78 | MEDIZIN MULTI-OMICS-ANALYSE EINER SUPERCENTENARIAN Wie wird man 117 Jahre alt? Als die Spanierin María Branyas Morera am 19. August 2024 starb, war sie mit 117 Jahren der älteste Mensch der Welt. Sie überstand die Spanische Grippe von 1918, den Spanischen Bürgerkrieg, beide Weltkriege und mit 113 Jahren eine Corona-Infektion. Wie hat sie das geschafft? Vom 17. Januar 2023 bis zum 19. August 2024 war Branyas Morera offiziell die älteste Person der Welt. Um die Geheimnisse ihrer außergewöhnlichen Langlebigkeit aufzudecken, beleuchtete ein Forscherteam ihre Proteomik, ihre Epigenetik, ihr Mikrobiom und ihren Lebensstil. Durch einen Vergleich ihrer Genomsequenzen mit denen von 75 anderen iberischen Frauen über verschiedene Altersgruppen hinweg wollte man herausfinden, was an ihrer Biologie so einzigartig war. Die Forschenden vom Institut d'Investigació contra la Leucèmia Josep Carreras in Barcelona untersuchten Blut-, Speichel-, Urin- und Stuhlproben, die Branyas im Alter von 116 Jahren und 74 Tagen der Wissenschaft zur Verfügung gestellt hatte. Wie diese sogenannte Multi-Omics-Analyse zeigt, hatte die Supercentenarian ein biologisches Alter von unter 90 Jahren, keine messbaren genetischen Risiken, ein gesundes Darmmikrobiom, ein funktionierendes Immunsystem, robuste Mitochondrien und vor allem außergewöhnliche Lipidwerte, die sie vermutlich vor arteriellen Verschlusskrankheiten und kardiovaskulären Erkrankungen wie auch vor einer Demenz geschützt haben. Die Forscher entdeckten auch hohe Konzentrationen von Actinobacteriota-Bakterien in Branyas Moreras Darm, einschließlich des bekannten probiotischen Bifidobacteriums. Das nimmt typischerweise mit dem Alter ab, ist aber bei Hundertjährigen und Superhundertjährigen erhöht, weshalb Experten annehmen, dass es mehrere Anti-Aging-Vorteile hat, zum Beispiel den Rückgang von Entzündungen. Die Telomere der Chromosomen waren bei ihr dem Alter entsprechend extrem verkürzt, was bisher von Fachleuten mit einer erhöhten Krankheitslast verbunden wird. Branyas Morera war jedoch bis ins hohe Alter gesund geblieben und eben auch nicht an einer Demenz erkrankt. „Sie hatte ein außergewöhnliches Genom, das reich an Varianten in Genen war, die bei anderen Spezies wie Hunden, Würmern und Fliegen mit einer verlängerten Lebensdauer in Verbindung gebracht werden“, bestätigte Studienleiter Manel Esteller. Branyas Morera zeigte keinerlei Anzeichen von Demenz und besaß zudem viele Genvarianten, die den Blutfettspiegel niedrig halten und so das Herz und die kognitiven Fähigkeiten schützen, erläuterte Esteller. „Gleichzeitig fehlten ihr Genvarianten, die mit dem Risiko zm115 Nr. 20, 16.10.2025, (1724) Fotos: Arxiu de la família Branyas Morera, Public domain, via Wikimedia Commons), unknown author via Wikimedia Commons María Branyas 1925 mit 18 Jahren und an ihrem 117. Geburtstag am 4. März im Seniorenwohnheim im katalanischen Olot.
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