58 | GESELLSCHAFT MIT DEM DENTALMUSEUM DURCH 2025 – TEIL 19 Der doppelte Lécluse Man kann ja von jedem Exponat aus immer in verschiedene Richtungen abbiegen. Im Dentalmuseum bleibt der eine streng – im Fach – bei der Geschichte der Extraktionsinstrumente, vergleicht den Wurzelheber nach Lécluse mit dem von Barry oder dem von Cryer, oder auch mit dem gröberen Pelikan. Die andere will mehr wissen über die Zeit, taucht ein in die Kulturgeschichte, stöbert weiter, sucht nach der Vita des Erfinders und entdeckt eine schillernde Persönlichkeit des 18. Jahrhunderts. Stenogramm einer Recherche. Der Lécluse ist ein Wurzelheber, die Legende im Dentalmuseum verrät „Hebel nach Lécluse, 1754, Eisen, Bein“. Seine Erfindung markiert einen Fortschritt in der Geschichte der zahnärztlichen einarmigen Hebel, er brachte entscheidende Verbesserungen: feiner und schlanker, ergonomischer, schonender, indem er das Aushebeln statt des gewaltsamen Drehens ermöglichte. Und damit eben auch weniger invasiv, indem er half, schwere Verletzungen und Frakturen der Nachbarzähne zu reduzieren. Seine vergleichsweise funktionalere Form hat dann ja auch (verfeinert) bis zu den heutigen Elevatoren überdauert. Monsieur Lécluse, der Erfinder und Namensgeber – das war der französische Zahnarzt Louis de Tilloy (1711–1792), (mehrheitlich) Lécluse genannt. Die ersten Klicks spucken eine erstaunliche Vita aus: Zahnarzt von Stanislas I., dem Schwiegervater von Ludwig XIV., zahlreiche zahnmedizinische Veröffentlichungen, im Krieg unterwegs mit dem Grafen Moritz von Sachsen betreute er dessen Truppen, wo, wie Lécluse später selbst geschrieben haben soll, „mehr als 80.000 Münder durch meine Hände gingen“. Dazu sei er von dem Grafen als Schauspieler engagiert gewesen.!? Häh?What? Zahnarzt, Erfinder, Autor. Und Rezensent. Der Weg der Recherche führt weiter zu Pierre Baron, Doktor der Zahnmedizin (État) der Universität Paris V – Descartes und der Französischen Literatur der Sorbonne-Universität Paris (der doppelte Doktor wird noch wichtig!), dazu Präsident der Französischen GesellBESTOF DENTALES ERBE TEIL 19
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