Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

CHANCEN UND LIMITATIONEN NEUE ZM-SERIE „KI FÜR DIE ZAHNMEDIZIN“ Der 2019 innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) gegründete Arbeitskreis „Artificial Intelligence in Dental Medicine“ (AIDM) beschäftigt sich mit den Chancen und Limitationen von KI in der zahnärztlichen Praxis. In unserer neuen Serie „KI für die Zahnmedizin“ beleuchten Mitglieder des AIDM die neuesten Ergebnisse und Erkenntnisse. Foto: utaem2022 – stock.adobe.com zm115 Nr. 20, 16.10.2025, (1676) 30 | ZAHNMEDIZIN Datensatzes, der Modellarchitektur und dem Referenzstandard abhängig sind. Die meisten Systeme werden aktuell für die Aufgabe trainiert, eine oder mehrere klar definierte Mundschleimhautveränderungen zu detektieren. Im Unterschied zum Vorgehen der menschlichen Diagnostik, ist die Abgrenzung von Differenzialdiagnosen und deren Definition häufig noch nicht Teil der Aufgabe. Eine kürzlich veröffentlichte Studie, die diese Differenzialdiagnostik im Fokus hatte, demonstriert die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der verschiedenen Läsionen: Allgemeinzahnärzte erreichten bei der Einteilung der Läsionen in elf verschiedene Diagnoseklassen nur eine Genauigkeit von 41 Prozent, Spezialisten von 59 Prozent und die entwickelte KI von 62 Prozent [Schwärzler et al., 2025]. Was sind die offenen Fragen? „ Externe Validierung: Die meisten Studien zu KI in der Mundschleimhautdiagnostik sind retrospektiv und basieren sowohl für das Training als auch für die Validierung auf ausgewählten Bilddatensätzen. Prospektive Studien unter Alltagsbedingungen fehlen weitgehend. „ Bias und Standardisierung: Viele Studien haben ein hohes Risiko für systematische Verzerrungen. Unterschiedliche Referenzstandards (klinisch vs. histologisch) und geringe Transparenz bei der Datenerhebung erschweren die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. „ Integration in den klinischen Alltag: KI-Systeme sind aktuell noch nicht in den klinischen Alltag integriert. Diese Integration könnte zukünftig in einer Screening-App, als Telemedizinanwendung oder integriert in bildgebende Geräte verfügbar gemacht werden. „ Auswirkungen auf Patienten: Bisher ist noch nicht nachgewiesen, dass der Einsatz von KI-Systemen die Überlebensraten von Patienten mit Mundhöhlenkarzinomen verbessert beziehungsweise die Anzahl unnötiger Biopsien senkt. Ein durch den Innovationsfonds des G-BA gefördertes Projekt geht diesen Fragen allerdings zurzeit nach. Mehr Informationen dazu unter https:// innovationsfonds.g-ba.de/projekte/ versorgungsforschung/kids.535. Schlussfolgerungen Die Diagnostik von Mundschleimhautveränderungen stellt Zahnärztinnen und Zahnärzte vor erhebliche Herausforderungen. Während Spezialisten relativ hohe diagnostische Genauigkeiten erzielen, ist die Diagnosesicherheit in der Breite begrenzt. KI-Systeme haben in Studien hohe Genauigkeiten erreicht und könnten Zahnärzte bei der frühzeitigen Erkennung von Vorläuferläsionen und malignen Veränderungen unterstützen. Die bisherigen Ergebnisse sind überwiegend experimentell. Für eine klinische Implementierung sind prospektive, praxisnahe Studien erforderlich. Neben den diagnostischen Genauigkeiten sollten auch patientenrelevante Endpunkte wie Überlebensraten und die Lebensqualität erfasst werden. „ ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=