ZAHNMEDIZIN | 27 in die Grundlagen der Notfallzahnmedizin. Während ihres Aufenthalts in der Praxis lernen sie, wie man zahnmedizinische Probleme diagnostiziert, Schmerzen lindert, Infektionen bekämpft und einfache zahnärztliche Eingriffe durchführt. Sie üben an Phantomköpfen das Exkavieren, das Legen von Füllungen und das Glätten von Füllungsrändern. Zudem assistieren sie bei invasiven Eingriffen, geben Infiltrations- und Leitungsanästhesien, führen AbszessInzisionen und Wundspülungen durch und entfernen Zahnstein. Auch fortgeschrittene Behandlungen wie Wurzelkanalbehandlungen und die Einlage von Medikamenten werden demonstriert und geübt. Da der Stationskoch in der Antarktis traditionell eine Rolle als Hilfssanitäter übernimmt, bekam auch er in der Zahnarztpraxis eine Schulung im Umgang mit zahnmedizinischen Notfällen. Diese Schulung umfasst grundlegende Maßnahmen bei akuten Schmerzen, Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Verletzungen sowie den Umgang mit Wunden und deren Versorgung. Während des aktuellen Einsatzes auf der Neumayer-Station III kam es zu einem unerwarteten medizinischen Ereignis: Die Stationsärztin selbst bekam starke Zahnschmerzen, die auf eine akute Entzündung der Pulpa hindeuteten. Die klinische Untersuchung ergab den Befund einer akuten irreversiblen Pulpitis an Zahn 16 – eine klassische Indikation für eine Wurzelkanalbehandlung. Angesichts der isolierten Lage der Station und des widrigen Wetters war eine sofortige Verlegung nicht möglich. Das medizinische Team stand vor der Herausforderung, die Patientin vor Ort zu behandeln. Das Video zeigt, wie man den Bohrer hält In dieser Situation erwies sich die Telezahnmedizin als immense Hilfe. Die Zahnarztpraxis Zahn Schiller bot ihre Expertise aus der Ferne an und unterstützte das medizinische Team auf der Neumayer-Station III bei der Diagnose und der Behandlung. Nach eingehender Beratung wurde beschlossen, zunächst eine antibiotische Therapie einzuleiten, um eine Ausbreitung der Entzündung zu verhindern. Parallel war geplant, den betroffenen Zahn durch eine Trepanation zu entlasten. Rasch wurde eine Video-Anleitung für eine Trepanation erstellt. Dafür wurde zunächst an einem extrahierten Weisheitszahn der Bereich der Trepanationsöffnung gekennzeichnet (Abbildung 2). Anschließend wurde ein Diamantbohrer in ein Winkelstück eingespannt, die Länge des Bohrers anhand eines Referenzstücks bestimmt und die Technik der Trepanation an dem extrahierten Weisheitszahn demonstriert. Der Film zeigt dann Schritt für Schritt, wie man den Bohrer hält, in den Zahn einführt und ins Pulpencavum gelangt, ohne die umliegenden Strukturen zu beschädigen. Die exakte Tiefe, bis zu der der Bohrer in den Zahn eingebracht werden muss, wurde gemessen und im Video dokumentiert. Dieses zm115 Nr. 21, 01.11.2025, (1777) Abb. 1: Dentaleinheit der Neumayer-Station III Foto: Alfred-Wegener-Institut Abb. 2: Einzeichnen der Trepanationsöffnung am extrahierten Zahn als Anleitung für den Stationskoch Abb. 3: Anzeigen der geplanten Trepanation durch den Stationskoch (Screenshot aus dem Videocall während der Behandlung) Abb. 4: Die Trepanation durch den Stationskoch (Screenshot aus dem Videocall während der Behandlung) Foto: Praxis Schiller
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