Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 18

34 | ZAHNMEDIZIN das individuelle Ansprechen auf eine Therapie, also über Erfolg oder Misserfolg entscheiden [Sands et al., 2018]. UPS sind zum Beispiel weniger effektiv bei Patienten mit einer starken Kollapsneigung des Rachensegments und bei Patienten mit einem hohen Loop Gain [Edwards et al., 2016; Sutherland et al., 2014]. KI für eine präzisere Therapieauswahl Messtechnische Untersuchungen im Schlaflabor liefern eine Vielzahl von Daten, die in der Zukunft unter Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) helfen könnten, Patienten nach ihren spezifischen Endotypen, also nach ihren Pathomechanismen, einzuteilen [Toh et al., 2023]. UPS wirken dabei passiv anatomisch, haben aber keinen oder kaum Effekt auf andere Schlafapnoe-Pathomechanismen wie die Empfindlichkeit der ventilatorischen Kontrolle [Edwards et al., 2016]. Dies trägt zur Erklärung der hohen Varianz im Therapieansprechen auf eine UPS bei. Eine a priori bessere Einteilung der pathophysiologisch heterogenen OSA-Patienten könnte künftig dabei helfen, mögliche Kandidaten für eine UPS-Therapie vorhersagbarer auszuwählen. Zusammenfassend ergeben sich für die UPS-Therapie Grenzen aus zahnmedizinischen Risiken, unerwünschten Nebenwirkungen, Problemen mit der AdhärenzsowieihrerselektivenWirkungsweise auf bestimmte, pathophysiologisch abgrenzbare OSA-Subgruppen. Die Riege der personalisierten Medizin ruft auch deswegen auf zur Abkehr von der traditionellen Vorstellung einer OSA-Monotherapie zum Beispiel mit CPAP oder UPS hin zu einer multimodalen multipathomechanistischzielgerichteten Behandlung [Toh et al., 2023]. Der Wunder-Cocktail gegen Schlafapnoe? Die schlafmedizinische Forschung sucht aktuell nach einem Medikament oder einer Medikamentenkombination, die nach Einnahme den oberen Atemweg stabil hält, ohne den Schlaf in all seinen wichtigen Funktionen zu beeinträchtigen. Dieses Wundermittel beziehungsweise dieser Cocktail neurotroper Medikamente soll im Idealfall über die gesamte Schlafdauer wirken und danach spurlos verschwinden, so dass die Tagesperformance des Patienten nicht gestört wird [Toh et al., 2023]. Muntermacher für die Rachenmuskeln Der vielversprechendste pathomechanistische Therapieansatz beruht sowohl auf dem Verständnis von der Wirkung des endogenen Epinephrin- (Adrenalin)-Rückgangs auf den Tonus des Musculus Genioglossus im NonREM-Schlaf als auch auf den inhibitorischen Effekten von Muscarin-Rezeptoren im REM-Schlaf [Grace et al., 2013; Lee et al., 2023]. Die Kombination von noradrenergen und antimuskarinergen Medikamenten wurde bereits in verschiedenen Studien erprobt. Atomoxetin plus Oxybutynin (AtoOxy) zeigte dabei eine signifikante Verbesserung des ApnoeHypnopnoe-Index (AHI), einem traditionellen Biomarker und SchweregradIndikator der OSA [Kinouchi et al., 2023; Taranto-Montemurro et al., 2019; 2020; Rosenberg et al., 2022; Schweitzer et al., 2023]. Der Effekt ist zwar statistisch positiv, aber klinisch bescheiden [Lee et al., 2023]. Gerade Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Übelkeit, Müdigkeit, Appetitverlust, Erektionsstörungen und Harnverhalt können bei dieser Therapie die Adhärenz gefährden. Die Wirkung könnte sich langfristig außerdem abschwächen, Daten zur Langzeit-Wirkung fehlen bislang [Lee et al., 2023]. Hypnotika und Sedativa: (k)ein Widerspruch? Historisch wurde die Anwendung von Hypnotika und Sedativa, welche die Weckschwelle erhöhen, als OSAverschlechternd eingestuft. Man hatte vermutet, dass sie die Reaktion der Rachendilatatoren abschwächen und damit die Kollapsneigung des Rachens verstärken. Tatsächlich zeigen jedoch die Sedativa Zolpidem, Eszopiclon und Zopiclon keine verschlechternde Wirkung auf OSA, in einigen Studien sogar eine Verbesserung. [Messineo et al., 2020; Carter et al., 2016; 2018; 2020]. Für das Sedativum Natriumoxybat und das Antidepressivum Tradozon konnte sogar eine Verbesserung des AHI nachgewiesen werden [George et al., 2010; 2011; Chen et al.; 2021; Arrendo et al., 2022]. zm115 Nr. 18, 16.09.2025, (1492) Abb. 4: Wenn der effektive Therapiedruck bei einem vorangegangenen CPAP-Versuch niedrig war, haben wir es oft mit einem Patienten zu tun, der gut auf die UPS anspricht [Lee et al, 2022]. Foto: Andrey Popov-stock.adobe.com

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