ZAHNMEDIZIN | 51 eine leichtere Entfernung sollte eine opake oder fluoreszierende Farbe gewählt werden. Nur bei Alveolarfortsatzfrakturen ist weiterhin eine rigide Schienung indiziert. Bei kombinierten Zahn- und Knochenverletzungen muss individuell entschieden werden. Die Schienungsdauer richtet sich nach dem Verletzungstyp und der Primärstabilität, sollte aber möglichst kurz gehalten werden [DGMKG und DGZMK, 2022]. Aufgrund der Begleitverletzungen entschieden sich die Behandler der MKGKlinik für eine systemische Antibiotikatherapie mit Doxycyclin. Verlauf der TraumaNachkontrollen Aufgrund einer COVID-19-Infektion erfolgte mit einer Verzögerung von neun Tagen nach dem Trauma die Weiterbehandlung in der Zahnklinik 1 – Zahnerhaltung und Parodontologie des Uniklinikums Erlangen. Bei der Aufnahme wurde der Befundbogen Zahntrauma, bereitgestellt durch die Deutsche Gesellschaft für Endodontologie und Zahnärztliche Traumatologie (DGET), ausgefüllt (Abbildung 3). Sensibilitätstests zeigten am Zahn 21 ein negatives Ergebnis, am Zahn 22 eine verzögerte positive Reaktion. Beide Zähne reagierten positiv auf Perkussion; es lag eine Lockerung Grad II (22) beziehungsweise Grad III (21) vor. Außerdem bestanden Schmelz-DentinFrakturen an 11 und 22, hier wurde die Dentinwunde zum Schutz der Pulpa adhäsiv versiegelt [Costa et al., 2003; Hanks et al., 1988]. Zahn 21 war klinisch bereits repositioniert, im zuvor erstellten CT ließ sich jedoch das Ausmaß der Dislokation ablesen. Es lag eine Verlagerung der Inzisalkante nach palatinal von etwa 4 mm vor. Die Befundlage, bestätigt durch die ausbleibende Reaktion bei Sensibilitätsprobe, ließ klar auf eine irreversible Schädigung des neurovaskulären Bündels schließen. Bei Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum wird bei einer Dislokation von ≥2 mm empfohlen, die endodontische Behandlung bereits während der Schienungsphase einzuleiten [Ferrazzini Pozzi und Von Arx, 2008]. Dementsprechend erfolgte an Zahn 21 eine Trepanation sowie die medikamentöse Einlage eines kortikosteroid- und antibiotikahaltigen Medikaments (Ledermix®, Riemser, Greifswald) im Sinne einer antiresorptiven Therapie [Krastl et al., 2019]. Zahn 22 wurde zunächst weiter beobachtet. -> Eine strukturierte Erstaufnahme des Traumas, etwa durch das Ausfüllen des Befundbogens Zahntrauma der DGET, hilft, alle relevanten Befunde systematisch zu erfassen und nichts zu übersehen, wie etwa die Abfrage des Tetanusschutzes oder die Dokumentation des Ausmaßes der Dislokation. Bei der Nachkontrolle eine Woche später wurde ein Wechsel der medikamentösen Einlage zu Kalziumhydroxid im Zahn 21 durchgeführt. In regio 21 persistierte vestibulär eine offen granulierende Wunde. Zahn 22 reagierte weiterhin verzögert positiv auf die Sensibilitätstestung und durch eine Röntgenkontrollaufnahme ergab sich der Verdacht auf eine Wurzelfraktur (Abbildung 2B). Einen Monat nach dem Unfallereignis wurde die Schienung temporär entfernt, um den Lockerungsgrad klinisch zu überprüfen. Aufgrund persistierender Instabilität der Zähne 21 und 22 wurde eine erneute Schienung mittels TTS durchgeführt, bei der diesmal ausschließlich ein unverletzter und fester Nachbarzahn einbezogen wurde. Zahn 22 zeigte nun eindeutig eine positive Sensibilitätsreaktion. Gleichzeitig fiel ein freiliegendes Knochenareal am Gingivasaum regio 21 auf. Nach sieben Wochen Schienungsdauer wurde der TTS schließlich entfernt. Zahn 21 zeigte sich klinisch gräulich verfärbt, reizfrei und mit Lockerungsgrad (LG) 0. Zahn 22 war weiterhin gelockert (LG II). In der aktuellen Röntgenkontrollaufnahme waren nun deutlich erkennbare Frakturspalte im mittleren Wurzeldrittel sichtbar (Abbildung 2C). Eine Kommunikation zur Mundhöhle konnte durch zirkuläre Sondierung des Sulkus ausgeschlossen werden und bei erneuter Sichtung des CT-Datensatzes konnte auf einen intraalveolären Verlauf der Fraktur geschlossen werden. -> Bei Wurzelfrakturen ist entscheidend, ob eine Verbindung zur Mundhöhle über den Sulkus besteht. Ist dies der Fall, beispielsweise durch einen schräg verlaufenden Frakturspalt, steigt das Risiko einer bakteriellen Kontamination und die Entfernung des koronalen Fragments ist indiziert. Eine endodontische Behandlung des verbleibenden Wurzelanteils, zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1405) Abb. 3: Auszug aus dem „Befundbogen Zahntrauma“ (DGET) mit dokumentiertem klinischem Befund bei der Erstvorstellung Foto: Ella Ohlsson modifiziert nach DGET Dr. Ella Ohlsson Zahnklinik 1 - Zahnerhaltung und Parodontologie, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Glückstr. 11, 91054 Erlangen Ella.Ohlsson@uk-erlangen.de Foto: UKE
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