28 | MEDIZIN UNTERSUCHUNG IN GROẞBRITANNIEN Können Stammzellen aus Milchzähnen Krankheiten heilen? Eltern in Großbritannien lassen Stammzellen aus den Milchzähnen ihrer Kinder einlagern. Eine aktuelle Analyse des „British Medical Journal“ zeigt jedoch: Der medizinische Nutzen der Einlagerung ist unbewiesen. Unternehmen führten Eltern möglicherweise mit „unverschämten Behauptungen” in die Irre, lautet das Fazit der Investigativjournalistin Emma Wilkinson, die dem Thema für das British Medical Journal (BMJ) nachgegangen ist. Dafür befragte sie Expertinnen und Experten und wertete Studien zum Thema aus. Fest steht für Wilkinson bisher nur, dass der Service recht kostspielig ist. Aus dem Artikel geht hervor, dass Eltern einen Grundbetrag in Höhe von rund 1.900 Pfund (2.200 Euro) zahlen und danach eine jährliche Lagerungsgebühr von 95 Pfund (110 Euro). Zurzeit bieten laut Wilkinson drei britische Unternehmen Zahnbankdienstleistungen an. Deren Werbeversprechen fasst sie so zusammen: Milchzähne könnten als Quelle für Stammzellen dienen, um bei Bedarf Gewebezellen im gesamten Körper zu reparieren. Dabei seien Stammzellen aus Milchzähnen „besonders wertvoll, weil sie jünger und gesünder sind“, zitiert die Journalistin das Unternehmen „Future Health Biobank“, das auch mit deutschen Zahnarztpraxen kooperiert. Es mangelt an Beweisen (und Evidenz) Zu den Behauptungen der Dienstleister gehöre außerdem, dass Stammzellen bereits für die Behandlung von Autismus, Diabetes, Multipler Sklerose, Myokardinfarkt und Parkinson erprobt würden. Das Unternehmen „Stem Protect“ zähle auf seiner Website unter der Überschrift „Wofür werden Zahnstammzellen verwendet?“ zusätzlich Gaumenspaltenkorrekturen, HIV/ AIDS, Knieknorpelreparaturen, schwere kombinierte Immundefekte und Sichelzellenanämie auf. Mehrere Expertinnen und Experten hätten auf Nachfrage erklärt, dass Foto: uflypro - adobe.stock.com zm115 Nr. 18, 16.09.2025, (1486) AUFBEREITUNG VON STAMMZELLEN AUS MILCHZÄHNEN Bei der Entnahme und Lagerung von Stammzellen aus Milchzähnen (gemäß Future Health Biobank) wird überprüft, ob der Zahn gesund ist, gemäß dem validierten Verfahren entnommen und transportiert wurde und für die Verarbeitung geeignet ist. Die Zahnpulpa wird aufgeschlossen und die Zellen werden kultiviert, bis eine ausreichende Anzahl vorhanden ist oder die maximale Zeit erreicht ist, um sicherzustellen, dass die Naivität der vorhandenen Stammzellen nicht verloren geht – je nachdem, was früher eintritt. Die Zellen werden entnommen, gezählt und auf Lebensfähigkeit und Sterilität getestet, bevor sie in mehreren Fläschchen kryokonserviert werden. Ein Fläschchen wird speziell für Qualitätskontrollen aufbewahrt – dazu werden die Zellen aufgetaut und kultiviert und eine Durchflusszytometrie durchgeführt, um das Vorhandensein von Zelloberflächenmarkern zu bestätigen. Alle Proben werden in flüssigem Stickstoff gelagert. Nach der Kryokonservierung könnte die Probe theoretisch unbegrenzt gelagert werden.
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