Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 18

14 | ZAHNMEDIZIN zm115 Nr. 18, 16.09.2025, (1472) Gesundheit interessiert sind und die in der Lage sind, unsere präventiven Leistungen zu honorieren. Ich will aber ausdrücklich betonen: Die finanzielle Möglichkeit zur privaten Zahlung ist sicher eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung für Mundgesundheit – ohne die „intrinsische Adhärenz“ und die Mitarbeit bei der häuslichen Mundhygiene geht es nicht. Diese selektive Patientenklientel haben wir uns über lange Jahre hinweg erarbeitet. Wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus? Lohnt sich eine Prophylaxe-Praxis? Ja die Prophylaxe funktioniert auch wirtschaftlich. Mehr als die Hälfte unseres Praxisumsatzes wird über präventive Leistungen erzielt. Ihre Tochter Dr. Nadine Strafela-Bastendorf hat im Jahr 2012 Ihre Praxis übernommen. Führt sie das Konzept weiter? Ja, in der Praxis meiner Tochter gibt es weiterhin ein Behandlungs- und zwei Prophylaxe-Zimmer. Bei uns arbeiten zwei Dentalhygienikerinnen, eine in Vollzeit, die andere halbtags, plus drei Prophylaxe-Assistentinnen. Die DHZahnarzt-Relation entspricht damit dem in Schweden üblichen Schlüssel. Es gibt heute viele Tage ohne restaurative Behandlungen. Dann werden auch im Behandlungszimmer systematische Prophylaxe-Behandlungen durchgeführt. Was wird heute in der Praxis Ihrer Tochter anders gemacht? Vom Ablauf her orientieren wir uns immer noch an der „Recallstunde“ von Lindhe. Aber die wissenschaftlichen Erkenntnisse und der technische Fortschritt haben zu einem sehr individuellen, systematischen Ablauf der Prophylaxesitzung geführt. Die wesentlich verbesserten individuellen Diagnosen sind die Grundlage für eine gezielte prophylaktische Behandlung unserer Patienten. Die Möglichkeiten der Information, Instruktion und Motivation zur häuslichen Mundhygiene einschließlich deutlich verbesserter Hilfsmittel sind vielfältiger und stark verbessert worden. Heute stehen für das Biofilm- und Zahnsteinmanagement bessere und einfachere Hilfsmittel zur Verfügung. Das Anfärben der Beläge wird heute grundsätzlich durchgeführt, nicht nur wie früher zur Instruktion und Motivation der Patienten, sondern auch um eine perfekte Biofilmentfernung sicherzustellen. Und die Recallintervalle werden heute risikoorientiert individuell festgelegt. Seit der Präsentation der DMS 6 mit all den dokumentierten Fortschritten in der Zahngesundheit ist die Prävention in aller Munde. Doch wie geht es jetzt weiter? Was ist noch an Potenzialen zu heben? Da ist noch jede Menge Luft nach oben. Die Erfolge betreffen ja in erster Linie die Zurückdrängung der Karies. Der logische nächste Schritt besteht darin, nun auch die Parodontitisprävention für die Erwachsenen und Senioren voranzutreiben. Auch hier bietet die systematische Prophylaxe ausgezeichnete Möglichkeiten, Parodontitis vorzubeugen. Besonderes Gewicht erhält das Thema durch die systemische Kopplung der Parodontitis an schwere Allgemeinerkrankungen: Wer Parodontitis vorbeugt, vermeidet das durch Bakteriämien in den Körper eingetragene inflammatorische Potenzial und senkt damit auch Risikofaktoren für andere Erkrankungen. Das ist insbesondere für die Senioren eine wichtige Botschaft. Wenn diese Zusammenhänge immer mehr Patienten bewusst werden, dann wird das auch die Nachfrage nach Prophylaxe verstärken. Welchen Tipp würden Sie Praxisinhabern geben, die gern mehr Prophylaxe anbieten wollen? In erster Linie würde ich empfehlen, für die Prophylaxe systematisch gestaltete Prozesse in der Praxis aufzusetzen – die vielfach noch isoliert stattfindende PZR sollte in eine systematische Prophylaxe mit Diagnostik, Risikoabschätzung, individueller Interventionsplanung und Recallmanagement migriert werden. Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung sind qualifiziertes Personal, eine zielführende Kommunikation im Team und mit den Patienten, eine geeignete Praxisausstattung und eine stringente Organisation einschließlich des Recalls. Ganz wichtig: Nehmen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Patienten mit, kommunizieren Sie aktiv die Chancen, die systematische Prophylaxe bietet. Es lohnt sich. Das Gespräch führten Dr. Jan Koch und Benn Roolf. Bedeutung der Patientenadhärenz für die orale Gesundheit Zunahme DMF-T Unterbrechung Anteil der Patienten (%) 0 0 30 1 2 3 4 5 6 7 8 9 nein ja 10 11 12 15 19 5 10 15 20 25 Beispiel anhand des Patientenkollektivs (n = 105) in der Praxis Dr. Klaus-Dieter Bastendorf: Die Zahl der kariösen, fehlenden und gefüllten Zähne (DMF-T) war bei den Patienten, die das Prophylaxeprogramm unterbrachen, erhöht, auch in Abhängigkeit von der Unterbrechungsdauer [Bastendorf & Bartsch, 2012]. (Grafik mod. nach: Zahnärztlicher Fachverlag, Herne) Foto:

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