PRAXIS | 41 zm115 Nr. 18, 16.09.2025, (1499) SO ORGANISIERT SICH EINE KLEINE PRAXIS CHECKLISTEN FÜR BEIDE SEITEN UND ECHTES INTERESSE Wir sind eine kleinere Praxis mit nur drei Zahnärztinnen, sechs angestellten ZFAs, davon zwei ZMPs und eine ZMV, sowie zwei Auszubildenden. Harmonie im Team ist uns bei der engen Zusammenarbeit deshalb sehr wichtig. Wir stellen dem Team bereits jede Bewerberin vor und laden nach Möglichkeit zum Schnupperarbeiten ein, um herauszufinden, ob die Chemie stimmt. Bei uns ist also die Einstellung des Nachwuchses Teamsache, nicht nur Chefsache. Am ersten Arbeitstag bekommt die Auszubildende einen „Buddy“ zur Seite gestellt, der sie als persönlicher Ansprechpartner in den nächsten drei bis vier Wochen eng betreut und geduldig alle Aufgaben und Abläufe erklärt. Wir händigen zudem einen Ordner aus, der alle relevanten Informationen enthält: dem Umgang mit der Alarmanlage, wo was zu finden ist, wer für welchen Bereich der Ansprechpartner ist und so weiter. Jeder neue Mitarbeiter erhält diesen Ordner, bevor der Arbeitsalltag richtig losgeht. So kann er sich im Selbststudium informieren und die Arbeitsabläufe bereits ein Stück weit kennenlernen. Ergänzend überreichen wir noch ein mit dem Namen der Auszubildenden geprägtes Notizbuch für die eigenen Aufzeichnungen. Auch wir überprüfen unseren Einsatz: Nach Ende den ersten Wochen haben wir Checklisten mit allem, was die Auszubildende können und gesehen haben sollte. In diese Listen wird vermerkt, wer ihr welche Dinge gezeigt hat und, ob diese schon gut verinnerlicht wurden oder, ob noch Nachholbedarf besteht. Sollte dort noch ein Defizit erkennbar sein, erklären oder zeigen wir nochmals geduldig die Sache. Bald führen wir auch schon das erste Zwischengespräch, in dem wir uns erkundigen, wie es in der Schule läuft und ob es Wünsche oder Probleme gibt. Manchmal laden wir auch die Eltern dazu ein, geben ihnen einen Zwischenstand und zeigen uns offen für den gemeinsamen Austausch. Wir besprechen einmal wöchentlich im Team-Meeting was gut und was nicht so gut läuft. Die Protokolle zum Meeting stehen für jeden Mitarbeiter in einem Ordner zum Nachlesen zur Verfügung. Um das Verantwortungsbewusstsein zu stärken, bekommt jeder Azubi von uns tägliche oder wöchentliche kleine Aufgaben. Meistens sind es Aufgaben, bei deren Scheitern nicht der gesamte Praxisablauf zusammenbricht. Beispiele sind das Heraussuchen von Modellen aus dem Keller oder das Durchführen einer Inventur für bestimmte Produkte. Während der Behandlung werden Fragerunden zu den jeweiligen Themen integriert, um herauszufinden, wo noch Wissenslücken bestehen. Unsere Azubis bekommen zwei Stunden pro Woche frei zur Verfügung, um Unterrichtsstoff zu reflektieren, nachzuholen oder zu vertiefen. Wir stellen ihnen außerdem alle Lernmaterialien. Da wir nicht das gesamte Spektrum der Zahnmedizin abdecken, werden unsere Azubis für Praktika in der Oralchirurgie, im Zahntechniklabor oder in der Kieferorthopädie freigestellt, wenn sie das möchten. Dienste werden innerhalb des Teams verschoben, damit eine Freistellung vor Prüfungen möglich ist. Das sind immer eine herausfordernde Zeit, die wir nur gemeinsam bewerkstelligen können. Jeder hat seinen Anteil daran, sei es das jahrelange Beibringen von Dingen, das Einspringen an Prüfungstagen oder das Aushalten des Nervenbündels vor der Prüfung. Ist diese bestanden, überreiche ich als Chefin Geschenke, Blumen und organisiere ein Essen, um mich beim Team für die Zusammenarbeit zu bedanken und den Erfolg des Azubis zu würdigen. Wir legen großen Wert darauf, dass es keinen Streit oder Stress gibt. Bekommen wir als Ärzte mit, dass es eine Konfliktsituation gab, versuchen wir diese sofort zu klären – mit ehrlichen Worten und einem Arzt als Vermittler. Meistens kann der Konflikt schnell unter dem Team selbst geklärt werden. Vor einigen Jahren haben wir jedoch das gesamte, jahrelang beschäftigte Team ausgewechselt, weil ältere Mitarbeitende die neuen nicht integrieren oder ihnen nichts beibringen wollten. Dieses Verhalten war für uns inakzeptabel und führte dazu, dass wir Angestellte nach fast 20 Jahren gehen lassen mussten. Alle müssen sich weiterentwickeln wollen, ein „Das haben wir immer schon so gemacht“ gibt es nicht. Das ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. Red-Flags bei den Auszubildenden wären für uns Schule schwänzen, Lügen und Intrigen schmieden oder auch unehrliches Auftreten Kollegen gegenüber. Bisher ist davon zum Glück noch nichts eingetroffen, worauf wir auch wirklich stolz sind. Wir haben gelernt, dass es am Wichtigsten ist, geduldig, höflich und respektvoll zu sein, da sich jeder Mensch in seinem eigenen Tempo neue Strukturen erarbeitet. Dr. Antje Lindhammer, Praxisinhaberin, Berlin Praxis Dr. Antje Lindhammer in Berlin-Prenzlauer Berg Foto: Praxis Dr. Antje Lindhammer
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