Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

NACHRICHTEN | 43 zm115 Nr. 14, 16.07.2025, (1209) STUDIE DES MAX-PLANCK-INSTITUTS Mensch-KI-Kollektive stellen die besseren Diagnosen Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des MaxPlanck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin wollte wissen, wie Mensch und Künstliche Intelligenz (KI) optimal zusammenarbeiten können. Das Ergebnis: Hybride Diagnose-Kollektive – Gruppen aus menschlichen Fachkräften und KI-Systemen – sind viel genauer als nur menschliche Kollektive oder reine KI-Kollektive. Dies gilt auch dann, wenn es nicht um einfache JaNein-Entscheidungen geht, sondern um komplexe diagnostische Fragestellungen mit einer Vielzahl möglicher Lösungen. Die Forschenden griffen auf Daten des Human Diagnosis Project zurück, das klinische Fallvignetten – kurze Beschreibungen realitätsnaher Patientenbeschwerden – und die zugehörigen korrekten Diagnosen bereitstellt. In der Studie wurden mehr als 2.100 dieser Vignetten genutzt und die Diagnosen von medizinischen Fachkräften mit jenen von fünf führenden KI-Modellen verglichen. Im zentralen Experiment wurden verschiedene Diagnosekollektive simuliert: Einzelpersonen, menschliche Kollektive, KI-Modelle, Kollektive von KI-Modellen und gemischte MenschKI-Kollektive. Insgesamt analysierten die Forschenden mehr als 40.000 Diagnosen. Jede wurde nach internationalen medizinischen Standards (SNOMED CT) klassifiziert und bewertet. Die Studie zeigt: Wenn mehrere KI-Modelle kombiniert wurden, erhöhte sich die Diagnosequalität. Das KI-Kollektiv lag im Durchschnitt über dem Niveau von 85 Prozent der menschlichen Diagnostikerinnen und Diagnostiker. Es gab jedoch zahlreiche Fälle, in denen Menschen besser abschnitten. Interessanterweise kannten Menschen oft die richtige Diagnose, wenn die KI versagte. Die Erklärung ist, dass Mensch und KI systematisch unterschiedliche Fehler machen. Wenn die KI in manchen Fällen versagte, konnte eine menschliche Fachkraft den Fehler ausgleichen – und umgekehrt. Diese sogenannte Fehlerkomplementarität macht hybride Kollektive so leistungsstark, sind die Forschenden überzeugt. Die Studie: N. Zöller, J. Berger,I. Lin, N. Fu, J. Komarneni, G. Barabucci, K. Laskowski,V. Shia, B. Harack, E.A. Chu ,V. Trianni, R.H.J.M. Kurvers,& S.M. Herzog, Human–AI collectives most accurately diagnose clinical vignettes, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 122 (24) e2426153122, https://doi.org/10.1073/pnas.2426153122 (2025). GEMEINSAMES PROJEKT VON CHARITÉ UND BMW Das Auto soll künftig den Herzinfarkt erkennen Die Berliner Charité und die BMW Group wollen eine KI-basierte Fahrzeugsensorik entwickeln, die den Gesundheitszustand des Fahrers erkennt. Dabei soll das Auto die Vitalparameter beiläufig erfassen und dadurch Risiken wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte frühzeitig vorhersagen. Für die gemeinsame Studie wurde ein Fahrzeug mit einer Vielzahl hochentwickelter Sensoren ausgestattet, die Vitalparameter wie Hautleitfähigkeit, Herzfrequenz oder Atemfrequenz erfassen – teilweise sogar ohne Körperkontakt. Die Messungen finden unter realitätsnahen Bedingungen statt: im Straßenverkehr, im Stand sowie auf einem Testgelände. Anders als bei klassischen Wearables müssen die Fahrer dazu keine Geräte aktivieren, gemessen wird quasi automatisch. Auch Faktoren wie Wetter, Fahrverhalten oder Stresslevel werden demnach berücksichtigt. An der Studie nehmen Personen mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko oder Vorerkrankungen, aber auch Gesunde teil. Eine ausführliche klinische Untersuchung zu Studienbeginn ermöglicht den Forschenden zufolge eine valide Zuordnung der Ergebnisse. „Wir wollen herausfinden, mit welchen Technologien gesundheitliche Auffälligkeiten im Fahrzeug am zuverlässigsten erkannt werden können“, sagt Dr. Alexander Meyer, Professor für Künstliche Intelligenz in der Medizin am Deutschen Herzzentrum der Charité. Validität und Qualität der erfassten Vitalparameter in den unterschiedlichen Fahrzuständen würden geprüft, indem die Daten der Fahrzeugsensoren mit denen, die die Standardgeräte der Herzmedizin liefern, verglichen werden. Auf lange Sicht sollen auf Basis der Studie Systeme entwickelt werden, die auf gesundheitliche Veränderungen schon früh reagieren und rechtzeitig warnen können, etwa bei Anzeichen von Erschöpfung oder sich anbahnenden kardiovaskulären Problemen. Auch telemedizinische Konsultationen oder ein kontinuierliches Monitoring von chronisch Kranken seien perspektivisch denkbar. Autos sollen zu „aktiven Gesundheitsbegleitern“ werden: Mit diesem Anspruch arbeiten die Charité und die BMW Group in einem Forschungsprojekt im Bereich Automotive Health zusammen. Foto: Charité_Maria Streltsova „Durch die kontinuierliche und multimodale Erfassung von Gesundheitsdaten erhalten wir eine völlig neue Grundlage für die Entwicklung individueller Präventionsprogramme“, sagt Meyer, der auch Projektleiter Automotive Health an der Charité ist. „Wir könnten Risikoprofile deutlich präziser erfassen und daraus individualisierte Maßnahmen ableiten.“ Die Sicherheit der Fahrer stehe dabei natürlich an erster Stelle, betonen die Wissenschaftler. Erste Ergebnisse werden für Ende des Jahres erwartet. Langfristig will man die Erkenntnisse in serienmäßige Fahrzeugfunktionen und gesundheitsfördernde Programme überführen.

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