Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 19

24 | ZAHNMEDIZIN Histologisch fand sich fibrokollagenäres Gewebe mit irregulär-dysplastischen Knochentrabekeln ohne Atypien oder Nekrosen in einem fibrösen Stroma. Molekulargenetisch wurde mittels Next Generation Sequencing eine pathogene GNAS-Mutation (p.R844H) nachgewiesen, die typisch für eine fibröse Dysplasie ist. Die Diagnose einer fibrösen Dysplasie des Os temporale und der Kiefergelenksregion wurde auch unter Einbezug der Referenzpathologie in Basel bestätigt. Aufgrund der asymptomatischen Klinik und der stabilen bis langsam progredienten Läsion wurde von einer aggressiven Therapie abgesehen, und die Patientin wird konservativ überwacht. Diskussion Die fibröse Dysplasie (FD) ist eine seltene (1:4.000 bis 1:10.000), benigne, nicht-erbliche fibro-ossäre Läsion des Knochens, die durch eine abnorme Knochen- und Bindegewebsbildung charakterisiert ist. Das Diagnosealter variiert aufgrund unterschiedlicher klinischer Präsentationen, liegt jedoch typischerweise innerhalb der ersten vier Lebensjahrzehnte [Soluk-Tekkesin et al., 2022; Tuompo et al., 2025]. Verursacht wird die FD durch eine somatische postzygotische Mutation im GNAS-Gen [Tuompo et al., 2025]. Diese Mutation, typischerweise an der Position R201 (R201H oder R201C), führt zu einer konstitutiven Aktivierung der Gs-Protein-vermittelten Signaltransduktion und einer gesteigerten intrazellulären cAMP-Produktion [Golden et al., 2025]. In der Folge kommt es zu einer gestörten Reifung der Osteoblasten und einem Ersatz des normalen Lamellenknochens durch unreifes, fibroossäres Gewebe mit ungeordneten Knochenbälkchen in fibrösem Stroma. Die Mutation entsteht früh embryonal, wodurch das klinische Bild durch den Zeitpunkt der Mutation und das betroffene Keimblatt determiniert wird [Xue et al., 2025]. Klinisch wird zwischen einer monostotischen Form (circa 70 bis 85 Prozent der Fälle) und einer polyostotischen Ausprägung (15 bis 30 Prozent) unterschieden. Erstere ist oft ein Zufallsbefund bei jungen Erwachsenen, letztere manifestiert sich meist bereits im Kindesalter und kann mit hormonellen Störungen einhergehen, wie sie beim McCune-AlbrightSyndrom auftreten. Dieses Syndrom umfasst eine triadische Kombination aus polyostotischer FD, kutanen Café-au-laitFlecken und endokrinologischen Dysfunktionen, insbesondere einer Pubertas praecox, seltener Hyperthyreose oder Wachstumshormonüberschuss [Priego Zurita et al., 2025]. Die FD betrifft überwiegend die Schädel- und Gesichtsknochen. Kraniofaziale Läsionen finden sich bei etwa zehn bis 25 Prozent der Patientinnen und Patienten mit monostotischer FD und bei bis zu 50 Prozent der Patienten mit polyostotischer FD [Cheng et al., 2012]. Die klinische Präsentation der kraniofazialen FD (CFD) variiert erheblich in Abhängigkeit von der Lokalisation und der Ausdehnung der Läsionen. Die Symptome entstehen in der Regel durch strukturelle Deformierungen und den Druck auf angrenzende Gewebe. Die zygomatico-maxilläre Region scheint am häufigsten betroffen zu sein, während Läsionen im Bereich des Os temporale und der Kiefergelenksregion – wie in diesem Fall – nur selten beschrieben werden. Die typischen Symptome umfassen schmerzlose Knochenschwellungen, eine faziale Asymmetrie und Kopfschmerzen sowie sensible Ausfälle infolge kompressiver Neuropathien. In seltenen Fällen kommt es zur Kompression vitaler intrakranieller Strukturen – mit schwerwiegenden Folgen [Jaulent et al., 2019]. Dennoch bleiben die meisten Patientinnen und Patienten mit CFD asymptomatisch, und die Diagnose wird – wie auch im hier vorgestellten Fall – häufig zufällig gestellt [Tuompo et al., 2025]. Monostotische CFD-Läsionen, das heißt eine Erkrankung, die ausschließlich das kraniofaziale Skelett betrifft,wachsen in der Regel proportional zum Skelettwachstum und komzm115 Nr. 19, 01.10.2025, (1574) Abb. 3: Intraoperative Darstellung der rechten Fossa mandibularis über präaurikulären Zugang: Die kortikal durchbrochene, verdickte Knochenstruktur der Fossa zeigt ein typisches intraossäres Ausdehnungsmuster bei monostotischer fibröser Dysplasie. Abb. 4: Intraoperative Situation nach Entnahme einer Knochenbiopsie aus der rechten Fossa mandibularis: Der Defekt zeigt glatte, blutende Knochenränder in typischer Konsistenz bei fibröser Dysplasie. Keine Hinweise auf Weichteilbeteiligung oder infiltratives Wachstum. Fotos: Peer Kämmerer ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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