Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

ZAHNMEDIZIN | 45 unauffälligem zytologischem Befund und fehlender Symptomatik ist ein konservatives Vorgehen mit regelmäßiger klinischer Kontrolle gerechtfertigt, wobei ein Intervall von sechs Monaten ausreichend erscheint [van der Wahl, 2009; Kunkel et al., 2011]. Eine chirurgische Therapie ist in diesen Fällen in der Regel nicht erforderlich. Ebenfalls kann auf eine Biopsie verzichtet werden, wenn nach Ausschalten der Risikofaktoren ein Rückgang der Läsion erkennbar wird (Abbildungen 5 und 6) [Kunkel et al., 2011]. Inhomogene oder symptomatische Leukoplakien („Advanced“) Zeigen sich bei der Erstdiagnose bereits subjektive Symptome oder präsentiert sich das klinische Bild einer inhomogenen Leukoplakie, sollte nicht mit einer Biopsie gewartet werden. Studien haben gezeigt, dass ein Abwarten von mehr als vier Wochen einen signifikant negativen Effekt auf die Prognose haben kann [Allison et al., 1998; Kowalski und Carvalho, 2001]. Den Goldstandard bildet die vollschichtige Biopsie. Entscheidend hierbei ist die Durchführung einer gezielten Entnahme an den klinisch auffälligsten Arealen der Läsion. Laut Studienlage liegt das Risiko, ein orales Karzinom durch die Inzisionsbiopsie zu übersehen bei sieben bis zehn Prozent, weshalb stets eine Exzisionsbiopsie – sofern durchführbar – anzustreben ist [Kämmerer et al., 2017; Chiesa et al., 1986; Holmstrup et al., 2007]. Aufgrund der häufig komplexen anatomischen Verhältnisse oder sogar multilokulär auftretenden Befunde empfiehlt sich bei fortgeschrittenen Läsionen häufig eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit spezialisierten Einrichtungen wie der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie oder der Dermatologie. Die histopathologische Untersuchung dient der Beurteilung des Dysplasiegrades und ist essenziell für die weitere Therapieplanung. Während leichte bis mäßige Dysplasien zunächst einer engmaschigen klinischen Kontrolle von drei Monaten unterzogen werden können, sollte bei hochgradigen Dysplasien eine Exzision in toto durchgeführt werden [Kunkel et al., 2015]. Bei einer enoralen Exzisionsbiopsie wird unter örtlicher Betäubung eine auffällige Schleimhautveränderung in der Mundhöhle vollständig entfernt. Dabei erfolgt die Umschneidung der Läsion mit einem Sicherheitsabstand, meist mit einem Skalpell oder alternativ mit Elektrochirurgie oder Laser. Das entnommene Gewebe wird zur histologischen Untersuchung in Formalin fixiert und gegebenenfalls an den Schnitträndern markiert. Die entstandene Wunde wird in der Regel spannungsfrei vernäht, kleinere Defekte können auch offenheilen. Die Frage nach dem angemessenen klinischen Sicherheitsabstand bei der Exzisionsbiopsie ist bislang unzureichend beantwortet. Anzunehmen ist, dass in der Praxis häufig ein Abstand von wenigen Millimetern angestrebt wird, um unnötig große Resektionen zu vermeiden. Dabei ist es denkbar und mittlerweile belegt, dass nukleäre Atypien im Epithel weit über die optisch erkennbare Leukoplakie hinausreichen können. Dieses Phänomen könnte das Risiko für Lokalrezidive sowie einer Entstehung de novo erklären. Die beschriebenen Rezidivraten variieren erheblich und reichen von nahezu null bis 30 Prozent [van der Waal, 2009]. Ebenso essenziell ist eine ausführliche Aufklärung der Patienten über den Befund, das persönliche Risiko, mögliche lokale Therapieoptionen sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Mundhygiene. Unabhängig von der gewählten Therapie wird eine langfristige Nachsorge empfohlen, um ein mögliches Rezidiv oder eine maligne zm115 Nr. 22, 16.11.2025, (1895) Abb. 5: Leukoplakie der linken Wange bei einer starken Raucherin Fotos: Universitätsmedizin Mainz Abb. 6: Verlaufskontrolle nach drei Monaten – deutlicher Rückgang des Befunds nach Noxenkarenz CME AUF ZM-ONLINE Leukoplakie – ein praxisorientierter Leitfaden Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.

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