22 | ZAHNMEDIZIN DER BESONDERE FALL MIT CME Vom Papillom zum Karzinom – Folgen einer Therapieverzögerung Daniel Stephan, Sebastian Blatt, Peer W. Kämmerer Während benigne Papillome der Mundhöhle in der Regel komplikationsarm durch einfache Exzision behandelbar sind, zeigt der folgende Fall, wie eine Therapieverzögerung die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms begünstigen und so eine ausgedehnte chirurgische Resektion mit mikrovaskulärer Rekonstruktion sowie adjuvanter Radiotherapie erforderlich machen kann. Im Februar 2024 stellte sich ein 68-jähriger Patient nach Überweisung durch den Hauszahnarzt aufgrund einer Raumforderung der Zunge erstmals in der Ambulanz für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz vor. Der Befund am rechten Zungenrand bestand bereits seit mehreren Monaten, möglicherweise sogar seit mehreren Jahren und zeigte zuletzt eine deutliche Größenprogredienz. Die allgemeine Anamnese des Patienten war unauffällig, Vorerkrankungen bestanden nicht und auch eine Dauermedikation wurde nicht eingenommen. In der klinischen Untersuchung imponierte ein palpatorisch derber, exulzerierender Befund von circa 5 cm Größe am rechten Zungenrand ohne Mittellinienüberschreitung (Abbildung 1a). Die obligate Probeexzision ergab den histopathologischen Befund eines plattenepithelialen Papilloms mit erosiv-fluorider Entzündung ohne Hinweis auf Malignität. CT-morphologisch zeigte sich eine inhomogen vaskularisierte Läsion (28 mm× 17mm× 10 mm) ohne Osteolyse oder pathologisch vergrößerte Lymphknoten (Abbildung 1b). Die empfohlene chirurgische Resektion wurde jedoch vom Patienten abgelehnt. Stattdessen entschied er sich nach Konsultation eines Heilpraktikers für einen homöopathischen Therapieansatz. Ein Jahr später, im Februar 2025, stellte sich der Patient nach frustraner alternativmedizinischer Therapie erneut in der Universitätsklinik vor. Klinisch bestand nun eine deutliche Größenzunahme mit Annäherung an die Mittellinie (Abbildung 2). Die durchgeführte Bildgebung mittels MRT war aufgrund großer Ausleuchtungsartefakte der Zahnprothetik nur teilweise verwertbar. Allerdings zeigte sich der beschriebene Befund in T1-Richtung mit einer Tumordicke von circa 10 mm und einer Infiltrationstiefe von 5 mm (Abbildung 3). zm115 Nr. 20, 16.10.2025, (1668) Abb. 1: Präoperative klinische Darstellung der circa 5 cm messenden, exophytisch-wachsenden Raumforderung des rechten Zungenrandes (a) bei Erstvorstellung des Patienten 2024 sowie CT-morphologische Darstellung der inhomogen vaskularisierten circa 28 mm x 17 mm x 10 mm großen Läsion am rechten Zungenrand als Korrelat des histologisch gesicherten Papilloms (b) Fotos: Universitätsmedizin Mainz CME AUF ZM-ONLINE Vom Papillom zum Karzinom – Folgen einer Therapieverzögerung Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. a b
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