucht jeder Arzt gelegentlich eine Erinnerung an den Idealismus, den er oder sie beim Schwur zu Beginn der Karriere verspürt hat.“ In der Serie wird erzählt, dass House aufgrund einer ischämischen Nekrose des Musculus quadriceps femoris unter neuropathischen Schmerzen leidet und deshalb einen Gehstock benutzt. Die Wissenschaftler bemerken dazu süffisant, es sei bemerkenswert, dass ein so brillanter Diagnostiker die Ursache seiner eigenen Schmerzen nicht korrekt ermittelt habe. Zudem wird angedeutet, dass der Gehstock möglicherweise eine symbolische Bedeutung hat – etwa als Anspielung auf den Asklepios-Stab oder als „Bettelstock“ eines Trickbetrügers. Dabei hinke House beim Gehen, trage den Stock jedoch auf der falschen Seite. Laut Čerimagić tat er das offenbar, damit „das ausgeprägte Hinken so besser auf dem Bildschirm zu sehen“ sei. Hippokrates wäre kein Fan von Dr. House Čerimagićund sein Team verweisen auf weitere Arbeiten, wonach mehr als drei Viertel der Medizinstudierenden regelmäßig medizinische Dramen schauen, und Uni-Seminare zu den besagten Serien zu einer Verbesserung der Lerneffizienz (69,9 Prozent), Konzentration (89,7 Prozent) und Motivation (88,7 Prozent) führten. Die Studierenden zeigten sich demzufolge fasziniert von House’ außergewöhnlicher Diagnostik – sehen ihn jedoch nicht als medizinisches Vorbild. Besonders sein Umgang mit Kollegen und Patienen werde kritisch betrachtet. Die Studie zeige, dass die Serie nicht nur eine wahre Fundgrube für medizinische Ungereimtheiten sei, sondern sich auch hervorragend als Basis für klinische Seminare eigne, halten die Forschenden fest. Dabei sollte der Fokus auf der Erkennung medizinischer Fehler und Unlogiken in den einzelnen Episoden liegen, ebenso wie auf der Vermittlung des Konzepts der Teamarbeit unter Ärztinnen und Ärzten sowie auf einem multidisziplinären Ansatz bei Diagnostik und Behandlung. Schließlich lernt man manchmal am meisten, wenn man sieht, wie man es besser nicht macht. ck Die Untersuchung: Denis Čerimagić et al., Doktor House: Između stvarnosti i fikcije House M.D.: Between reality and fiction, in: Liječnički vjesnik 2025; Jahrgang 147; S. 149–161, DOI: 10.26800/LV-147-3-4-8. Hugh Laurie spielte den Diagnostikspezialisten Dr. Gregory House. Forschende haben jetzt zahlreiche medizinische Fehler der US-Serie aufgedeckt. Foto: picture-alliance / Newscom | Kathy Hutchins zm115 Nr. 13, 01.07.2025, (1139) „Is it lupus?“ – „It’s never lupus!" Die Antwort auf George Costanzas gleichnamige Frage aus Seinfeld war der Running Gag der Serie.
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