50 | ZAHNMEDIZIN FALLBERICHT AUS DEM DGZ-JUNIORSPEZIALISIERUNGSPROGRAMM Funktionserhalt und ästhetische Rehabilitation nach Frontzahntrauma Ella Ohlsson Dentoalveoläre Traumata erfordern immer ein strukturiertes, systematisches Vorgehen. In diesem Fall geht es um die Versorgung eines komplexen Frontzahntraumas mit Alveolarfortsatzfraktur, Zahndislokation und Wurzelfraktur bei einem 24-jährigen Patienten. Neben der akuten Behandlung standen eine endodontische Langzeitbetreuung und die ästhetische Wiederherstellung im Fokus. Die Darstellung orientiert sich an den aktuellen Leitlinien und gibt praxisnahe Einblicke in Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Der Mann stellte sich im Juli 2022 nach einem alkoholbedingten Sturz auf einem Volksfest zunächst in einer Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) vor. Anamnestisch bestanden keine Vorerkrankungen, der Patient gab an, „gelegentlich“ Alkohol zu trinken. Bei dem Unfall hatte er sich Weichgewebsverletzungen und ein dentoalveoläres Trauma im Oberkieferfrontzahnbereich zugezogen. Wie der Dokumentation zu entnehmen war, zeigten sich klinisch multiple Weichgewebsverletzungen, darunter eine Riss-Quetsch-Wunde der Oberlippe enoral sowie eine supraorbitale Hautwunde links. Ein CT des Mittelgesichts, das später entscheidende Hinweise zum Ausmaß des Traumas lieferte (Abbildung 1), wurde angefertigt. Intraoral bestand eine offene Alveolarfortsatzfraktur in Regio 21/22 mit Einrissen der marginalen Gingiva. Zahn 21 war deutlich disloziert, die Zähne 21 und 22 zeigten eine erhöhte Mobilität. Der Kiefergelenksbefund war unauffällig, der Tetanusschutz aktuell. Zunächst wurden die Fremdkörper aus der Oberlippe entfernt und die RissQuetsch-Wunden chirurgisch versorgt. Unmittelbar im Anschluss wurde die Alveolarfortsatzfraktur in Regio 21/22 operativ repositioniert. Zur Stabilisierung der dislozierten Zähne 21 und 22 erfolgte eine flexible Schienung mittels Titan-Trauma-Splint (TTS) unter Anwendung der Säureätztechnik, wie sie bei traumatisch gelockerten beziehungsweise dislozierten Zähnen indiziert ist [Von Arx et al., 2001]. Auch die Entscheidung für eine rigide Schienung wäre im Hinblick auf die Alveolarfortsatzfraktur möglich gewesen [DGMKG und DGZMK, 2022]. Nach Reposition und Schienung wurde zur Lagekontrolle eine Röntgenaufnahme angefertigt (Abbildung 2A). -> (Hintergrund:) Früher wurde nach einem Zahntrauma häufig rigide geschient, heute empfiehlt die S2k-Leitlinie zur Therapie des dentalen Traumas bleibender Zähne in den meisten Fällen eine flexible Schienung, etwa mit dem Titan-TraumaSplint, der per Säureätztechnik und fließfähigem Komposit befestigt wird. Für zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1404) Abb. 1: Abbildung der CT-Darstellung des Mittelgesichts in axialer Rekonstruktion: A: Fraktur des Alveolarfortsatzes im Bereich der Zähne 21 und 22, B: Nachweis von Fremdkörpern im Weichgewebe, laut Operationsbericht handelt es sich um eingedrungene Steinpartikel, C: deutliche Dislokation von Zahn 21 infolge des Traumas Abb. 2: Röntgenbilder im Verlauf der Traumanachuntersuchungen: A: initiales Röntgenbild am Tag nach dem Trauma nach Repositionierung und Schienung der Alveolarfortsatzfraktur sowie des Zahnes 21 mittels Titan-Trauma-Splint, B: Kontrollaufnahme drei Wochen nach Trauma, C: Aufnahme sieben Wochen nach Trauma als Kontrolle bei persistierender Lockerung des 22, jetzt deutlich erkennbarer Frakturspalt (markiert durch Pfeilspitzen) Foto: Ella Ohlsson A C B A C B
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