MEDIZIN | 59 zm115 Nr. 18, 16.09.2025, (1517) ÜBERSICHTSARBEIT DES MAX-PLANCK-INSTITUTS Warum meiden viele Menschen Gesundheitsinformationen? Krankheiten früh zu erkennen ist oft der Schlüssel für eine erfolgreiche Behandlung. Trotzdem meidet ein Drittel der Menschen Informationen zur eigenen Gesundheit. Warum das so ist, haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin untersucht. In ihrer Meta-Analyse analysierten sie 92 Studien mit 564.497 Teilnehmenden aus 25 Ländern inklusive Deutschland. Sie wollten wissen, wie weit verbreitet die Vermeidung medizinischer Informationen ist und welche Gründe Menschen dafür haben. Schließlich sind solche Prävalenzschätzungen für die Ausgestaltung von Gesundheitssystemen entscheidend, etwa wenn es darum geht, Menschen mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit zu übertragen. Die analysierten Studien umfassten die Krankheiten Alzheimer, Huntington, HIV / Aids, Krebs und Diabetes. Als Informationsvermeidung definierten die Autoren „jede Form von Verhalten, die darauf abzielt, die Beschaffung verfügbarer, aber potenziell unerwünschter Informationen zu verhindern oder zu verzögern“. Dazu gehörte beispielsweise, Arztbesuche zu verschleppen oder gar nicht erst wahrzunehmen, medizinische Tests nicht durchzuführen oder die Ergebnisse nicht zur Kenntnis zu nehmen sowie Aufklärungsmaterialien zu ignorieren. „Das Phänomen, die Augen insbesondere vor schweren Krankheiten zu verschließen, ist keineswegs ungewöhnlich“, stellten die Wissenschaftler fest: Fast ein Drittel der Probanden meidet demnach medizinische Informationen oder wird sie wahrscheinlich meiden. Am höchsten war die Quote bei den beiden unheilbaren neurodegenerativen Krankheiten: Bei Alzheimer lag sie bei 41 Prozent, bei Huntington bei 40 Prozent. Bei schweren, aber behandelbaren Krankheiten wie einer HIV-Infektion oder Krebs sank sie auf 32 respektive 29 Prozent. Mit 24 Prozent am geringsten ausgeprägt, aber immer noch bedenklich hoch, war das Vermeidungsverhalten bei Diabetes, der zwar chronisch, aber gut behandelbar ist. Das Team ermittelte insgesamt 16 wichtige Faktoren, die ein Vermeidungsverhalten begünstigen – weder Geschlecht noch ethnische Zugehörigkeit fielen darunter. Die stärksten Prädiktoren waren vielmehr: 1. kognitive Überforderung, weil beispielsweise eine Krebserkrankung komplex und aufreibend sein kann; 2. ein gering ausgeprägtes Gefühl der Selbstwirksamkeit, also der Eindruck, die Gesundheit nicht selbst in die Hand nehmen zu können; 3. die Furcht vor Stigmatisierung, etwa durch einen positiven HIV-Test; 4. und schließlich mangelndes Vertrauen in das medizinische System und damit eine geringere Hoffnung, gut behandelt zu werden. Aufgrund der Datenlage nicht untersucht werden konnte, in welchem Ausmaß die Vermeidung den Gesundheitszustand der Bevölkerung beeinflusst. Dazu seien weitere Studien nötig. Für die Gesundheitspolitik lassen sich den Wissenschaftlern zufolge dennoch wichtige Schlüsse ziehen: Die Forschung zeige den starken Einfluss des gesellschaftlichen und strukturellen Umfelds auf. „Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass ein Rückgang des Vertrauens mit einem Anstieg der Informationsvermeidung einhergeht“, sagt Erstautor Konstantin Offer. „Die Steigerung des Vertrauens in das medizinische System könnte daher zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit medizinischen Informationen führen." Das Verhalten sei emotional und kognitiv getrieben, nicht irrational – Maßnahmen müssten daher gezielt auf Überforderung, Misstrauen ins Gesundheitssystem und Stigma reagieren. ck Offer, K., Oglanova, N., Oswald, L., & Hertwig, R. (2025). Prevalence and predictors of medical information avoidance: A systematic review and meta-analysis. Annals of Behavioral Medicine, 59(1), Article kaaf058. https://doi.org/10.1093/abm/kaaf058 Datum: 21.10.2025, Beginn: 15.00Uhr Ort: Kastens Hotel Luisenhof, Luisenstraße 1-3, 30159 Hannover Tagesordnung: 1. Bericht des Vorstandes über das Geschäftsjahr 2024 2. Genehmigung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2024 3. Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresergebnisses 4. Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2024 6. Verschiedenes Der Jahresabschlussbericht für das Jahr 2024 liegt in der Geschäftsstelle der RST zur Einsicht aus. Rolf Mencke, 1. Vorsitzender www.rst-hannover.de Einladung zur Mitgliederversammlung der RST
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