Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

62 | MEDIZIN NEWS STUDIE ZU PILZINFEKTIONEN IM MUND Candida albicans überlebt dank fein dosiertem Toxin Der Hefepilz Candida albicans gehört zum Mikrobiom des Menschen und bleibt meist harmlos. Unter bestimmten Bedingungen kann er jedoch von der runden Hefeform in fadenförmige Hyphen übergehen und Infektionen auslösen. Dann produziert er das Eiweiß Candidalysin, das Wirtszellen angreift. Ein Team aus Zürich, Jena und Paris hat nun gezeigt: Das Pilzgift wirkt nicht nur krankmachend, sondern entscheidet auch, dass Candida albicans dauerhaft in der Mundschleimhaut überleben kann. Allerdings nur in fein abgestimmter Dosis. „Der Hefepilz Candida albicans nutzt das Toxin wie einen Türöffner, um sich in der Schleimhaut zu verankern. Solange er es nur in kleinen Mengen bildet, bleibt er dabei unter dem Radar des Immunsystems und überlebt langfristig in der Mundhöhle", berichtet Prof. Bernhard Hube vom Leibniz-Institut. Verglichen wurden im Mausmodell zwei Stämme: Der aggressive Laborstamm SC5314 produziert große Mengen Candidalysin, was eine starke Immunantwort auslöst; der natürliche Stamm 101 nur geringe Mengen, so dass er unauffällig im Mund überlebt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Gen EED1, das die Hyphenbildung und damit indirekt die Toxinproduktion reguliert. Nur wenn Candida albicans das richtige Maß findet, kann der Pilz langfristig im Mund bestehen, ohne vom Immunsystem bekämpft zu werden. Für die Zahnmedizin ergibt sich daraus vor allem ein besseres Verständnis oraler Candida-Besiedelungen. Therapien gibt es aktuell noch nicht. Bei vaginalen Infektionen kann man Candidalysin aber bereits neutralisieren – und Gewebeschäden reduzieren. Fróis-Martins, R., Lagler, J., Schille, T.B. et al. Dynamic expression of candidalysin facilitates oral colonization of Candida albicans in mice. Nat Microbiol 10, 2472–2485 (2025). MUNDBAKTERIEN ERHÖHEN DAS KRANKHEITSRISIKO Herzinfarkt könnte auch eine Infektionskrankheit sein Eine internationale Studie zeigt erstmals, dass es sich beim Herzinfarkt möglicherweise um eine Infektionskrankheit handelt und dass in atherosklerotischen Plaques abgelagerte Viridans-Streptokokken das Erkrankungsrisiko erhöhen. Das Forschungsteam analysierte 121 Proben von plötzlich Verstorbenen sowie 96 Operationsproben von Patienten mit verengten Arterien. Mittels molekularbiologischer Verfahren, Gewebeanalysen und Genexpressionsmessungen ermittelten sie den Einfluss der Bakterien auf das Immunsystem. Dabei fanden die Forschenden heraus, dass atherosklerotische Plaques, die Cholesterin enthalten, bei koronaren Herzerkrankungen einen gelartigen, asymptomatischen Biofilm beherbergen können, der über Jahre oder sogar Jahrzehnte von Bakterien gebildet wird. In etwa 42 Prozent der untersuchten Proben wurde die DNA von Viridans-Streptokokken gefunden. Die ruhenden Bakterien im Biofilm können weder durch das Immunsystem des Patienten noch durch Antibiotika vernichtet werden, da diese die Biofilmmatrix nicht durchdringen können. Eine Virusinfektion oder ein anderer externer Auslöser kann den Biofilm aktivieren, was eine Vermehrung der Bakterien und eine Entzündungsreaktion zur Folge hat. Die Entzündung kann einen Riss in der fibrösen Kappe der Plaque verursachen, was schließlich zur Thrombusbildung und zum Myokardinfarkt führt. Bisher nahm man an, dass Ereignisse, die zu einer koronaren Herzkrankheit führen, nur durch oxidiertes Low-Density-Lipoprotein (LDL) ausgelöst werden, welches vom Körper als fremde Struktur erkannt wird. Die Ergebnisse wurden durch die Entwicklung eines Antikörpers gegen die entdeckten Bakterien bestätigt. Dieser deckte unerwarteterweise Biofilmstrukturen im Arteriengewebe auf. Bei Herzinfarkten wurden aus dem Biofilm freigesetzte Bakterien beobachtet. Das Immunsystem hatte auf diese Bakterien reagiert und eine Entzündung ausgelöst, die die cholesterinbeladene Plaque aufbrach. Diese Beobachtungen ebnen den Weg für die Entwicklung neuartiger Diagnose- und Therapiestrategien für Myokardinfarkte. Darüber hinaus erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit, koronare Herzkrankheiten und Myokardinfarkte durch Impfungen verhindern zu können. Die Studie wurde von den Universitäten Tampere und Oulu (Finnland), dem dortigen Institut für Gesundheit und Soziales und der Universität Oxford (Großbritannien) durchgeführt. Die Forschung ist Teil eines umfangreichen, von der EUfinanzierten Herz-Kreislauf-Forschungsprojekts. Pekka J. Karhunen et al., Viridans Streptococcal Biofilm Evades Immune Detection and Contributes to Inflammation and Rupture of Atherosclerotic Plaques}, Journal of the American Heart Association, volume 14, number 16, DOI: 10.1161/JAHA.125.041521, https://www.ahajournals.org/doi/abs/10.1161/ JAHA.125.041521 Ihre Lokalanästhesie macht Patienten zu Fans. QR-Code scannen und Servicepaket kostenlos bestellen.

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