Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

24 | POLITIK finanziert. Zur Kompensation unterschiedlicher Risiken gibt es – ähnlich wie in Deutschland – einen Risikoausgleich über einen Krankenversicherungsfonds. Kostenbeteiligung Zusätzlich zum Versicherungsbeitrag müssen Erwachsene für Gesundheitsleistungen einen Selbstbehalt von mindestens 385 Euro pro Jahr tragen. Davon ausgenommen sind unter anderem Hausarztbesuche, die Geburtshilfe und bestimmte Behandlungen chronischer Erkrankungen. Versicherte können eine höhere Eigenbeteiligung wählen, wodurch die monatlichen Beiträge niedriger sind. Außerdem können sie eine zusätzliche Versicherung abschließen, um die Kosten beispielsweise für Zahnarztbesuche sowie Brillen und Kontaktlinsen abzudecken. Etwa 70 Prozent der Niederländer verfügen über eine solche Zusatzversicherung. Leistungen der Krankenversicherung Der Leistungsumfang der Basisversicherung ist gesetzlich festgelegt und bei allen Versicherern gleich. Die verpflichtende Krankenversicherung für alle deckt die ärztliche und therapeutische Grundversorgung, Medikamente und die meisten fachärztlichen Leistungen ab. Auch Medizinprodukte, die psychiatrische Versorgung und die ambulante Pflege sind inbegriffen. Für bestimmte medizinische Leistungen fallen wie in Deutschland Zuzahlungen an. Für Zahnersatz berechnen die Versicherer einen Eigenanteil von acht, zehn oder 25 Prozent, für Hörgeräte von 25 Prozent. Auch für Arzneimittel müssen Versicherte oft zuzahlen, in der Regel übernehmen die Versicherer lediglich die Kosten für die preisgünstigste Variante des jeweiligen Arzneimittels. Der Eigenanteil für Arzneimittel ist den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags zufolge auf maximal 250 Euro im Jahr begrenzt. zm115 Nr. 14, 16.07.2025, (1190) INTERVIEW MIT JULIETTE INSINGER VOM NIEDERLÄNDISCHEN ZAHNÄRZTEVERBAND „Der Personalmangel ist ein großes Problem“ Die Juristin Juliette Insinger ist beim niederländischen Zahnärzteverband KNMT für internationale Zusammenarbeit zuständig. Wir sprachen mit ihr über die Errungenschaften, die Herausforderungen und die Probleme der Zahnmedizin und der Zahnärzteschaft in Deutschlands westlichem Nachbarland. Wie ist die Lage der Zahnmedizin in den Niederlanden? Was läuft gut? Etwa 70 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu versicherter zahnmedizinischer Versorgung – entweder über die gesetzliche Basisversicherung oder über eine Zusatzversicherung, Dieses System ist einzigartig. Kinder bis 18 Jahre und zahnlose Menschen sind über die Basisversicherung abgesichert. Die Versorgung ist hochwertig, wobei der Schwerpunkt auf der Prävention liegt. Staatliche Institutionen kontrollieren die Preise sowie die Qualität und die Effizienz der Versorgung. Die Regulierung der Tarife sorgt dafür, dass die Versorgung bezahlbar bleibt. Gut ist auch, dass die Patientenrechte gesetzlich verankert sind. Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf? Wir müssen die Qualität der Versorgung noch stärker in den Fokus nehmen – zum Beispiel indem wir Zahnärztinnen und Zahnärzte, die aus anderen europäischen Ländern zugewandert sind, stärker unterstützen. Etwa 30 Prozent der Zahnärzte in den Niederlanden haben ihre Ausbildung im Ausland absolviert. Für sie ist es oft nicht einfach, sich in dem sehr komplexen System zurechtzufinden. Dabei spielt nicht nur die fachliche Qualifikation, sondern auch die Kommunikation und Kenntnisse des Gesundheitssystems, der Mentalität und kultureller Prägungen eine Rolle. Ein Problem ist auch der enorme Mangel an Zahnärzten und Assistenzkräften. Der Personalmangel gefährdet vor allem in dünn besiedelten Regionen zunehmend die zahnmedizinische Versorgung. Verbesserungsbedarf besteht auch bei der zahnmedizinischen Versorgung von Menschen, die aus finanziellen Gründen nicht zum Zahnarzt gehen. Deren Versorgung ist derzeit fragmentiert, da sie auf kommunaler Ebene organisiert ist. Wir setzen uns dafür ein, dass die Absicherung dieser Menschen zentral geregelt wird. Ein weiteres Thema: Die Datenerfassung und -nutzung muss aus unserer Sicht verbessert werden – insbesondere, was die klinischen Daten betrifft. Was tut die KNMT, um die Versorgung zu sichern und zugewanderte Zahnärzte zu unterstützen? Wir entwickeln und fördern Qualitätsrichtlinien, Standards und Fortbildungen. Zudem unterstützen wir die Zahnärzte bei der Einrichtung eines kontinuierlichen Prozesses in Sachen Qualitätsverbesserung und sicherer Patientenversorgung, etwa durch Protokolle und Qualitätsregister. Zugewanderten Zahnärzten bieten wir Informationsmaterialien, eine Beratung und Orientierungshilfen an. Darin geht es auch um den Umgang mit kulturellen Unterschieden und rechtliche Anforderungen. Wir setzen uns für eine europäische Angleichung Rund 4.300 Zahnarztpraxen gibt es derzeit in den Niederlanden, schätzt der niederländische Zahnärzteverband KNMT.

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