472.851 Betten standen 2024 in deutschen Krankenhäusern POLITIK | 65 dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ zuschießen und die Bundesländer in den ersten vier Jahren der Umsetzung zusätzlich um eine Milliarde Euro jährlich (die ebenfalls aus dem Sondervermögen stammen) entlasten. Von 2026 bis 2029 zahlt der Bund folglich 3,5 Milliarden Euro und in den Jahren 2030 bis 2035 jeweils 2,5 Milliarden Euro in den Fonds ein. Vorhaltevergütung: Das KHVVG hatte sich zum Ziel gesetzt, mit dem System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) in den Krankenhäusern aufzuräumen. Es habe den Anreiz gesetzt, möglichst viele Behandlungen stationär durchzuführen, um den Standort lukrativ zu halten. Um diesem finanziellen Druck entgegenzuwirken, führte das KHVVG eine Vorhaltefinanzierung ein, wonach Kliniken 60 Prozent ihrer Betriebskosten über eine Pauschale erhalten. Das KHAG hält an der Vorhaltefinanzierung fest, verschiebt ihre Einführung aber um ein Jahr. Sie soll ihre volle Finanzwirksamkeit ab 2030 entfalten. Was sagen die Kassen ... Carola Reimann, Vorstandschefin des AOK-Bundesverbands, begrüßte, dass die „Hängepartie“ um die Finanzierung der Transformationskosten mit dem Kabinettsbeschluss zum KHAG beendet sei, insbesondere, dass der Bund dabei auf Steuermittel und nicht auf die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber zurückgreife. Die neu eingefügte Verpflichtung der Länder, bei der Zuweisung von Leistungsgruppen ohne Erfüllung der vorgegebenen Qualitätskriterien das Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen herzustellen, bezeichnete sie als Lichtblick. „Auf der anderen Seite ist mit dem vorliegenden Entwurf aber auch klar, dass es bei der Aufweichung wichtiger Qualitätsvorgaben für die Kliniken bleiben wird“, kritisierte Reimann. Das betont auch Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKVSpitzenverbandes: „Die Behandlungsqualität darf doch nicht davon abhängen, in welchem Bundesland jemand ins Krankenhaus kommt, genau das droht nun.“ Statt in ganz Deutschland verbindlich geltende Mindeststandards einzuführen – wie etwa je nach Leistungsgruppe die Mindestanzahl an Ärztinnen und Ärzten – könnten die Bundesländer Vorgaben relativ frei unterschreiten. Stoff-Ahnis: „Statt mehr Erfahrung und Routine, gerade bei komplizierten Operationen, bekämen wir wieder häufiger eine sogenannte Gelegenheitsversorgung.“ ... und was die Kliniken? Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt, dass das KHAG die Bedürfnisse der Bundesländer stärker berücksichtigt. Ablehnend steht die DKG aber der Vorhaltepauschale gegenüber: „Das Fundament der Vorhaltefinanzierung ist marode: Es bleibt weiterhin fallzahlabhängig, setzt falsche Anreize und ist mit einem übermäßigen bürokratischen Aufwand verbunden.“ zm115 Nr. 21, 01.11.2025, (1815) Wie reagiert die Opposition? „Statt für Qualität und Wirtschaftlichkeit sorgt das KHAG für Ausnahmen, Schlupflöcher und steigende Kosten“, beklagt der gesundheitspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Janosch Dahmen auf X. Er kritisiert insbesondere, dass Kliniken, „die zu wenige Fälle behandeln oder nicht die notwendige Ausstattung haben, können weiterlaufen – allein, weil sie politisch gewollt sind“. Die neuen Kooperationsregelungen bezeichnet Dahmen als „gefährlich“. Wenn kleine Häuser sich bei Personal und Ausstattung zusammentäten, ersetzte das keine echte Spezialisierung. Es entstehe dabei nur ein „Flickenteppich aus Kompromissen statt klarer Verantwortung und Qualität“. Was kritisieren Experten? Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der Berliner TU und ehemaliges Mitglied der Regierungskommission zur Krankenhausversorgung, sagte im Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Mit dem neuen Gesetz wird es vermutlich keine Reform im notwendigen Umfang geben. Es erlaubt den Ländern mehr Ausnahmen. (...) Nach dem Motto: Irgendwie ist jeder Klinikstandort wichtig und soll weiter vom Bundesland für „bedarfsnotwendig“ gehaltene Leistungen erbringen dürfen. Dann kann man es auch gleich sein lassen.“ Insbesondere plädiert Busse dafür, wo es möglich ist, weg von einer stationären und hin zu einer ambulanten Behandlung der Patientinnen und Patienten zu kommen. sth Anteile der einzelnen Leistungsbereiche an den GKV-Ausgaben im ersten Halbjahr 2025 Ärztliche Behandlung 16% Zahnärztliche Behandlung ohne Zahnersatz 5% Zahnersatz 1% Arzneimittel 17% Hilfsmittel 4% Heilmittel 4% Krankenhausbehandlung 33% Krankengeld 7% Fahrkosten 3% Vorsorge- und RehaMaßnahmen 1% Schutzimpfungen 1% Früherkennung 1% Schwangerschaft/ Mutterschaft 0% Medizinische Behandlungspflege 3% sonstige Leistungsausgaben 3% Quelle: Bundesgesundheitsministerium
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