12 | ZAHNMEDIZIN INTERVIEW MIT DR. KLAUS-DIETER BASTENDORF „Mein Traum bleibt eine Praxis ohne restaurative Behandlung“ Im Mai wurden die Zahnärzte Dr. Klaus-Dieter Bastendorf und Dr. Lutz Laurisch für ihr Engagement im Bereich der Prophylaxe mit der goldenen Ehrennadel der Bundeszahnärztekammer ausgezeichnet. BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz ist sich sicher: Ohne die Vorbildwirkung dieser Pioniere wäre Deutschland heute nicht Weltmeister in der Mundgesundheit und die Zahnmedizin nicht der einzige Heilberuf, der die Prävention zur Erfolgsgeschichte gemacht hat. Wir haben mit Bastendorf über sein Lebenswerk gesprochen. In den 1970er- und 1980er-Jahren brummte die Wirtschaft und die prall gefüllten Kassen der GKV ließen modernen Zahnersatz für alle zu. Es war die Zeit der Amalgamstraßen und ungebremsten Prothetikversorgung. Wie kamen Sie ausgerechnet in dieser Zeit auf die Idee, eine Praxis für präventive Zahnheilkunde zu gründen? Dr. Klaus-Dieter Bastendorf: Bereits während meines Studiums in Tübingen las ich mit großem Interesse das Quintessenz-Buch „Häusliche Mundhygiene“ von Prof. Peter Riethe, dem verstorbenen Leiter der Tübinger Abteilung für Zahnerhaltung und überzeugter Präventivzahnmediziner. Schon damals kam ich zu der Überzeugung, dass es einen besseren Weg geben musste als das übliche „Drill, Fill and Bill“. Es konnte nicht sein, dass die Natur uns ein wunderbares orales System schenkt und sich dies nur für beschränkte Zeit und mit erheblichem restaurativem Aufwand erhalten lässt. Das musste auch anders gehen: Mein Traum war eine Praxis ohne restaurative Behandlung. Wie haben Sie begonnen, die Idee umzusetzen? In meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Tübingen organisierten wir zunächst eine präventive Betreuung für Kinder – in diesem Bereich ließ sich ein kontrollorientiertes Wiedereinbestellungsprocedere gut einüben. Eine solches Konzept konnte ich dann auch als Assistent in der Praxis Dr. Werner Rieker in Eislingen integrieren. In meiner eigenen Praxis startete ich 1979 mit nur einem Behandlungszimmer. Dazu richteten wir zwei ProphylaxeZimmer ein, in denen ich sofort begann, ein individual-prophylaktisches Konzept zu etablieren. Sehr hilfreich und prägend waren für mich die Veröffentlichungen von Per Axelsson und Jan Lindhe und meine Hospitation an der Universität Göteborg im Jahr 1980. Damals legte ich für mich folgende Ziele fest: n Meine beiden Töchter sollen lebenslang oral gesund bleiben. n Ich will mein Geld mit der Gesundheit meiner Patienten verdienen, nicht mit ihrer Krankheit. n Meine Praxisphilosophie lautet: 99–77–22, bei 99 Prozent meiner Patienten sollten im Alter von 77 Jahren noch 22 funktionsfähige Zähne vorhanden sein. n Ich will die von Axelsson und Lindhe gezeigte Wirksamkeit eines konsequenten Prophylaxe-Programms unter Praxisbedingungen reproduzieren. n Und schließlich will ich beweisen, dass eine präventive Praxis auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Jemand, der gegen den Strom schwimmt, hat es meist nicht leicht. Mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie zu kämpfen? Probleme gab es auf vielen Ebenen und mein Weg war besonders zu Beginn sehr mühsam und steinig. Das begann bei meinem Team, denn es war nicht einfach, meine Mitarbeiterinnen von der Notwendigkeit der Prävention zu überzeugen. Auch war damals kein Personal mit Kenntnissen und praktischen Fähigkeiten auf dem Gebiet der oralen Prophylaxe verfügbar. Ich musste von Beginn an selbst für die Ausbildung sorgen. Das habe ich über ein praxisinternes Fortbildungsprogramm umgesetzt, das bei uns bis heute ergänzend zu externen Kursen sehr konsequent gepflegt wird. Das erreichte Ausbildungsniveau lassen wir uns durch eine Prüfung am Zentrum für Zahnärztliche Fortbildung (ZFZ) in Stuttgart bestätigen. Wir sind die Praxis, die dort die meisten Dentalhygienikerinnen hat ausbilden lassen. Schwierig war zunächst auch, die meist skeptischen Patientinnen und Patienten für die präventive Zahnmedizin zu gewinnen. In den ersten Jahren haben wir eine noch nicht konsequent systematisierte Individualprophylaxe als Kassenleistung erbracht. Später führten wir ein erheblich verbessertes und zm115 Nr. 18, 16.09.2025, (1470) 1979 eröffnete Dr. Klaus-Dieter Bastendorf eine Prophylaxe-Praxis in Eislingen. Foto: FNSchielberg
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=