Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

ZAHNMEDIZIN | 23 Wiederholte Probeexzisionen bestätigten erneut den Papillomnachweis ohne zelluläre Dysplasien oder Anhalt für Malignität. Aufgrund der klinischen Progredienz erfolgte nun die vollständige Exzision in Intubationsnarkose (Abbildung 4). Nach histopathologischer Aufarbeitung zeigte sich ein 5 cm großes, gut differenziertes, verruköses Plattenepithelkarzinom des rechten Zungenrandes. Da das papillomatös verbreiterte Epithel die Absetzungsränder erreichte, konnte histologisch nicht sicher zwischen Ausläufern des Karzinoms und der verrukösen Leukoplakie unterschieden werden. Dementsprechend wurde der Tumor als pT3 Rx klassifiziert und nach Komplettierung des Stagings gemäß der Empfehlung des interdisziplinären Tumorboards, die operative Tumortherapie im Sinne einer temporären Tracheotomie, Zungenteilresektion rechts, beidseitigen Neck Dissection sowie primären Rekonstruktion mit mikrovaskulärem Radialis-Transplantat durchgeführt. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Bei Vorliegen eines pT3 G1 N0 L0 V0 Pn0 R0 Plattenepithelkarzinoms wurde leitliniengerecht die Indikation zur adjuvanten Radiotherapie gestellt, worunter der Patient eine ausgeprägte Mukositis entwickelte. Zur Sicherung der Nahrungsaufnahme wurde deshalb eine PEG-Anlage notwendig. Die Strahlentherapie konnte regelgerecht abgeschlossen werden und der Patient befindet sich in regelmäßiger Tumornachsorge, ohne bisherigen Hinweis auf ein Rezidiv oder Metastasen. Das Radialis-Transplantat ist suffizient eingeheilt, die Sprech- und die Schluckfunktion sind weitgehend wiederhergestellt. Diskussion Dieser Fall mit einer zunächst als benigne imponierenden Raumforderung am Zungenrand verdeutlicht die diagnostischen und therapeutischen Herausforderungen im Umgang mit oralen Schleimhautveränderungen. Während Papillome als benigne Tumoren der Mundhöhle durch eine einfache Exzision suffizient behandelt werden können, sind Plattenepithelkarzinome die mit Abstand häufigste maligne Entität in dieser Region und gehen mit einer deutlich schlechteren Prognose einher [Capote-Moreno et al., 2020]. zm115 Nr. 20, 16.10.2025, (1669) Abb. 2: Präoperative klinische Darstellung der deutlich größenprogredienten, exophytischen Raumforderung des rechten Zungenrandes bei Wiedervorstellung nach einem Jahr Abb. 3: Präoperative radiologische Darstellung der Läsion am rechten Zungenrand in der koronaren T2-Wichtung (a) sowie in T1-Wichtung (b), bei der aufgrund von Auslöschungsartefakten nur eine teilweise Darstellung der Tumordicke von circa 10 mm möglich ist Fotos: Universitätsmedizin Mainz Dr. med. Daniel Stephan Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt/ Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Kämmerer PD Dr. med. Dr. med. dent. Sebastian Blatt, FEBOMFS Funktionsoberarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Blatt a b

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