Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 18

POLITIK | 45 diesem Sinne, dass die Leitplanken nicht anzuwenden sind, wenn die Hersteller belegen können, dass fünf Prozent der Patientinnen und Patienten in den im Zulassungsdossier beschriebenen klinischen Studien in Deutschland behandelt wurden. Warum wird erneut diskutiert? Weiterhin belasten hohe Arzneimittelkosten die GKV. Laut dem AMNOG-Report 2025 der DAK gaben die Krankenkassen im Jahr 2024 nach Abzug vereinbarter Rabatte 55,3 Milliarden Euro für diesen Versorgungsposten aus. Das entsprach einem Plus von 5,1 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr und einer Zunahme von 17 Milliarden Euro innerhalb der letzten sechs Jahre (+43 Prozent). Welche Rolle spielen Orphan Drugs? Unter Orphan Drugs versteht man Arzneimittel zur Behandlung seltener Erkrankungen. Um deren Entwicklung in Deutschland zu fördern, sind sie vom AMNOGVerfahren befreit. Sobald sie auf EU-Ebene zugelassen sind, gilt ihr Zusatznutzen als belegt. Erst wenn Orphan Drugs einen Jahresumsatz von 30 Millionen Euro überschreiten (bis zum GKV-FinStG waren es 50 Millionen Euro), erfolgt eine Nutzenbewertung durch den G-BA. Das wurde unter anderem vom IQWiG kritisiert. Das Institut evaluierte im Jahr 2022 insgesamt 41 Orphan Drugs und stellte fest: Bei 54 Prozent der Produkte konnte kein Zusatznutzen belegt werden. Das ist heikel, da Orphan Drugs ein deutlicher Kostenfaktor im Arzneimittelbereich sind: Nach Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) machten sie 2021 lediglich 0,07 Prozent aller verordneten Medikamente aus, stellten jedoch 12,8 Prozent der Arzneimittelausgaben. Kostenpunkt: rund 6,4 Milliarden Euro. Das fordern die Kassen … Um die Kosten für Arzneimittel in den Griff zu bekommen, fordern die gesetzlichen Krankenkassen unter anderem, dass die Erstattungsbeträge wieder stärker an nachgewiesene Behandlungserfolge gebunden werden. Ist die frühe Nutzenbewertung wegen fehlender Daten schwierig, soll ein Interimspreismodell gelten. … und das die Hersteller Die Pharmaunternehmen möchten, dass die Nutzenbewertung stärker den Versorgungsbeitrag eines Arzneimittels berücksichtigt, also zum Beispiel einbezieht, ob es die Gesundheitsversorgung im stationären Bereich entlastet. Zudem beklagen die Unternehmen, dass der G-BA auch in der laufenden Nutzenbewertung die zweckmäßige Vergleichstherapie ändern kann. Das beeinträchtige die Planungssicherheit aufseiten der Unternehmen. Was empfiehlt der Sachverständigenrat? In seinem aktuellen Gutachten präsentiert der Sachverständigenrat (SVR) Gesundheit und Pflege Maßnahmen, die gleichzeitig auf eine wirtschaftliche Versorgung mit innovativen Arzneimitteln und eine Förderung des Pharmastandorts Deutschland abzielen sollen: n Das AMNOG-Verfahren soll bei neuen Arzneimitteln um eine Reevaluierung ergänzt werden. Beweisen die Therapien dabei nicht den angenommenen Zusatznutzen, soll der Erstattungsbetrag umgehend nachverhandelt werden. n Der G-BA soll die zweckmäßige Vergleichstherapie frühzeitig festlegen und während des laufenden Verfahrens nicht mehr austauschen. n Die Sonderregeln für Orphan Drugs in der Nutzenbewertung sollen abgeschafft werden. n Bei Markteintritt sollen nicht mehr die Hersteller den Initialpreis für ein Produkt auswählen dürfen, sondern eine externe Stelle soll einen Interimspreis festlegen. Aus Sicht des SVR würde das die Hersteller motivieren, schnell aussagekräftige Daten zum Zusatznutzen vorzulegen. Wie geht es weiter? Im Koalitionsvertrag hat die Große Koalition angekündigt, das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) weiterentwickeln zu wollen, um eine nachhaltig tragbare Finanzierung sicherzustellen. Konkrete Maßnahmen gibt es nicht. sth zm115 Nr. 18, 16.09.2025, (1503) 4% der Verhandlungen um einen Erstattungsbeitrag landen bei der AMNOG-Schiedsstelle. In allen anderen Fällen finden Hersteller und GKV-SV eine Einigung. Bilanz des AMNOG-Verfahrens 3% erheblich 20% beträchtlich 15% gering 43% nicht belegt 19% nicht quantifizierbar So bewertete der G-BA im Zeitraum 2011 bis 2024 den Zusatznutzen der 464 untersuchten Arzneimittel Foto: Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) 43% der geprüften Produkte attestierte der G-BA keinen Zusatznutzen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=