36 | TITEL Ein 48-jähriger männlicher Patient stellte sich mit zunehmenden Beschwerden entlang des Unterkiefers und des Halses linksseitig in der mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Notfallaufnahme des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg vor. Anamnestisch berichtete er über persistierende Schmerzen in der linken Gesichtshälfte seit einem Sportunfall (Sparring) im November 2024. Etwa drei Tage vor der Vorstellung war es im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung zu einer frustranen Extraktion des Unterkieferzahns 35 mit Radix relicta gekommen. Der Patient berichtete, dass bei der frustranen Extraktion wiederholt „ein Luftpüster“ zur Verbesserung der Sichtverhältnisse eingesetzt worden war. Seit dem Eingriff hätten sich die Beschwerden deutlich verschlimmert. Neben intensiven Hals- und Armschmerzen beklagte der Patient insbesondere ein Knistern im Halsbereich. Eine bekannte Penicillinallergie wurde angegeben, weitere relevante Vorerkrankungen oder regelmäßige Medikamenteneinnahmen lagen nicht vor. Die klinische Untersuchung ergab eine linksseitige Gesichtsschwellung mit tastbarem subkutanem Krepitus. In der anschließenden Kontrastmittelgestützten Computertomografie von Kopf, Hals und Thorax zeigte sich ein ausgeprägtes zervikales Weichteilemphysem mit mediastinaler Ausdehnung sowie eine Radix relicta Regio 35 (Abbildungen 1 und 2). Hinweise auf eine Fraktur, einen Abszess oder eine intrathorakale Ursache bestanden nicht. Die radiologischen Befunde legten eine dentogene Ursache nahe, wobei insbesondere die Anwendung von Druckluftinstrumenten im Rahmen der vorangegangenen zahnärztlichen Intervention als auslösender Faktor infragekam. Der Patient wurde stationär aufgenommen und konservativ behandelt: Es erfolgten eine intravenöse Antibiotikatherapie mit zwei Gramm Ceftriaxon (1-0-1-0) sowie eine symptomorientierte Analgesie. Zusätzlich erhielt der Patient Pantoprazol 40 Milligramm (einmal täglich) zur Prophylaxe einer Foto: Avaniks LLC - adobe.stock.com zm115 Nr. 19, 01.10.2025, (1586) KOMPLIKATIONEN BEIM EINSATZ VON DRUCKLUFTINSTRUMENTEN Dentogene Ursache eines ausgeprägten Weichteilemphysems Stephanie Roj, Anna Aydin, Manfred Giese, Oliver Schuck, Florian Dudde In der Notfallaufnahme erscheint ein Patient mit einem seltenen, jedoch potenziell lebensbedrohlichen Krankheitsbild. Vorausgegangen war ein frustraner Extraktionsversuch alio loco, bei dem durch den übermäßigen Einsatz von Druckluft ein ausgeprägtes Mediastinalemphysem entstanden war. Dieser Fall verdeutlicht eindrücklich, dass selbst routinehafte zahnärztliche Eingriffe schwerwiegende Komplikationen nach sich ziehen können – und zeigt, wie sich solche Ereignisse verhindern, frühzeitig erkennen und adäquat behandeln lassen.
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