70 | ZAHNMEDIZIN zm115 Nr. 20, 16.10.2025, (1716) WISSENSCHAFTLICHE STELLUNGNAHME VON DGPZM UND DGEZM Zucker, Zuckerersatz- und Zuckeraustauschstoffe in der Zahnmedizin Die Deutsche Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) und die D-A-CH Gesellschaft für Ernährungszahnmedizin e.V. (DGEZM) haben die Evidenz zu den gesundheitlichen Folgen des Konsums von Zucker und seinen Ersatzstoffen zusammengefasst und Empfehlungen formuliert. Jahrzehntelang standen die zahnärztlichen Ernährungsempfehlungen im Hinblick auf die Kariesprävention weitgehend fest: Der Konsum von Zucker sollte eingeschränkt werden – vermieden werden sollte insbesondere eine langanhaltende Zuckerexposition der Zahnoberflächen über den Tag hinweg durch ständiges Trinken zuckerhaltiger Getränke oder häufigen Konsum von Süßigkeiten und Snacks. Auch die Warnung vor dem süßen „Betthupferl“ nach dem abendlichen Zähneputzen fehlte in kaum einer Patienteninformation. Als Alternative wurde oft die Verwendung von Zuckerersatz- oder Zuckeraustauschstoffen empfohlen. Doch können nun im Lichte kritischer Studien Zuckerersatzstoffe noch uneingeschränkt als zahnfreundliche Alternative zum Zucker empfohlen werden? In einer wissenschaftlichen Stellungnahme haben die beiden Fachgesellschaften DGPZM und DGEZM die bisherige zahnmedizinische Sicht auf das Thema modifiziert. Danach werden Zuckerersatzstoffe als süße Zuckeralternative nicht mehr als Kernfokus präventiver Ernährungsempfehlungen betrachtet. In den Mittelpunkt gerückt wird stattdessen eine generationenübergreifende Ausrichtung der Ernährungsprävention, wonach die Prävention bereits im Kindesalter ansetzt. Die Fachgesellschaften empfehlen, Kinder „an einen natürlich süßen Geschmack in der Ernährung, möglichst ohne zugesetzte Zucker, von klein auf zu gewöhnen und den Gehalt an freien Zuckern in der Nahrung von jung bis alt zu begrenzen. Falls bereits eine Gewöhnung erfolgt ist, können Süß- und Zuckeraustauschstoffstoffe in geringen Mengen eine unterstützende Funktion bei der Kariesprävention haben“. Zuckerersatzstoffe sind bei Diäten keine Alternative mehr Zuckerersatzstoffe besitzen einen niedrigen glykämischen Index und beeinflussen den Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr kaum, was sie interessant für Diabetiker macht. Darüber hinaus können sie im Körper meist nicht energetisch nutzbar gemacht werden, weshalb sie auch als kalorienreduzierte Alternative zum Zucker eingesetzt werden. Wissenschaftliche Studien haben jedoch immer wieder Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit aufkommen lassen. Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2017 [Azad et al., 2017] kam zu dem Ergebnis, dass eine Reihe künstlicher Süßstoffe, darunter Cyclamat und Aspartam, zu erhöhten Risiken für Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Adipositas und kardiovaskulären Erkrankungen führen kann. Im Gegensatz zur allgemeinen Erwartung, mit kalorienreduzierten Süßstoffen besser abnehmen zu können, sahen die Forscher bei langanhaltendem Konsum eher das Risiko einer Gewichtszunahme. Diese Einschätzung wurde durch die im Mai 2023 publizierte WHO-Leitlinie zur Verwendung von Zuckerersatzstoffen (non-sugar sweeteners, NSS) bestätigt. Ebenfalls im Jahr 2017 veröffentlichte Untersuchungen aus der FraminghamHeart-Studie beschäftigten sich mit der Sicherheit von mit Süßstoffen versetzten Getränken. Danach „erkranken Menschen, die häufig zu künstlich gesüßten Diätgetränken greifen, später dreimal häufiger an Schlaganfall und Demenzen“, wie das Deutsche Ärzteblatt seinerzeit schrieb. Auch mögliche Zusammenhänge mit Alzheimer, Metabolischem Syndrom und TypStudien zufolge gibt es Zusammenhänge zwischen dem Gehalt von Zuckerersatzstoffen im Blut und schweren kardialen Ereignissen. Foto: n.tati.m – stock.adobe.com
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