Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 17

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Kollegin KI, was geht? AUSGABE 17 | 2025 zm 01.09.2025, Nr. 17 Auf europäischer Bühne Interview mit Dr. Doris Seiz über ihr neues Amt als Generalsekretärin der European Regional Organisation (ERO). SEITE 22 Komplexes Frontzahntrauma Funktionserhalt und ästhetische Rehabilitation nach Alveolarfortsatzfraktur, Zahndislokation und Wurzelfraktur. SEITE 50 Wie geht Ausbildung? Die drei Finalisten des Wettbewerbs um „Berlins beste Ausbildungspraxen 2025“ stellen sich und ihr Konzept vor. SEITE 70 zm STARTER ab Seite 78

„Nicht ohne meine DAISY“ Sicherungdes Erfolgs durch ständige Wissenserweiterung

EDITORIAL | 3 Licht und Schatten Und auch in zm STARTER haben wir diesmal wieder ein prall gefülltes Themenpaket. So stellen wir das neue Lehrgebäude der Zahnklinik am Universitätsklinikum Bonn vor, das vor drei Monaten eröffnet wurde. Mit innovativen Lehrformaten will man dort neue Maßstäbe in der zahnärztlichen Ausbildung setzen. Dann berichtet Lena Pulczynski vom Fachschaftsrat der Uni Greifwald, wie sie mit anderen Studierenden die sogenannten „Dental Days“, also interaktive Fortbildungstage, ins Leben gerufen hat. Sie erzählt, was sie dazu gebracht hat und was für die Umsetzung alles nötig war. Und wie läuft ein Zahnmedizinstudium in Budapest? Davon berichtet in zm STARTER Leon Föllmer. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur Die Einwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) ist ebenso rasant wie verblüffend. Diejenigen, die das Aufkommen des Internets miterlebt haben, können sich sicher noch an die Entwicklungssprünge erinnern. Schon damals hatte man manchmal das Gefühl: Himmel, geht das schnell! Rückblickend kann man sagen, dass sich die Verbreitung des Internets zu einem überall greif- und nutzbaren Medium fast in Zeitlupe vollzogen hat. Zumindest wenn man dies mit der rasend schnellen Verbreitung von KI vergleicht. Zwar ist KI schon länger in verschiedensten Bereichen im Einsatz. Aber der großflächige Durchbruch auch im „consumer“-Bereich erfolgte vor knapp drei Jahren mit der Veröffentlichung von ChatGPT. Experten sind sich sicher, dass damit eine neue Zeitrechnung der technischen Entwicklung begonnen hat. Seit November 2022 ist einige Zeit vergangen und KI hält in immer mehr Bereichen der Lebens- und Arbeitswelt Einzug. Neben Euphorie – ob der schier endlosen Möglichkeiten – auf der einen Seite gibt es nicht wenige kritische Stimmen, die davor warnen, dass sich diese Technik eines Tages gegen uns Menschen wenden könnte. Zwischen diesen Extremen liegt das, was die Anwenderinnen und Anwender im Alltag beim Einsatz von KI erleben. Da liegen Licht und Schatten oft nah beieinander. Und wie sieht es in der Zahnmedizin aus? Dies wollen wir in unserer neuen Serie „KI für die Zahnmedizin“, die in dieser Ausgabe startet, beleuchten. Zum Start erklären die Experten des DGZMK-Arbeitskreises „Artificial Intelligence in Dental Medicine“ (AIDM), um was es sich beim „Automatisierungs-Bias“ handelt. Dieser spielt insbesondere in der Diagnostik eine nicht zu unterschätzende Rolle. Und was lässt sich in der Zahnarztpraxis heute schon sinnvoll nutzen? Kann da die KI schon Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vollwertig ersetzen? Darüber sprachen wir mit einem Experten, der sich die aktuellen Anwendungen und ihren praktischen Einsatz näher angeschaut hat. Ohne zu viel zu verraten: Auch hier liegen Licht und Schatten nah beieinander. Unser KI-generiertes Titelbild ist Ihnen vermutlich aufgefallen – ebenso die deutlichen Fehler. In der Fotoerzeugung kann KI inzwischen bestechende Ergebnisse liefern, aber manchmal auch heftig daneben greifen. Licht und Schatten eben. Viele kennen Dr. Doris Seiz als Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen. Vor einem Jahr ist sie in die Berufspolitik auf europäischer Ebene eingestiegen – und wurde kürzlich zur Generalsekretärin der European Regional Organisation (ERO) der World Dental Federation (FDI) gewählt. Im Interview verrät die Oralchirurgin aus Kelsterbach nahe Frankfurt am Main, wie sie die Anliegen der deutschen und der europäischen Zahnärzteschaft in ihrer Amtszeit voranbringen will und warum ein Engagement auf internationaler Ebene sinnvoll und wichtig ist. Foto: Lopata/axentis

4 | INHALT 16 Fünf Zentimeter großer Speichelstein Aus rezidivierenden Schwellungen des Mundbodens entwickelt sich eine ausgeprägte Sialolithiasis – der besondere Fall mit CME. 68 Gefängnisinsassen erhalten zahnärztliche Hilfe Unzumutbare Zustände, Sorge vor Übergriffen und eine Dankbarkeit, die er noch nie zuvor erlebt hat: Dr. Ernst Peter Drescher berichtet von seinem Einsatz in Madagaskar. MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel POLITIK 10 Altersvorsorge für Zahnärztinnen und Zahnärzte Berliner Versorgungswerk verzeichnet deutliche Kapitalverluste 22 Interview mit Dr. Doris Seiz über ihr neues Amt „Wir profitieren vom Wissenstransfer aus der europäischen Community“ 42 Kurz erklärt: Rx-Rabatte Der Streit geht weiter 65 Gesundheitssysteme weltweit – Österreich Freie Arztwahl, viele Zuzahlungen und zumeist nur eine Kasse ZAHNMEDIZIN 16 Der besondere Fall mit CME Drüsen-erhaltende Therapie bei ausgeprägter Sialolithiasis 24 Antibiotika in der Zahnmedizin Warum Clindamycin weiterhin so häufig verschrieben wird 46 Ergebnisse einer EFP-Konsensuskonferenz Manuelle parodontale Sondierung bleibt Referenzstandard 50 Fallbericht aus dem DGZ-Juniorspezialisierungsprogramm Funktionserhalt und ästhetische Rehabilitation nach Frontzahntrauma 62 MKG-Chirurgie Unerwarteter Zufallsbefund im OPG TITELSTORY 32 KI für die Zahnmedizin – Teil 1: Automatisierungs-Bias Wie KI unseren klinischen Blick verzerren kann 36 Interview mit Christian Henrici zu KI in der Zahnarztpraxis „First Data ist das Wichtigste!“ PRAXIS 14 Aufmerksamer kommunizieren Hören Sie Ihren Patienten wirklich zu? 40 Projekt am College of Dentistry der University of Florida So radikal verändert KI das Zahnmedizinstudium 58 Investitionssofortprogramm der Bundesregierung Das steckt für Zahnärzte im „Wachstumsbooster“ Inhalt zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1358)

INHALT | 5 78 Gemeinde unterstützt Praxisgründung Der kleine Luftkurort Mainhardt in Baden-Württemberg wünschte sich noch eine Zahnarztpraxis – und fand Iryna Leicht. Der Weg zur eigenen Praxis – zm STARTER. TITELSTORY 32, 36 KI – was geht? In der Fotoerzeugung kann KI bestechende Ergebnisse liefern, aber manchmal auch heftig daneben greifen, wie unser KI-generiertes Titelbild zeigt. Was kann KI in der Zahnmedizin leisten? 70 Wettbewerb der Zahnärztekammer Berlin Das sind die drei besten Ausbildungspraxen in Berlin! GESELLSCHAFT 12 Urteil des Bundesgerichtshofs BGH hebt Urteil zu tödlicher Zahnbehandlung unter Vollnarkose auf 26 Urteil des Europäischen Gerichtshofs Titandioxid darf nicht mehr als karzinogen bezeichnet werden 48 Mit dem Dentalmuseum durch 2025 – Teil 14 „Wollen Sie die Kiste mit dem Polen-Feldzug sehen?“ 68 Mit Planet Action im „Maison Centrale“ Unser Einsatz im Gefängnis auf Madagaskar 77 Jahrzehntelanger Einsatz für das Hilfsprojekt „Thika-Kenia-Hilfe“ Bundesverdienstkreuz für Dr. Paul Festl ZMSTARTER 78 Gemeinde unterstützt Praxisgründung Eine Zahnärztin für die Region 82 Interview mit Dr. Milan Stoilov zum neuen Lehrgebäude der Zahnklinik Bonn „Selbst die Japaner waren total begeistert von unseren Räumlichkeiten“ 86 Fortbildungstage an der Universität Greifswald Wie aus meiner Vision die „Dental Days“ wurden 88 Interview mit Zahnmedizinstudent Leon Föllmer über sein Studium in Budapest „Viele denken, wir haben uns das Studium erkauft und bekommen den Dr. geschenkt“ MARKT 92 Neuheiten RUBRIKEN 8 Ein Bild und seine Geschichte 27 Bekanntmachungen 44 KI-News 60 Termine 76 Formular 91 Impressum 106 Zu guter Letzt Titelfoto: Photography09 – stock.adobe.com (generiert mit KI) zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1359)

Die Unruhe und die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger wachsen: keine Nachhaltigkeit bei der Rente, keine Nachhaltigkeit in der Gesundheit, keine Nachhaltigkeit bei der Pflege, stattdessen immer neue Steuerflicken, die auf die alten Schuhe genäht werden. Im ZDF-Politbarometer vom 14. August sehen 95 Prozent der Befragten bei der gesetzlichen Rentenversicherung große oder sehr große Probleme und nur 24 Prozent denken, dass die Bundesregierung daran etwas ändern wird. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse gaben 47 Prozent im Juli an, mit dem deutschen Gesundheitssystem nicht zufrieden zu sein. Im Januar waren es erst 30 Prozent, 2021 sogar nur 10 Prozent. Immer mehr meinen, für die weiter steigenden Beiträge keinen angemessenen Gegenwert mehr zu bekommen. Wären die, die da so unzufrieden sind, aber auch bereit, die Konsequenzen einer Demografie-festen Planung zu tragen – und kann das ohne Leistungskürzungen gelingen? Schauen wir doch mal, welche Vorschläge auf dem Tisch liegen, und beschränken uns dabei auf den Bereich Gesundheit: Versicherungsfremde Leistungen: Die GKV von diesen Leistungen zu entlasten ist eine gern gezogene Joker-Karte, doch die Ernüchterung folgt auf dem Fuß. Zum Beispiel entfällt der mit Abstand größte Anteil auf die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern und Kindern. Diese Leistungen substanziell zu verringern, wagt wohl niemand, und sie bloß auf den Steuerzahler zu übertragen, mag gerechter sein, spart aber nichts. Primärarztsystem: Wenn der Weg zum Facharzt über den Hausarzt führt, dann befürchtet KBV-Chef Andreas Gassen überlaufene Praxen – vor allem bei beliebten Hausärzten oder dort, wo 5.000 Hausärzte fehlen. Die Patienten mögen die Idee nicht (44 Prozent in einer MDR-Umfrage aus dem April) und solange Hausärzte keinen Anreiz haben, Überweisungen zu vermeiden, wird sich wenig ändern. Wenn sie den Anreiz haben, wächst das Misstrauen der Patienten. Krankenhausreform: Die Krankenhäuser auf die tatsächlich benötigten Einheiten zurückzufahren, bietet ein enormes Einsparpotenzial, scheitert aber bislang an regionaler Psychologie. GKV-Einnahmen erhöhen: Einnaturgemäß politisch linker Vorschlag ist es, durch eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze Besserverdiener zur Kasse zu bitten. Die Zusatzeinnahmen sind jedoch zu gering, um den Ausgabenanstieg auch nur ansatzweise einzufangen, belasten die Arbeitgeber weiter und verringern den Antrieb, die Strukturen im Gesundheitssystem zu verbessern. Effizienz steigern: Ja bitte, endlich! Die Zahnmedizin kann ein Lied davon singen, wie viel Behandlungszeit durch überflüssige Bürokratie verloren geht. Aufhebung des dualen Systems: Was würde eine Fusion der Krankenkassen bringen? Mit dem viel gelobten Modell aus Österreich, immerhin wird Budget durch weniger Verwaltungskosten frei, bei uns doch nur 1,3 Milliarden Euro. Digitalisierung: Die viel zitierte McKinsey-Studie aus dem Jahr 2022 beziffert die Einsparungen durch eine zielgerichtete Digitalisierung im Gesundheitssystem auf 42 Milliarden Euro. Die Aufstellung erscheint jedoch viel zu optimistisch. Gleichzeitig stehlen digitale Funktionsprobleme dann wieder Behandlungszeit. Budgets deckeln: Die Techniker-Krankenkasse empfiehlt in ihrem aktuellen 10-Punkte-Plan, die zahnärztliche Vergütung auf den Deckel von 2024 zurückzuführen. Einmal zielt dieser Plan nur auf das unmittelbare Defizit, bietet also keine Nachhaltigkeit – und er würde mit der Zahnmedizin die einzigen treffen, deren Anteil am GKVTopf durch Präventionserfolge sinkt. Prävention: Noch in den Wahlprogrammen aller relevanten Parteien war Prävention der Superheld, jetzt ist es stiller geworden. Vermutlich, weil sich die Erkenntnis verbreitet (hat), dass man nicht bloß einen Schalter umlegen muss. Die Zahnmedizin ist den Weg gegangen, hat aber 35 Jahre gebraucht, um vom Symptom-Therapeuten zum Personal-Mundgesundheits-Trainer zu werden. Ganz wichtige Schritte waren, unser Team verantwortlich einzubinden und mit der PZR die engmaschige Kontrolle und Remotivation unserer Patienten zu etablieren. Die allgemeine Medizin ist leider noch da, wo wir 1990 standen: „Dafür habe ich keine Zeit“, „Meine Patienten wollen das nicht“. Der Politik Untätigkeit vorzuwerfen, ist eine Sache, Lösungen vorzuschlagen, eine ganz andere. Die Zahnmedizin kann sich entspannter zurücklehnen, denn wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer 100 Tage regiert, 100 Tage ist nix passiert? 6 | LEITARTIKEL Foto: Georg Johannes Lopata – axentis.de

permadental.de 02822-71330 SCHNELLER. PRÄZISER. SMARTER. DER TRIOS 6 SCANNER VON3Shape Inkl. 1 kostenlosen monolithischen Zirkonkrone auf Implantat Mit Implantatteilen – egal, welches Implantatsystem Vom Highend-Komplettanbieter 3Shape Preiswunder bei Permadental! Nur für Zahnarztpraxen Mit wenigen Klicks persönlichenBestpreisfür Wunsch-Scanner inkl. Implantatkroneanfordern. www.permadental.de/trios-bestpreis permadental Ihr Ansprechpartner für digitale Workflows DIE NEUE ÄRA: TRIOS-Scanner zum Bestpreis von den Fachleuten für digitale Workflows TRIOS6 TRIOS5 TRIOSCore jetzt ab 8.999,-€ 3Shape-Scanner zzgl. MwSt.

EIN BILD UND SEINE GESCHICHTE zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1362) 8 | GESELLSCHAFT Manchmal braucht es im Leben einfach ein bisschen Glück, dann wieder zahlt sich Hartnäckigkeit aus – Christian Corbitt hatte offfensichtlich beides. Der Inhaber einer Tauchschule in North Carolina, USA, machte Anfang August etwa 35 Meilen vor der Küste von Wilmington den bisher spektakulärsten Fund seiner Taucherkarriere: einen 15 Zentimeter langen Zahn des Megalodons. Der Megalodon, auch „Riesenzahn“ genannt, ist eine gigantische, prähistorische Haiart, die vor etwa 10 bis 3,6 Millionen Jahren lebte. Mit einer geschätzten Länge von 16 bis 20 Metern und einem Gewicht von ungefähr 50 bis 100 Tonnen ist der Megalodon etwa dreimal so groß wie der Weiße Hai und damit wohl der größte Urzeithai, der je existiert hat. Belegen lässt sich seine Existenz vor allem durch Zahn- und vereinzelte Wirbelfunde. Die Zähne des Megalodons waren dreieckig mit fein gesägten Schneidekanten und einer V-förmig eingebuchteten Zahnwurzel. Forschende glauben, dass sich das Gebiss aus rund 267 Zähnen zusammensetzte. Neben den vorderen und den hinteren Zähnen besaß der Megalodon noch seitliche Zähne und Zwischenzähne. Je nach Platzierung der Zähne variierten Form und Größe. Die größten Zähne konnten eine Kantenlänge von bis zu 18 Zentimetern erreichen. Bei Corbitts Fund handelt es sich somit um einen der „wertvollsten prähistorischen Schätze des Ozeans“, was dem Hobbytaucher einen Auftritt im regionalen Fernsehen bescherte. Dort berichtete Corbitt, wie er den Zahn „zufällig“ entdeckte: Er habe zwei Tage und eine Nacht damit verbracht, den Meeresboden abzusuchen und dabei 33 vollständige fossile Haifischzähne gefunden. Glück und Hartnäckigkeit eben. nb Foto: zm [screenshot: wbtv/Christian Corbitt]

NachIhrer Empfehlung übernimmt parodontax. Die parodontax-Formulierung hilft nachweislich, frühe Zahnfleischprobleme rückgängig zu machen, indem sie Plaque gezielt entfernt – und das4xeffektiver als eine Zahnpasta ohne Natriumbicarbonat.* Mit geschmacksverbessernder Technologie. * Im Vergleich zu einer herkömmlichen Zahnpasta (ohne Natriumbicarbonat), nach einer professionellen Zahnreinigung und bei zweimal täglichem Zähneputzen. ** Gemäß einer im Jahr 2024 durchgeführten Studie mit 300 Zahnärzt:innen in Deutschland, gefragt nach Markenempfehlungen für Zahnpasten im Bereich Zahnfleischprobleme. PM-DE-PAD-25-00020-20250402 Empfehlen Sie die Nr. 1-Marke** und helfen Sie, mit parodontax Zahnfleisch Active Repair dieZahnfleischgesundheit Ihrer Patient:innen zu fördern. Jetzt registrieren undkostenlose Produktmuster anfordern.

zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1364) 10 | POLITIK ALTERSVORSORGE FÜR ZAHNÄRZTINNEN UND ZAHNÄRZTE Berliner Versorgungswerk verzeichnet deutliche Kapitalverluste Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB) hat Anfang August seine Mitglieder darüber informiert, dass es aufgrund von deutlichen Verlusten zu Einschnitten bei den Versorgungsansprüchen kommen kann. Die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) verweist auf ihre Regelungen für Kapitalanlagen. Das VZB spricht in dem Schreiben an seine rund 10.000 Mitglieder, zu denen auch die Brandenburger und die Bremer Kammermitglieder gehören, von „einer ernsten finanziellen Lage“. Grund seien unter anderem „für Rentenkassen unübliche, hochriskante und überproportionale Investments in Unternehmensbeteiligungen“ sowie „unzureichend oder gar nicht besicherte Darlehen an diese Beteiligungen und andere Unternehmen“. Wie hoch die Verluste ausfallen, werde derzeit vom neu besetzten Verwaltungsausschuss und drei Anwaltskanzleien geprüft. „Wir können [...] zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass es zu spürbaren Einschnitten bei Ihren Rentenansprüchen und zu höheren Beiträgen kommt“, heißt es in dem Schreiben weiter. Bis zum Vorliegen des Jahresabschlusses 2024 würden keine Rentenanwartschaftsmitteilungen an die Mitglieder verschickt. Thomas Schieritz, Vorsitzender des VZB-Verwaltungsausschusses, bittet deshalb die Mitglieder, sich über die Website und das VZB-Mitgliederportal zu informieren. ABV verweist auf Leitplanken für Kapitalanlagen Die ABV, die die gemeinsamen Interessen aller 91 Versorgungswerke in Deutschland vertritt, weist darauf hin, dass sie allgemeine Regelungen für ihre Mitglieder aufgestellt habe, die strenge Vorgaben für die Kapitalanlagen und das Risikomanagement der Mitglieder enthalten. „Diese Leitplanken dienen dem Schutz von Kapitalanlagen und sollen verhindern, dass Fehlinvestitionen hinsichtlich Selektion, Mischung und Umfang getätigt werden“, betont Rudolf Henke, Vorstandsvorsitzender der ABV. Obwohl die 91 Mitglieder rechtlich nicht zur Einhaltung dieser Normen verpflichtet seien, richteten sich die meisten danach oder hätten mit der jeweiligen Aufsicht abgestimmte Regelungen. Für eine etwaige Kontrolle von Anlagestrategien oder gar von konkreten Anlagen durch die ABV gebe es allerdings keine Rechtsgrundlage, erklärt Henke auf der ABVWebsite. Neben diesen Leitplanken bietet die ABV nach eigenen Angaben ihren Mitgliedern auch „einen Stresstest, ein Konzept für Asset-Liability-Management-Studien sowie Fortbildungsveranstaltungen für ehrenamtliche Gremienmitglieder und hauptamtliche Beschäftigte an, insbesondere in den Bereichen der professionellen Kapitalanlage, die eine Qualifizierung oder Weiterqualifizierung hinsichtlich wesentlicher Kenntnisse der Finanz- und Anlagepolitik ermöglichen“. Gleichzeitig betont die ABV, dass bei Kapitalanlagen erfahrungsgemäß trotz aller Vorsorge und strengster Kontrollen durch interne Gremien und externe Aufsicht nicht vorhersehbare Entwicklungen in Wirtschaft und Finanzpolitik oder auch nicht absehbare negative Geschäftsentwicklungen bei den investierten Firmen eintreten können. „In der Regel werden solche Verluste durch die Erträge bei anderen Investments ausgeglichen. Für den Fall, dass dies in besonderen Situationen – zum Beispiel bei einer andauernden Immobilienkrise – nicht möglich ist, werden von allen Versorgungswerken Reserven vorgehalten, so dass die Verluste sich nicht unmittelbar auf Rentenleistungen und Rentenanwartschaften auswirken“, heißt es in der Mitteilung weiter. sr Wie hoch die Verluste beim Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin genau sind, ist derzeit noch unklar. Foto: MAN – stock.adobe.com (Bild mit KI generiert)

3D-Druck?Aber sicher! Mit dem DentaMile Design & Print Service nehmen Sie bei der Digitalisierung Ihrer Praxis oder Ihres Labors nicht nur den Druck raus, sondern auch sämtliches Risiko: • Keine Investition in eigenes 3D-Druck-Equipment • Keine Aufwände für Personalschulungen • Volle Flexibilität statt Abofalle • 100% Datensicherheit Zusammenein Lächeln voraus Mehr Informationen unter: www.dentamile.com Geht auf uns! Ihr erster 3D-Druck?

zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1366) 12 | GESELLSCHAFT URTEIL DES BUNDESGERICHTSHOFS BGH hebt Urteil zu tödlicher Zahnbehandlung unter Vollnarkose auf Die Zahnsanierung eines 18-Jährigen unter Vollnarkose in Hamburg endete im Jahr 2016 tödlich. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) muss die beteiligte Zahnärztin nun doch mit einer Strafe rechnen. Ihren Freispruch durch das Landgericht Hamburg hoben die Karlsruher Richter auf. Danach kann der zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Anästhesist auf eine mildere Strafe hoffen. Der damals 18-jährige Patient hatte große Angst vor einer Zahnbehandlung. Trotz mehrerer defekter Zähne und großer Schmerzen hatte er sich jahrelang nicht behandeln lassen. Lachgas und Hypnose lehnte er ab, nur auf eine Behandlung unter Vollnarkose ließ er sich im Mai 2016 ein. „Er wollte während der Behandlung schlafen, er wollte nichts mitbekommen“, so die Zahnärztin. Allerdings hatte der Patient auch eine umfassende Voruntersuchung nicht zugelassen. So stellte sich erst während der Behandlung heraus, dass die zunächst auf acht Stunden angesetzte Narkosedauer nicht ausreichte. Nach achteinhalb Stunden fiel die Sauerstoffsättigung ab, nach gut neun Stunden setzten die Ärzte einen Notruf ab. Der 18-Jährige starb kurz darauf im Krankenhaus an einem Lungenödem. Im April 2024 sahen sich Zahnärztin und Anästhesist vor dem Landgericht Hamburg wieder. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen dort gemeinschaftliche Körperverletzung mit Todesfolge vor. Demnach sei der Patient nicht ausreichend aufgeklärt worden, die Narkose nicht sachgemäß durchgeführt und der Rettungsdienst zu spät alarmiert worden. Das Landgericht sah die Schuld hierfür allein beim Anästhesisten. Im Juli 2024 verurteilte es jenen wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Die Zahnärztin wurde hingegen freigesprochen, da sie auf die Fachkenntnisse des Anästhesisten vertrauen durfte. Das Landgericht muss den Fall erneut prüfen Nach dem BGH-Urteil muss das Landgericht darüber nun nochmals verhandeln. Den Freispruch für die Zahnärztin hoben die Karlsruher Richter auf. Ihr hätte klar sein müssen, dass die Dauer der Behandlung und damit auch die der Narkose eigentlich gar nicht absehbar waren. Zudem habe das Landgericht nicht geprüft, ob sie den Anästhesisten ausreichend über den Fortgang der Behandlung und die voraussichtlich noch notwendige Narkosedauer informiert habe. Für den Anästhesisten bestätigte der BGH den Schuldspruch, hob jedoch das Strafmaß auf. Grund ist, dass das Landgericht einen sogenannten Verbotsirrtum für möglich gehalten hatte. Das bedeutet, dass sich der Arzt über die bei einer so langen Narkose auch bei einem 18-Jährigen steigenden Risiken möglicherweise nicht bewusst war. Bei der Festsetzung der Strafe habe das Landgericht dies jedoch ohne weitere Erörterung nicht berücksichtigt. Daher muss das Landgericht auch dies nochmals prüfen. Martin Wortmann Bundesgerichtshof Az.: 5 StR 55/25 Urteil vom 13. August 2025 Landgericht Hamburg Az.: 602 Ks 2/23 Urteil vom 12. Juli 2024 Foto: Tascha-stock.adobe.com

GreenXevo „Noch besser als besser“ ...2022-2023-2024... ✔Unschlagbare Bildqualität durch 420° Rotation für höchste Datenqualität im Workflow ✔Übersichtsaufnahme 12 x 9 (*) in 200 µm mit bis zu 3 Detailaufnahmen in 70 µm ✔Extrem kurze Scanzeiten (ab 2,9 Sekunden) ✔Endo-Analysemodul in der byzzEz3D-i Software ✔Ultrahohe Auflösung (49 µm Voxelgröße) im Endomodus ✔byzz nxt: Digitale Integration mit offenen Schnittstellen für den offenen Workflow Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme: Tel.: +49 (0) 7351 474 990 | info@orangedental.de |www.orangedental.de NEU Vorgestellt auf der IDS2025! Eine Bildqualität, die Sie noch nie gesehen haben! *

zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1368) 14 | PRAXIS Selbst für Zahnärztinnen und Zahnärzte, die sich einer aufmerksamen und mitfühlenden Haltung verschrieben haben, ist ungestörtes, aufmerksames Zuhören nicht so einfach. „Die Herausforderung besteht darin, Wege zu finden, die unsere ärztlichen Werte und Fähigkeiten mit der notwendigen Praxistauglichkeit zusammenbringen“, schreiben die Autorinnen und Autoren aus Texas, Boston und Detroit in ihrem Essay zur Rolle des werteorientierten Zuhörens im Praxisalltag. 1. Zuhören aus nächster Nähe: Physische Präsenz zählt. In einem ruhigen Moment im Behandlungszimmer erfahren Sie von Ihren Patienten oft mehr als aus einer kurzen Notiz in der Patientenakte. Wenn Sie nahbar, fokussiert und neugierig sind, öffnen sich Patienten eher – und dieses Vertrauen ist entscheidend für gemeinsame Therapieentscheidungen. Achten Sie deshalb darauf, sich diese konzentrierte Zeit für Ihre Patienten zu nehmen. 2. Zuhören mit Neugier: Ärzte, die im Umgang mit Patienten eine bestätigende Körpersprache verwenden, vorzeitige Unterbrechungen vermeiden und die richtigen Fragen auf die richtige Weise stellen, fördern einen offenen Dialog. Die Frage „Welche Fragen haben Sie an mich?”eröffnet einen Dialog – ganz anders als die Frage „Haben Sie Fragen?”. 3. Zuhören, das Vertrauen schafft und ermöglicht: Beim therapeutischen Zuhören steht nicht nur die Frage im Mittelpunkt, was mit den Patienten los ist, sondern auch, was ihnen wichtig ist. Dabei wird anerkannt, dass Patienten ihre eigenen Prioritäten, Werte und Sorgen am besten kennen. Vertrauen entsteht, wenn sich der Patient sicher genug fühlt, um offen zu sprechen. Dies erreichen Sie, indem Sie urteilsfrei zuhören, ihm Ihre volle Aufmerksamkeit schenken und seine Meinung ernst nehmen. 4. Zuhören, unterstützt durch Design: Kleine, überfüllte Räume und ein klinisches Umfeld können vertrauliche Gespräche erschweren. Doch schon einfache Veränderungen – wie das Hinsetzen während des Gesprächs – können dafür sorgen, dass sich Ihre Patienten besser betreut und gehört fühlen. 5. Zuhören, das stärkt und befähigt: Zuhören sollte zu Handlungen führen. Das gilt auch für Ihr Personal, das im Gesundheitssystem selbst unter Prozessen und Richtlinien leidet, die Ressourcen verschwenden, keinen Nutzen bringen und demoralisierend wirken. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeitenden deshalb, Prozesse in Ihrer Praxis zu identifizieren, die einer erneuten Prüfung bedürfen. 6. Zuhören, das Resilienz fördert: Sich um andere zu kümmern ist anstrengend. Wer im Gesundheitswesen arbeitet, lässt häufig Mahlzeiten aus oder isst in Eile. Einfache Gesten wie gemeinsame Mahlzeiten und Gespräche mit Kollegen helfen, Burnout zu reduzieren und emotionale Stärke aufzubauen. „Wenn Ihr Behandlungsteam mit Empathie und Neugier zuhört, führt das zu besseren Entscheidungen, stärkeren Beziehungen und einer individuelleren Versorgung", resümiert Co-Autor Prof. Dr. Leonard Berry von der Mays Business School. „Freundlichkeit ist kein Luxus im Gesundheitswesen – sie ist eine Notwendigkeit. Und echtes Zuhören ist eine ihrer kraftvollsten Ausdrucksformen.“ Zuhören ist nicht nur eine nette Geste, sondern ein kraftvolles Werkzeug. ck Leonard L. Berry, Maureen Bisognano, Nana A.Y. Twum-Danso, Rana L.A. Awdish,The Value — and the Values — of Listening,Mayo Clinic Proceedings, 2025, ISSN 0025-6196,(https://www.sciencedirect.com/ science/article/pii/S0025619625003118) Foto: patpitchaya-stock.adobe.com AUFMERKSAMER KOMMUNIZIEREN Hören Sie Ihren Patienten wirklich zu? Ihre Patienten erwarten, dass Sie ihnen zuhören. Doch im Alltag ist echtes Zuhören – das Gefühl, gesehen, gehört und verstanden zu werden – oft das Erste, was verloren geht. Sechs wichtige Zuhörstrategien.

Kinder. Zähne. Gärtnern. Und wofür brauchen Sie mehr Zeit? Mehr Selbstbestimmung und Flexibilität durch die eigene Praxisgründung – darauf setzt Katharina Albertsen. Finanziell das große Ganze im Blick zu behalten, ist dabei unser Job. Was immer Sie bewegt, sprechen Sie mit uns. > apobank.de/gruenden Katharina Albertsen Zahnärztin und Mutter von vier Kindern, Varel

16 | ZAHNMEDIZIN zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1370) DER BESONDERE FALL MIT CME Drüsen-erhaltende Therapie bei ausgeprägter Sialolithiasis Annika Bertsch, Daniel Stephan Aus rezidivierenden Schwellungen des Mundbodens entwickelt sich eine ausgeprägte Sialolithiasis mit einem fast fünf Zentimeter großen Konkrement. Dieser Fall zeigt, wie durch gezielte Bildgebung und einen Drüsen-erhaltenden Eingriff ein komplikationsloser Heilungsverlauf erreicht werden konnte. Die aktuellen Therapieprinzipien ermöglichen eine funktionserhaltende Behandlung selbst bei ausgedehnten Befunden. Im Februar 2025 stellte sich ein 39-jähriger Patient in der Notfallambulanz der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz mit rezidivierenden, schmerzhaften Schwellungen im Bereich des linken Mundbodens und Unterkiefers vor. Die Beschwerden bestanden seit mehreren Monaten und traten insbesondere während der Mahlzeiten auf. Zwischen den Episoden war die Schwellung vollständig rückläufig, persistierte jedoch zunehmend. Die weitere Anamnese war unauffällig. Vorerkrankungen bestanden nicht und auch eine Dauermedikation wurde verneint. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine submandibuläre, druckdolente Schwellung (Abbildung 1) ohne Mundöffnungseinschränkung oder dentalen Fokus. Der Mundboden war insbesondere linksseitig angehoben mit einer palpablen, gut abgrenzbaren Verhärtung entlang des Verlaufs des Ductus submandibularis. Sonografisch präsentierte sich die Gl. submandibularis entzündlich aufgetrieben mit inhomogener Binnenstruktur und umgebender Entzündungsreaktion ohne Abszedierung. Bei einem intraglandulär erweiterten Gangsystem ließ sich zusätzlich eine circa 4,8 cm x 1,1 cm große echoreiche Raumforderung mit dorsalem Schallschatten im linken Wharton-Gang darstellen (Abbildung 2). Aufgrund der Größe und der Lokalisation des Steines wurde ein operatives Vorgehen mit vollständiger Entfernung mittels Marsupialisation angestrebt. In Lokalanästhesie konnte der Ausführungsgang longitudinal inzidiert (Abbildung 3A) und der Speichelstein komplikationslos in toto extrahiert werden (Abbildungen 3B bis 3D und Abbildung 4). Abschließend wurde der eröffnete Gang im Sinne einer Marsupialisation umlaufend an der Abb. 1: Präoperative klinische Darstellung der submandibulären Schwellung Foto: Universitätsmedizin Mainz

DAS NEUE POWER-IMPLANTAT VON MEDENTIS MEDICAL. LIQUID ONE VISION. ICX. GIGA-TITAN= Rein Titan Grad 4KV, mit 1.100 MPa.3 Wir kennen kein stärkeres Ø 3.3 Implantat als ! Aus Giga-Titan gefertigt. ICX-DIAMOND ICX-DIAMOND im ICX-Shop! 3) Definition von Giga-Titan: Rein Titan Grad 4KV 1.100 MPa. Quellenangaben für mechanische und chemische Eigenschaften: ISO 5832-3 The World´s most powerful ICX-Implant.

18 | ZAHNMEDIZIN zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1372) umgebenden Schleimhaut fixiert, um eine erneute Stenose zu verhindern. Der weitere postoperative Verlauf gestaltete sich regelrecht. In den folgenden Nachuntersuchungen zeigte sich der Patient beschwerdefrei bei reizloser Mundbodenschleimhaut ohne erneute Gangobstruktion oder Entzündungszeichen. Diskussion Die Sialolithiasis zählt zu den häufigsten Erkrankungen der großen Speicheldrüsen, insbesondere der Gl. submandibularis, und ist für etwa 80 bis 90 Prozent aller obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen verantwortlich [Iro et al., 2009]. Anatomisch bedingt entstehen Speichelsteine dabei vor allem im distalen Drittel des WhartonGangs, am Hilus oder im hilo-parenchymalen Bereich der Drüse. Dabei neigt die Gl. submandibularis aufgrund ihres längeren und komplizierteren Ganges mit starker Krümmung um den M. mylohyoideus sowie der Produktion von seromukösem Speichel eher zur Bildung von Sialolithen. Die genaue Ursache der Entstehung von Speichelsteinen ist bisher ungeklärt, allerdings stellen die Abnahme des Speichelflusses, die Zunahme der Alkalität sowie erhöhte Kalziumspiegel begünstigende Faktoren dar [Kao et al., 2020]. In Abhängigkeit von der Größe der Konkremente kann es zur spontanen Steinextrusion durch die Papille kommen. Meist jedoch führt der Verbleib im Gangsystem zu einer teilweisen oder vollständigen Blockade des Speichelabflusses, was eine Infektion des Speicheldrüsengangs durch die Mundhöhle begünstigt. Neben eher seltenen asymptomatischen Verläufen ist die klinische Symptomatik dementsprechend typischerweise durch schmerzhafte und Mahlzeit-abhängige Schwellungen charakterisiert [Nahlieli, 2025]. Die initiale konservative Therapie im Rahmen einer akuten, gegebenenfalls eitrigen Sialadenitis umfasst die ausreichende orale (gegebenenfalls parenterale) Flüssigkeitszufuhr bei gleichzeitiger Anregung der Speichelsekretion durch Sialogoga wie Zitronensäure, Ascorbinsäure oder Pilocarpin. Weiterhin können eine Drüsenmassage, antibakterielle Mundspüllösungen oder die Papillendilatation supportiv zur Anwendung kommen. Die antiinfektiöse Behandlung mittels oraler oder intravenöser Antibiotikagabe stellt ebenfalls einen wichtigen Bestandteil der Therapie dar. Während früher die Submandibulektomie bei persistierenden Beschwerden dominierte, liegt der Fokus bei frustraner konservativer Therapie heute klar auf Drüsen-erhaltenden und minimalinvasiven Verfahren. Die Arbeitsgruppe um Marchal konnte bereits 2001 demonstrieren, dass weder die Anzahl der Drüseninfektionen noch die Erkrankungsdauer mit dem Grad der Drüsenschädigung korreliert. Darüber hinaus wurden fast 50 Prozent der operativ entfernten Speicheldrüsen aus histopathologischer Sicht als gesund klassifiziert [Marchal et al., 2001]. Außerdem ist eine funktionelle Regeneration der Drüse selbst nach längerer Obstruktion möglich [Nahlieli und Baruchin, 2000]. Eine Drüsen-erhaltende Maßnahme und gleichzeitig Methode der Wahl ist die interventionelle Sialendoskopie mit Erfolgsraten von 85 bis 90 Prozent [Strychowsky et al., 2012]. Bei großen, gut erreichbaren Steinen insbesondere im vorderen oder im mittleren Drittel des Wharton-Gangs bietet die – wie in diesem Fall – angewendete Gangschlitzung mit Marsupialisation eine weitere effektive Möglichkeit zur Drüsen-erhaltenden Sanierung [Koch et al., 2021]. Beide Techniken lassen sich auch wie beim vom Nahlieli et al. beschriebenen Ductal Stretching im Sinne der endoskopisch assistierten intraoralen Chirurgie kombinieren. Über alle beschriebenen Steinlokalisationen hinweg zeigten sich sehr hohe Erfolgsraten [Nahlieli et al., 2007]. Eine exakte Diagnostik ist dabei die grundlegende Voraussetzung für eine optimale Therapieplanung. Diese beginnt stets mit der Anamnese bei der vor allem Art, Häufigkeit und Intensität der Beschwerden evaluiert werden sollen. Daran schließt sich die klinische Untersuchung mit Inspektion, bimanueller Palpation von Drüsen und AusAbb. 2: Präoperative sonografische Darstellung der echoreichen Raumforderung mit dorsaler Schallauslöschung im Ausführungsgang der linken Gl. submandibularis Foto: Universitätsmedizin Mainz CME AUF ZM-ONLINE Drüsen-erhaltende Therapie bei ausgeprägter Sialolithiasis Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.

ZAHNMEDIZIN | 19 Annika Bertsch Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz Dr. med. Daniel Stephan Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie und Plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes GutenbergUniversität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz führungsgängen sowie Beurteilung des Speichels und Ausstreichen der betroffenen Drüse an. Das bildgebende Verfahren der ersten Wahl ist nach wie vor die Sonografie, die eine Sensitivität zur Erkennung von Speichelsteinen von bis zu 95 Prozent aufweist. Damit kann neben der größten Ausdehnung auch das Volumen des Steines dreidimensional vermessen werden [Nahlieli et al., 2025]. Zusätzlich kann bei komplexen oder tiefsitzenden Sialolithen die Cone Beam Computed Tomography (CBCT; DVT) zur Anwendung kommen. CBCT weist eine sehr hohe Sensitivität (94 Prozent) und Spezifität (90 Prozent) auf und ermöglicht im Rahmen der präoperativen Planung eine gute Einschätzung der Komplexität [van der Meij et al., 2018]. Die Wahl der Therapie richtet sich nach der Größe, der Lage, dem Volumen und der Mobilität des Steines sowie nach dem Zustand der Drüse. Während mobile Steine unter 5 mm Durchmesser häufig endoskopisch entfernt werden können, sollte nichtsdestotrotz die Individualität der anatomischen Verhältnisse bei der Therapieplanung besondere Berücksichtigung finden. Variationen im Verlauf und ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

20 | ZAHNMEDIZIN zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1374) die Durchmesser der Speicheldrüsengänge können die Durchführbarkeit und den Erfolg minimalinvasiver Eingriffe maßgeblich beeinflussen [Nahlieli et al., 2025; Abba et al., 2022]. Die postoperative Prognose nach einer Drüsen-erhaltenden Steinentfernung ist in der Regel gut. Etwa 80 bis 90 Prozent der Patienten bleiben nach einer erfolgreichen Entfernung langfristig beschwerdefrei [Iro et al., 2009; Koch et al., 2021]. Die Voraussetzung dafür ist eine adäquate Eröffnung und Offenhaltung des Gangsystems, wobei sich die Marsupialisation als besonders wirksam in der Prävention postoperativer Stenosen erwiesen hat. Die häufigsten Komplikationen sind postoperative Strikturen, Ranulabildung oder Verletzungen des N. lingualis. Endoskopische Eingriffe zeigen dabei eine deutlich geringere Komplikationsrate (circa 2–3 Prozent) im Vergleich zu offenen chirurgischen Verfahren. Der Einsatz von Stents nach Gangeröffnung wird dabei ausdrücklich empfohlen [Nahlieli et al., 2025]. Ein weiterer Ansatz, der bislang wenig Beachtung fand, betrifft die chemische Zusammensetzung der Steine. Es wird angenommen, dass Calciumphosphatreiche und proteinreiche Steine unterschiedlich auf Lithotripsieverfahren (Zerkleinerung der Steine durch Stoßwellen) reagieren könnten. Eine präoperative Bestimmung der Steinzusammensetzung könnte individuelle Therapien ermöglichen, ist jedoch aktuell noch nicht umsetzbar [Nahlieli et al., 2025]. Weitere möglicherweise Erfolg versprechende Technologien sind beispielsweise die intraduktale LaserLithotripsie (Holmium:YAG) und bioresorbierbare Stents, die in Zukunft die Therapieoptionen erweitern könnten [Koch et al., 2021]. Zusammenfassend zeigt sich, dass die frühzeitige, präzise Diagnostik und eine individuelle Drüsen-erhaltende Therapieplanung heute den Standard in der Behandlung der Sialolithiasis darstellen. Moderne Bildgebungstechniken, eine differenzierte volumetrische Steincharakterisierung und minimalinvasive Verfahren ermöglichen eine hohe Erfolgsrate bei gleichzeitig niedriger Morbidität. „ Abb. 3: Intraoperativer Situs mit enoraler Gangschlitzung (A) und Herauslösen des Speichelsteins (B–D) Abb. 4: Intraoperative Aufnahme des in toto entfernten Speichelsteins FAZIT FÜR DIE PRAXIS „ Die Sialolithiasis führt häufig zur Obstruktion der Ausführungsgänge von Speicheldrüsen und präsentiert sich klinisch dementsprechend durch Schwellungen insbesondere während der Nahrungsaufnahme. „ Die frühzeitige Diagnostik (Anamnese, klinische Untersuchung, Sonografie) ist essenziell, um eine drüsenerhaltende Therapie der Sialolithiasis zu planen. „ Minimalinvasive Verfahren wie die Sialendoskopie sind bevorzugte Behandlungsmethoden und ermöglichen meist den Erhalt der Glandula submandibularis. „ Die Speicheldrüsenfunktion regeneriert sich häufig nach erfolgreicher Steinentfernung, auch bei länger bestehender Obstruktion. Fotos: Universitätsmedizin Mainz A C D B

Anzeige Einzigartiger Schutz vor Schmerzempfindlichkeit durch Dentinreparatur mit NovaMin *In Labortests, nach 4 Tagen mit 2× täglicher Anwendung 1. John M T et al. Eur J Oral Sci 2003;111(6): 483-491. 2. Greenspan DC. J Clin Dent 2010; 21 (Spec Iss): 61-65. 3. Haleon, Data on File 2024, Report QD-RPT-118201. 4. Earl J et al. J Clin Dent 2011; 22(Spe c Iss): 68-73. 5. Hall C et al. J Dent 2017; 60: 36-43. SENSODYNE EIN ARGUMENT FÜR SIE: Wirkung wissenschaftlich belegt In Labortests konnte gezeigt werden, dass die Schutzschicht bis tief in die freiliegenden Dentinkanälchen reicht. Zudem erwies sich die neu gebildete Schutzschicht als bis zu 76% härter als natürliches Dentin und war in der Lage, alltäglichen Säureattacken standzuhalten.*, 3,4 EMPFEHLENSWERT: Die Top-Innovation mit NovaMin Sensodyne Clinical Repair Zahnpasta ist unsere Innovation zur Behandlung von schmerzempfindlichen Zähnen. Bereits ab dem ersten Zähneputzen beginnt dank des InhaltsstoffesNovaMin die Reparatur von freiliegendem entin.2 NovaMin (Kalzium-NatriumPhosphosilikat), ein Bioglas, gibt nach dem Kontakt mit Speichel Kalzium- und Phosphat-Ionen ab. ese reagieren mit dem Dentin und bilden eine zahnschmelzähnliche Schutzschicht über und in den freiliegenden Dentinkanälchen, die zu 96% aus dem gleichen Material besteht wie natürlicher Zahnschmelz.2 Dadurch stellt ensodyne den Schutzschild wieder her, den schmerzempfindliche Zähneverloren haben. CLINICAL REPAIR Z e d d d De P K Die b Se AUCH IHRE PATIENT:INNEN: Rund jeder 3. Erwachsene istbetroffen1 Schmerzempfindliche Zähne oder auch Dentinhypersensibilität können im Alltag für Betroffene sehr belastend sein. Die Sensodyne Clinical Repair wurde speziell für diese Patient:innen entwickelt um die Schmerzempfindlichkeit durch Dentinreparatur zu lindern und die freiliegenden Zahnbereiche zu schützen. KLINISCH BESTÄTIGT: Langanhaltende Linderung Die langanhaltende Linderung der Schmerzempfindlichkeit bei zweimal täglicher Anwendung von Sensodyne Clinical Repair wurde in einer klinischen Studie an Patient:innen mit schmerzempfindlichen Zähnen bestätigt.5 Viele Ihrer Patient:innen mit Dentinhypersensibilität sind sich nicht bewusst, dass bereits das Zähneputzen mit der richtigen Zahnpasta helfen kann. Sensodyne Clinical Repair bietet eine effektive Lösung bei schmerzempfindlichen Zähnen und damit eine ausgezeichnete Empfehlung. Empfehlen Sie die Top-Innovation mit NovaMin: Sensodyne Clinical Repair! EMPFEHLEN SIE BEI DENTINHYPERSENSIBILITÄT: PM-DE-SENO-24-00029-20240809 Mit 5% NovaMin

22 | POLITIK INTERVIEW MIT DR. DORIS SEIZ ÜBER IHR NEUES AMT ALS ERO-GENERALSEKRETÄRIN „Wir profitieren vom Wissenstransfer aus der europäischen Dental Community“ Nur ein Jahr nach ihrem Einstieg in die europäische Berufspolitik wurde Dr. Doris Seiz, Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen, zur Generalsekretärin der European Regional Organisation (ERO) der World Dental Federation (FDI) gewählt. Im Interview verrät die Oralchirurgin aus Kelsterbach nahe Frankfurt am Main, wie sie die Anliegen der deutschen und europäischen Zahnärzteschaft in ihrer Amtszeit voranbringen möchte. Frau Dr. Seiz, wie haben Sie sich inzwischen in das Amt der ERO-Generalsekretärin eingefunden? Dr. Doris Seiz: Gut! Anfang Juli hat sich der neue ERO-Vorstand offiziell konstituiert und wir haben erste Gespräche über die Arbeit der kommenden Jahre geführt. Ein Vorteil für mich war sicherlich, dass mein Vorgänger im Amt als Präsident der Landeszahnärztekammer Hessen, Michael Frank, auch international und in der ERO aktiv war. Dadurch hatte ich einen realistischen Eindruck davon, welche Arbeit und Pflichten auf mich zukommen. Wissen Sie schon, auf welche Themen Sie sich in Ihrer Amtszeit fokussieren wollen? Es sind vor allem drei Themen, die ich gerne angehen möchte: Erstens möchte ich einen wirksamen Bürokratieabbau erreichen, um die Praxen in ihrem Arbeitsalltag zu entlasten. Ich weiß als Oralchirurgin aus erster Hand, wie durch Bürokratie viel Zeit verloren geht, die für unsere Patientinnen und Patienten viel besser investiert wäre. Zweitens möchte ich dabei helfen, die Qualität der Zahnmedizin auf dem gewohnt hohen Niveau zu halten. Alle Patientinnen und Patienten haben das Recht auf eine gute Versorgung, und Qualität muss einer der Eckpfeiler unseres Berufs bleiben. Drittens möchte ich die Zusammenarbeit mit anderen Dentalverbänden und -organisationen fortführen und vertiefen. Durch Kooperationen können wir Best Practices teilen, gemeinsame Herausforderungen angehen und die Interessen unseres Berufsstands stärker vertreten. Unser primäres Ziel muss es sein, den spezifisch europäischen Blick auf diese Themen auf die Weltbühne zu heben. Wie bringen Sie den neuen Posten mit Ihrer Arbeit als Oralchirurgin und dem Amt als Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen unter einen Hut? Ich möchte mich für die Standespolitik engagieren, deshalb empfinde ich diese Arbeit grundsätzlich nicht als Belastung. Das ist, denke ich, eine ganz entscheidende Voraussetzung. Auf praktischer Ebene kommt hinzu, dass ich immer sehr gut vorbereitet in Termine gehe. Es spielt für mich keine Rolle, ob ich im Vorstand sitze oder Delegierte bin – ich schaue mir die Sachlage vorher an und mache mir meine Gedanken dazu. Trotzdem ist mir natürlich klar, dass durch das Amt als Generalsekretärin mehr Arbeit auf mich zukommen wird. Aus meiner Sicht ist das aber absolut machbar und lässt sich gut in meinen Alltag integrieren. Was hat Sie an diesem Amt gereizt? Ich wurde vor einem Jahr von der Bundeszahnärztekammer als Delegierte für unseren Weltverband der Zahnärzte, die FDI, und in deren europäische Regionalorganisation, die ERO, ernannt und habe im Zuge dessen an den Generalversammlungen teilgenommen. Bei diesen Events unterhält man sich mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Ländern. Das hat mir interessante Einblicke ermöglicht. Ich konnte ein Gefühl dafür entwickeln, wie die europäische und die internationale Arbeit funktionieren und welche Chancen sie bieten. Ich wusste, dass ich das als Teil des ERO-Führungsgremiums noch intensivieren und vor allen Dingen stärker mitgestalten kann. Die Entscheidung, ob Sie kandidieren möchten, fiel also schnell? Als die Wahlen anstanden, wurde ich von etlichen Kolleginnen und Kollegen, nicht nur aus dem Vorstand der ERO, sondern auch von Delegierten angesprochen, ob ich nicht kandidieren möchte. Das hat mich zunächst erstaunt, weil ich noch neu in diesem Bereich war. Aber ich habe mich spontan mit der Idee wohlgefühlt und dann nach einer Beratung mit der Bundeszahnärztekammer meinen Hut in den Ring geworfen. Wie würden Sie die Bedeutung der ERO beschreiben? Sie bietet uns die Möglichkeit, Entwicklungen bei den Heilberufen eurozm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1376) Oralchirurgin Dr. Doris Seiz ist seit 2023 Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen. Im vergangenen Jahr wurde sie Mitglied der deutschen Delegation der European Regional Organisation (ERO) der World Dental Association (FDI). Im Mai 2025 wählte die ERO-Generalversammlung sie zu ihrer neuen Generalsekretärin. Foto: Babian Nockel

POLITIK | 23 paweit früh zu erkennen. Ferner erlaubt es die ERO, die Interessen der Zahnarztverbände aus Europa für die Arbeit im Weltverband der Zahnärzte, der FDI, zu bündeln und Europa eine starke Stimme in der FDI zu geben. Ein Beispiel: In allen ERO-Ländern macht sich der demografische Wandel bemerkbar. In der ERO haben wir daher eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich mit Fragen der zahnärztlichen Versorgung einer alternden Gesellschaft befasst. In diese Arbeitsgruppe kann jeder seine nationalen Erfahrungen einbringen. Der internationale und europäische Austausch ermöglicht es uns in diesem Sinne, politische Entwicklungen zu antizipieren und uns darauf vorzubereiten. Welche Perspektiven erschließen sich Ihnen konkret, wenn Sie die Zahnärzteschaft von der europäischen Ebene aus betrachten? Nehmen wir das Beispiel Bürokratie beziehungsweise Bürokratieabbau. Mein Eindruck ist, dass Deutschland EU-Vorgaben wesentlich strenger umsetzt als viele unserer Nachbarländer. Wir neigen im Vergleich zur Überregulierung. Ich denke, hier können wir Best Practices aus dem EU-Ausland sammeln und bei den deutschen Behörden dafür werben. Mein Ziel ist es, praktikable Ideen kennenzulernen, mit denen man Bürokratie abbauen oder von vorneherein verhindern kann. Von diesem Wissenstransfer aus der europäischen Dental Community werden die deutschen Zahnarztpraxen profitieren. Idealerweise funktioniert das auch bei anderen Themen wie etwa dem Fachkräftemangel oder der Digitalisierung. Wie unterscheidet sich die ERO von der FDI und vom CED (Council of European Dentists) – und wie greifen die Organisationen auf der anderen Seite ineinander? Über die FDI sind wir an die WHO angebunden und können uns dort Gehör verschaffen. Die ERO wiederum ist eine der Regionalgruppen der FDI. Die ERO stärkt somit die europäische Stimme in der internationalen Zahnärzteschaft. Das sehe ich als die Hauptaufgabe der ERO. Auf EU-Ebene ist außerdem das CED aktiv. Es arbeitet in Brüssel mit den EU-Gremien zusammen, zum Beispiel mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Kommission oder mit Mitgliedern relevanter Ausschüsse. So versucht die Zahnärzteschaft, sich direkt in die EU-Gesetzgebung einzubringen. Interessant zu wissen ist auch, dass ERO und CED unterschiedliche Gebiete abdecken. Während sich das CED tatsächlich auf die EU-Staaten begrenzt, orientiert sich die ERO an den Mitgliedern der WHO. Das heißt, es sind nicht nur die EU-Staaten, sondern darüber hinaus auch Länder wie Kasachstan oder Israel vertreten. So schließt sich ein bisschen der Kreis. Jede Organisation hat also eine andere Ausrichtung, aber wir arbeiten zusammen, vernetzen uns und haben dadurch die Chance, unsere Themen besser in den entscheidenden Gremien zu platzieren und voranzutreiben. Welche Themen werden in Ihrer Legislatur zu diskutieren sein? Unter anderem droht ein Verbot von Ethanol. Es soll als kanzerogen, mutagen und reproduktionstoxisch eingestuft werden. Die zahnärztlichen Organisationen stufen das Gesundheitsrisiko beim Einsatz in den Praxen jedoch als sehr gering ein. Ein Verbot von Ethanol zum Beispiel als Desinfektionsmittel hätte erhebliche Folgen. Denken wir nur an die CoronaPandemie zurück, in der wir für jedes erhältliche Desinfektionsmittel dankbar sein konnten. Gegen den Vorschlag, diese große Stoffgruppe komplett zu verbieten, werden wir europaweit zusammenarbeiten. Solche Kooperationen sind auch für viele andere Dinge wie etwa die Regulierung von investorenbetriebenen Medizinischen Versorgungszentren wichtig. Auch andere Standespolitikerinnen aus Deutschland engagieren sich international. Stefanie Tiede ist in der FDI aktiv, Romy Ermler im CED. Tauschen Sie drei sich regelmäßig aus? Ja, unbedingt. Die BZÄK hat zwei Ausschüsse, die sich einerseits mit unserem Weltverband FDI und der ERO als dessen europäischer Regionalorganisation sowie andererseits mit dem CED und den Fragen der EU-Gesetzgebung befassen. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Gesprächsformate, in denen wir drei in ständigem Austausch stehen. Das empfinde ich als sehr wichtig und hilfreich. Das Gespräch führte Susanne Theisen. zm115 Nr. 17, 01.09.2025, (1377) Das neue Führungstrio der ERO (v.l.) kurz nach der Wahl im vergangenen Mai in Kasachstan: Dr. Doris Seiz, Dr. Edoardo Cavallé aus Italien und Prof. Paula Perlea aus Rumänien. Foto: Mihai Baltac

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=