36 | POLITIK Zahnärztliche Leistungen Für medizinisch notwendige zahnärztliche Versorgungen durch den NHS müssen sich die Patienten ebenfalls mit Pauschalbeiträgen an den Kosten beteiligen. Die Höhe hängt von der Behandlung ab. Von der Zuzahlungspflicht sind – genauso wie bei Arzneimitteln – bestimmte Personengruppen ausgenommen. Dazu gehören Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, Jugendliche unter 19 Jahren in einer Vollzeitausbildung, Menschen mit geringem Einkommen sowie Schwangere und Mütter bis zu zwölf Monate nach der Geburt eines Kindes. Hausarzt als „Gatekeeper“ Patientinnen und Patienten schreiben sich in das Register einer Hausärztin oder eines Hausarztes ein ein. Dieser General Practitioner (GP) ist damit die erste Anlaufstelle im Krankheitsfall und überweist sie weiter an Fachärzte. Auch zu Krankenhäusern haben Patienten – außer im Notfall – keinen direkten Zugang. ao zm115 Nr. 22, 16.11.2025, (1886) Zu 80% stammten die Mittel des NHS im Jahr 2022 aus Steuermitteln. INTERVIEW MIT EDDIE CROUCH VON DER BRITISH DENTAL ASSOCIATION „Verbesserungsbedarf besteht in erster Linie bei den Verträgen und den Finanzierungsvereinbarungen!“ Eddie Crouch ist Vorsitzender der British Dental Association (BDA). Warum die Zahnmedizin und damit die Zahnärztinnen und Zahnärzte im Vereinigten Königreich vor so großen Problemen stehen, erzählt er hier. Fest steht: „Die Herausforderungen für den Berufsstand sind weitreichend.“ Wie ist die Situation der Zahnmedizin im Vereinigten Königreich? Was läuft gut? Eddie Crouch: Die vier Länder des Vereinigten Königreiches (England, Schottland, Nordirland und Wales) haben ihre eigenen dezentralen Regierungen. Das bedeutet, dass jedes dieser Länder eine eigene Regierung hat, inklusive eines Gesundheitsministers, und dass die Systeme der zahnmedizinischen Versorgung im Rahmen des National Health Service (NHS) unterschiedlich und nicht direkt vergleichbar sind. Weil England das größte Land ist, ist die Information, die in Artikeln wie diesem veröffentlicht wird, oft England-lastig. Aber es ist wichtig zu wissen, dass England nicht gleichbedeutend mit dem Vereinigten Königreich ist, wenn es um nationale Gesundheitspolitik, -systeme und -regelungen geht. Zu beachten ist auch, dass das grundlegende Regulierungssystem für Zahnärzte zentralisiert ist. Es gibt eine unabhängige Regulierungsbehörde, den General Dental Council (GDC), der Standards für die Ausbildung festlegt sowie Zahnärzte und andere zahnmedizinische Berufsgruppen registriert. [Anm.d.R.: Die Registrierung entspricht der Approbation in Deutschland.] Der GDC kann auch Maßnahmen gegen Registrierte ergreifen, wenn deren Arbeitsfähigkeit so stark eingeschränkt ist, dass die Sicherheit der Patienten oder der Ruf des Berufsstands gefährdet ist. Die Mehrheit der niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte bietet sowohl Behandlungen im Rahmen des NHS als auch private Behandlungen an. Tatsächlich subventioniert der Verdienst der Zahnärzte aus privatärztlichen Behandlungen seit vielen Jahren das NHS-Angebot und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Private Kopfpauschalen-Programme haben die Prävention erfolgreich unterstützt, nicht nur die Patientenbehandlung selbst. Im privaten System können Praxen ihren Schwerpunkt auf kosmetische Behandlungen ausweiten, die über die Zahnmedizin hinaus nicht-chirurgische ästhetische Behandlungen wie Lippen-Injektionen oder Botox umfassen können. Prävention ist wichtig. Eine positive gesundheitspolitische Maßnahme ist, dass sich die Regierung in England verpflichtet hat, mehr als 23 Millionen Zahnbürsten und Zahnpastatuben auszuteilen, um den NHS zu unterstützen und Kinder vor Zahnerkrankungen zu schützen. Über zwei Millionen sind bisher verteilt worden. Dieses Projekt ist ein guter Schritt auf dem Weg zur Einführung besserer, längerfristiger Präventionsmaßnahmen. Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Es gibt viele Dinge, die wir hier aufzählen können. An erster Stelle stehen die Verträge, die die vier Regierungen für die zahnärztliche Versorgung im Rahmen des NHS abgeschlossen haben, sowie die entsprechenden Finanzierungsvereinbarungen. Es dürfte kaum überraschen, dass eine Zahnärztegewerkschaft dies sagt, aber sowohl die vorherige als auch die aktuelle Regierung sowie mehrere parlamentarische Ausschüsse habenöffentlich anerkannt, dass der derzeitige Vertrag, insbesondere in England, nicht zweckmäßig ist. Wir sind in Gesprächen mit der Regierung über kleine Verbesserungen auf kurze Sicht und umfassende Reformen auf längere Sicht. Aber wir warten schon lange darauf, dass sich etwas ändert – und müssen abwarten, ob frühere Versprechen eingehalten werden. In Schottland gab es in den vergangenen ein bis zwei Jahren einige Reformen. In Wales gibt es Vorschläge für einen neuen Vertrag ab April 2026, die al-
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