Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

GESELLSCHAFT | 31 koronare Herzerkrankung unentdeckt – das „Buddenbrook-Syndrom“. Einsortiert ist es unter den sogenannten literarischen Syndromen, bleibt dabei allerdings (hauptsächlich) auf den deutschsprachigen Raum beschränkt. Die Fehldiagnose des Zahnarztes spiegelt sich im Roman in der Unkenntnis der Mitbürger: „An einem Zahne stirbt man doch nicht!“ Hier geht eine ganze Kaufmannsfamilie daran zugrunde. Helge Schneider hatte nicht mal ein Drehbuch Haeslers Expertise und das Inventar aus dem Dentalmuseum waren noch in einigen anderen Produktionen gefragt: Im Jahr 2009 wurde für die Dreharbeiten von „Mein Leben – Marcel ReichRanicki“ (die Verfilmung der Autobiografie des Literaturkritikers) eine Praxis aus den 1930er-/1940er-Jahren gesucht. Als Reich-Ranicki 1938 aus Deutschland ausgewiesen wird, geht er nach Warschau zu seinem Bruder, der dort als Zahnarzt praktiziert – und später auch im Warschauer Ghetto. Beim Genre ist Haesler vorurteilsfrei. Auch für Helge Schneiders absurd-komische Kriminalfilm-Parodie „00Schneider – Im Wendekreis der Eidechse“ anno 2012 arrangierte er in Duisburg eine Zahnarztpraxis, war sogar bei den Dreharbeiten dabei. Um alles im passenden Stil einzurichten, hatte er Schneider zur Vorbereitung um ein Drehbuch gebeten. Der antwortete ironisch-jovial: „Herr Haesler, ich habe doch kein Drehbuch!“ Wie Schneider als Zahnarzt Dr. Ferklefuss unmittelbar vor und nach der Behandlung seine ZFA vernascht und grotesk-dilettantisch eine Patientin drangsaliert, das ist klischeemäßig natürlich total drüber. „Bizarr, aber alles hochprofessionell“, resümiert Haesler seinen Ausflug in die Helge-Schneider-Welt. 2016 war es ein Behandlungsstuhl aus den 1930er-Jahren für die Kinofassung des deutsch-US-amerikanischen Mystery-Thrillers „A cure for wellness“. Derselbe Stuhl kam 2022 beim Dreh der deutschen Netflix-Serie „1899“ erneut zum Einsatz. Ein Filmstar ist das Dentalmuseum bis jetzt nicht geworden. Aber bei 00Schneider gab es 1.500 Euro, bei den Buddenbrooks rund 5.000. Alles längst reinvestiert, in die nächsten Vitrinen. mb Im nächsten Teil arbeiten wir im Wurzelkanal – wie in den 1860ern. Bisher erschienen sind: zm 1-2/2025: Goodbye Amalgam! zm 3/2025: Wohin mit meinem Bohrer? zm 4/2025: „Wien hat’s nicht, Linz hat’s nicht, und Utrecht auch nicht“ zm 5/2025: Ein Lehrstück in plastischer Anatomie zm 6/2025: „Die wollte ich schon haben“ zm 7/2025: Zwei in eins – der Papageienschnabel zm 8/2025: „Das Bild wird einen Ehrenplatz bekommen“ zm 9/2025: Der Optimax – strahlend mundspülen zm 10/2025: Auf den Schultern von Riesen zm 11/2025: Für Zoologen: der Wattepellet-Igel zm 12/2025: Ich packe meinen Koffer zm 13/2025: Der Schädel der Schande zm115 Nr. 14, 16.07.2025, (1197) MIT DEM DENTALMUSEUM DURCH2025 In jeder Ausgabe in diesem Kalenderjahr heben wir einen Schatz aus dem Dentalhistorischen Museum in Zschadraß und geben an den Exponaten entlang einen Einblick in die Geschichte der Zahnheilkunde. Fotos: zm-mb, Dentalmuseum Die von Haesler arrangierte BuddenbrooksVitrine, mit Zahn, Zange, Kinoprogramm und Eintrittskarte

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