Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

40 | PRAXIS PATIENTENKOMMUNIKATION AUF ONLINE-PORTALEN Warum Sie auf Bewertungen reagieren sollten Emmanuel Croué In Zeiten digitaler Sichtbarkeit sind Online-Bewertungen ein relevanter Faktor. Sie beeinflussen das Image und wirken direkt auf die Patientengewinnung. Auf Bewertungen zu reagieren – sei es auf Lob oder auf Kritik – ist daher ein zentraler Bestandteil moderner Patientenkommunikation. Dr. Kerstin Brink erhielt neulich ihre 14. Google-Bewertung: einen Stern, begleitet von einem unangenehmen Kommentar über die Wartezeit und über den Ton der Dame am Empfang. Die Zahnärztin wurde von einem Patienten darauf aufmerksam gemacht. Reagiert hat sie auf die Bewertung jedoch nicht. „Es interessiert doch sowieso niemanden, was da steht“, meinte sie nur und fuhr mit ihrer Präparation fort. Brink hat in diesem Moment ganz menschlich reagiert. Vielleicht auch deswegen, weil sie mit dem Thema überfordert ist. Allerdings unterschätzt sie, dass Online-Bewertungen längst zu einer Entscheidungsgrundlage geworden sind. Rund 68 Prozent der Patienten gaben laut einer Studie des SEO-Tool-Anbieters MOZ an, dass die „Bewertungen“ ihre Wahl für oder gegen eine Praxis beeinflusst haben. Sie wollen sich Zusatzinformationen einholen und „weiche Faktoren“ zur Praxis in Erfahrung bringen. Wie wirkt der Auftritt? Was sagt mein Bauchgefühl? Google-Profile liefern diese Eindrücke. Eine eindeutig negative Bewertung kann dabei schnell Zweifel säen. Eine schlechte Bewertung kann schnell Zweifel säen Interessant ist, dass Bewertungen mit 4,2 bis 4,5 Sternen als die optimale Google-Note gelten, so eine Studie des Spiegel Research Centers. Produkte und Dienstleistungen, die in dieser Zone liegen, verkaufen sich am besten. Glatte fünf Sterne sind also gar nicht unbedingt das Ziel? Natürlich sind sie nützlich. Die Patienten wissen aber, dass Zufriedenheit und Qualität im Dienstleistungsbereich stark subjektiv sind. Verschiedene Erwartungen werden unterschiedlich erfüllt. Wirklich problematisch ist eine dauerhaft sichtbare Google-Note von 3,0 – sie wirkt wie ein Eingeständnis durch die Praxis selbst: „Wir sind durchschnittlich“. Die Gesamtbewertung errechnet Google aus dem Durchschnitt aller vergebenen Sterne. Hat eine Praxis zwei 5-Sterne-Bewertungen, ergibt das einen Durchschnitt von 5,0. Kommt eine 1,0-Bewertung hinzu, sinkt der Schnitt auf 3,66. Um diesen etwa wieder auf 4,4 zu bringen, sind viele weitere Top-Bewertungen nötig. Das bedeutet: Eine einzelne schlechte Bewertung kann das Gesamtbild drastisch verschlechtern. Die Glaubwürdigkeit der Google-Note wird von Nutzern ab der Anzahl von etwa 40 Bewertungen nicht mehr infrage gestellt. Doch bedeutet das, dass Brink danach aufhören sollte, neue Bewertungen zu sammeln? Nein, denn Google löscht regelmäßig Bewertungen, etwa wenn inaktive E-Mail-Konten entfernt werden, inklusive der über sie erstellten Rezensionen. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass neue negative Bewertungen hinzukommen. Bewertungen sind auch ein RankingFaktor für die lokale Google-Suche. Wer mit seiner Praxis bei Google Maps besser sichtbar sein möchte, sollte seine Bewertungen pflegen. Google bezieht Bewertungen bei den Ergebnissen lokaler Suchanfragen ein. Auch das Verhalten der Nutzer wird berücksichtigt, zum Beispiel wie oft auf Bewertungen geklickt oder wie lange auf dem Profil verweilt wird. Aber wie lässt sich ein Bewertungsmanagement sinnvoll strukturieren und in den Alltag integrieren? Ein praxisnaher Ansatz ist das AGIR-Prinzip – vier Schritte, die Orientierung geben und den Handlungsrahmen setzen. A wie Aggregieren: Haben Sie alles im Blick Brink hat – wie viele Zahnärztinnen und Zahnärzte – zahlreiche gute Bewertungen auf Portalen wie jameda, Sanego & Co. Was tun mit den guten, aber alten Patientenmeinungen? Da der Fokus heute klar auf Google liegt, ist es sinnvoll, sämtliche Bewertungen zu bündeln. Dafür gibt es professionelle Tools, die Bewertungen aus verschiedenen Portalen zusammenführen und auf der Praxis-Website als Bewertungssiegel einbinden. Das erhöht die Transparenz für potenzielle Neupatienten und macht das Durchsuchen einzelner Portale überflüssig. Zu guter Letzt behalten Praxen so ihre eigene OnlineReputation zentral im Blick. Patientenbewertungen sind ernst zu nehmen. Wie wir mit öffentlicher Kritik umgehen, sagt oft mehr über uns aus als die Kritik selbst. Foto: Thapana_Studio – stock.adobe.com zm115 Nr. 14, 16.07.2025, (1206)

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