PRAXIS | 73 Es gibt bundesweit keine einheitlichen Vorgaben für die Sprach- und die Gleichwertigkeitsprüfungen – jedes Bundesland hat andere Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Fiel Ihre Wahl auf Rheinland-Pfalz zufällig? Wir haben uns für Rheinland-Pfalz entschieden, weil die Verfahren dort klar und verständlich sind und die Anforderungen nachvollziehbar waren. Außerdem gab es viele Informationen auf offiziellen Webseiten. Auch die Erfahrungen von anderen Kolleginnen und Kollegen, die diesen Weg bereits gegangen sind, haben uns geholfen. Die schwierigste Herausforderung in diesem Bundesland ist, dass es im Vergleich mit anderen Bundesländern weniger Arbeitsmöglichkeiten gibt . Dafür waren die Prüfungen dort etwas angenehmer und die Wartezeiten kürzer. Zudem gibt es in Kaiserslautern ein Sprachinstitut, das von den meisten syrischen Zahnärztinnen und Zahnärzten besucht wird, um das B2-Niveau zu erreichen. Dieses Institut ist auch bei der Deutschen Botschaft in Beirut anerkannt. Das hat uns sehr geholfen, unsere Sprachkenntnisse schnell zu verbessern und uns gut auf die Prüfungen vorzubereiten. Im Anschluss haben Sie sich bei mehreren Stellen beworben und eine Arbeitsstelle in der Zahnarztpraxis „Zahnheilkunde Kirchberg“ in Rheinland-Pfalz gefunden, wo Sie bis heute tätig sind. Wie verlief die Integration in die Praxis? Ich wurde in der Praxis sehr herzlich und freundlich begrüßt. Das Team war äußerst unterstützend und hat mir sehr geholfen, mich an die neue Arbeitsumgebung zu gewöhnen. Am Anfang waren sie besonders geduldig mit mir, vor allem wegen der sprachlichen Unterschiede und der anderen Praxiskultur. Das Praxissystem und der Umgang mit Patientinnen und Patienten unterscheiden sich in Syrien stark von Deutschland. Sie gaben mir die Möglichkeit, Schritt für Schritt zu lernen, gleichzeitig war ich sofort aktiv eingebunden, und konnte so meine Kompetenzen steigern. Ich hatte das Gefühl, dass sie wirklich daran interessiert sind, mich zu fördern und meinen Erfolg zu unterstützen. Das hat mir sehr geholfen, mich schnell einzuleben und ein wertvolles Mitglied des Teams zu werden. Dr. Eiserloh-Weil und Dr. Tsanopoulus waren immer eine Unterstützung für mich und haben mir viele Dinge beigebracht. Zunächst konnten Sie dort mit einer Berufserlaubnis für zwei Jahre arbeiten, während Sie sich auf die Approbation vorbereitet haben. Welche Tätigkeiten haben Sie in der Praxis übernommen? In den ersten Monaten habe ich die Behandlungen der Praxischefin Dr. Eiserloh-Weil begleitet, um von ihr zu lernen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Nach und nach durfte ich einfache Behandlungen selbstständig durchführen, zum Beispiel restaurative Maßnahmen und die Extraktion von lockeren Zähnen. Später habe ich mit parodontalen Behandlungen und der Versorgung mit herausnehmbarem Zahnersatz begonnen. Sie haben alle Prüfungen und Anerkennungsverfahren erfolgreich absolviert und die Approbation erhalten. Wenn Sie zurückblicken: Wie nervenaufreibend war dieser Prozess? Die Zeit bis zur Approbation war ohne Zweifel sehr schwierig und psychisch belastend. Die Verfahren sind lang und komplex. Für uns Zahnärztinnen und Zahnärzte ist die Kenntnisprüfung in drei Teile gegliedert. Die Menge an Lernstoff war gewaltig – es fühlte sich an, als müssten wir innerhalb weniger Monate den gesamten Inhalt eines fünfjährigen Studiums wiederholen. Ich habe im Juli 2024 mit dem schriftlichen Teil begonnen und ihn erfolgreich bestanden. Danach folgte im Oktober die mündliche. im Februar 2025 die praktische Prüfung. Vor den Prüfungen habe ich mir regelmäßig ein paar Tage Urlaub genommen, um mich besser konzentrieren zu können und innerlich zur Ruhe zu kommen. Manchmal musste ich auch einen Tag vorher anreisen und ein Hotel buchen, weil die Prüfung bei der Zahnärztekammer in Mainz stattfand, und ich wohne weit entfernt. Trotz aller Schwierigkeiten hatte ich ein klares Ziel vor Augen. Die Unterstützung meiner Familie und Freunde war für mich eine große Hilfe. Mit jedem bestandenen Schritt wurde ich selbstbewusster und entschlossener, meinen Weg weiterzugehen. Viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland berichten, dass der Berufsanerkennungsprozess sich teilweise über mehrere Jahre hingezogen hat. Bei Ihnen ging es vergleichsweise schnell: Im Juli 2024 haben Sie die Prüfungen abgelegt – schriftlich, mündlich und praktisch – und im Februar 2025 haben Sie die Approbation erhalten. Was haben Sie besser oder anders gemacht? Von Anfang an hatte ich einen klaren – und realistischen – Plan. Ich wusste zm115 Nr. 14, 16.07.2025, (1239) Ein eingespieltes Team: Bereits in Syrien hatte Sadra Nadim (Mitte) ein mehrmonatiges Praktikum in einer Zahnarztpraxis absolviert, „aber meine eigentliche Berufserfahrung habe ich hier in der Praxis 'Zahnheilkunde Kirchberg' in Rheinland-Pfalz gesammelt“, berichtet die junge Zahnärztin. „Sie haben mich sehr unterstützt und meine vielen Fragen geduldig beantwortet, sodass ich heute an dem Punkt bin, an dem ich bin.“ Foto: privat
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