Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 19

22 | ZAHNMEDIZIN DER BESONDERE FALL MIT CME Fibröse Dysplasie des Os temporale und der Kiefergelenksregion Peer W. Kämmerer Die fibröse Dysplasie ist eine gutartige knöcherne Umbau- und Reifungsstörung des Knochens. Die Diagnosestellung ist aufgrund der vielfältigen klinischen und radiologischen Erscheinungsbilder oft herausfordernd. Aktuelle molekulargenetische Verfahren erlauben eine sichere Diagnosesicherung durch den Nachweis charakteristischer Mutationen. Der Fallbericht stellt eine Patientin mit fibröser Dysplasie im Bereich des Os temporale und der Fossa mandibularis vor und beleuchtet die diagnostischen und therapeutischen Besonderheiten. Eine 34-jährige Patientin wurde im Rahmen einer Routineuntersuchung ohne Beschwerden auf Anraten ihrer behandelnden Zahnärztin vorgestellt. Zufällig wurde bei bildgebenden Verfahren eine Läsion im Bereich des Os temporale und der Kiefergelenksregion rechts entdeckt. Im MRT und CT zeigte sich eine expansiv wachsende, überwiegend mattglasartige Knochenveränderung mit osteolytischen Anteilen und Unterbrechungen der Knochenstruktur, insbesondere in den unteren Partien nahe dem Kiefergelenk. Die Läsion war mit vermehrter intraossärer Kontrastmittelanreicherung assoziiert, was für eine fibröse Dysplasie spricht. Das Kieferköpfchen war abgeflacht, und es lag eine geringe Flüssigkeitseinlagerung im Kiefergelenk vor. In der Bildgebung fanden sich keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der umliegenden Foramina oder angrenzender Knochenstrukturen wie des Keilbeins (Abbildung 1). Der Vergleich mit früheren Bildgebungen (MRT 2019 und ältere Schädelröntgenaufnahmen) zeigte ein leicht progredientes Wachstum der Läsion über mehrere Jahre hinweg. Die bildgebenden Befunde und hier insbesondere das umfangreiche Ausmaß der Osteolysen führten zur Empfehlung einer gezielten Biopsie, um eine Malignitätsdiagnose (zum Beispiel Osteosarkom oder Chondrosarkom; aber auch maligne Entartung einer fibrösen Dysplasie) auszuschließen und die Läsion histologisch zu charakterisieren. Der operative Eingriff erfolgte in Intubationsnarkose über einen präaurikulären Zugang im kranialen Schläfenbogen (Abbildung 2). Nach stumpfer Präparation und Darstellung der Fossa mandibularis zeigte sich intraoperativ ein kortikal durchbrochenes, strukturell verändertes Knochenareal mit typischer Konsistenz einer fibrösen Dysplasie (Abbildung 3). Es wurde eine gezielte knöcherne Biopsie entnommen (Abbildung 4), wobei keine Infiltration der angrenzenden Weichteilstrukturen oder kritischer anatomischer Nachbarbereiche erkennbar war. Der Eingriff verlief komplikationslos. Die intraoperative Blutung war gering, und der Defekt wurde mit Kollagenschwämmen augmentiert. Der Wundverschluss erfolgte schichtweise. Die postoperative Heilung war regelrecht. zm115 Nr. 19, 01.10.2025, (1572) Abb. 1a: 3D-rekonstruierte CT-Aufnahme (inferiore Ansicht) mit Darstellung der Oberkieferanatomie: Rechtsseitig zeigt sich eine milchglasartige, teils osteolytische Strukturveränderung im Bereich des Os temporale mit Einbeziehung der Fossa mandibularis. Abb. 1b: Laterale 3D-Darstellung des Schädels mit fokaler Destruktion der kortikalen Knochenstruktur im Bereich der rechten Fossa mandibularis

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