Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

zm STARTER / TITEL | 73 zm115 Nr. 22, 16.11.2025, (1923) unterschätzen ist! Nach etwa einem halben Jahr merkte ich, dass die Last für mich zu groß wurde und beschloss, einen zahnärztlichen Kollegen einzustellen. Dadurch reduzierte sich meine wöchentliche Behandlungszeit auf etwa 40 Stunden. Ein weiteres Jahr später stellte ich die nächste Kollegin ein. Kurz darauf bekamen meine Frau und ich Nachwuchs. Somit war die personelle Erweiterung genau richtig. Eine weitere große Herausforderung war dann die Umstellung der Praxisorganisation von analog auf digital. Sowohl deren Einrichtung als auch die Mitarbeiter zogen dabei nicht geschlossen mit. Es hat mich Kraft gekostet, alle mitzunehmen und zu motivieren. Auf fest eingefahrene Prozesse und die Argumentation „Wir haben das aber immer so gemacht“ war ich nicht gefasst. Eine Mitarbeiterin ging dann in Rente, eine andere woanders hin. Den Bereich der Mitarbeiterführung mit allem Drumherum habe ich unterschätzt. Ich denke, das geht wahrscheinlich nicht nur mir so. Wir lernen das nicht an der Uni. Da muss man sich selbst entwickeln und weiterbilden. Meine Empfehlung dafür ist ein Coaching im Vorfeld. Ab einer gewissen Praxisgröße ist eine Praxismanagerin unverzichtbar. Seitdem fühle ich mich spürbar entlastet. Inzwischen passt das Team gut zu mir und zur überarbeiteten Praxis. Wir haben das Eigenlabor weiterentwickelt, die Prophylaxe ausgeweitet und die Fläche auf 500 Quadratmeter erweitert, weil die Immobile das hergab. Nun gibt es sieben Behandlungszimmer und das Team kommt insgesamt auf 19 Personen inklusive der drei Zahntechniker. Wir sind also personell ordentlich gewachsen. Das bedeutet aber auch, dass ich mich um mehr Menschen kümmern muss – mit dem entsprechenden bürokratischen Aufwand, der Betreuung und der mentalen Herausforderung als Führungskraft. Mein Fazit: Rückblickend hätte ich gerne von Beginn an größer gedacht. Wenn wir jetzt weiter expandieren wollten, müssten wir umziehen. Insgesamt muss man einen langen Atem haben und versuchen, möglichst gelassen zu bleiben. Denn irgendwas geht immer schief bei der Selbstständigkeit. Das ist so. Für meine Kolleginnen und Kollegen wünsche ich mir, dass sie sich ehrlich mit anderen austauschen können. Nur wer authentisch antwortet, kann durch das Teilen seiner Erfahrungen helfen. Keiner von uns Gründern macht nur gute Erfahrungen. Dass alles rund läuft, wäre schlicht weg gelogen! LL DR. IVONNE LANGE „Kritik muss in beide Richtungen möglich sein“ Ich war mitten in meiner Assistenzzeit in einer großen Praxis, als ich merkte, dass ich gerne woanders arbeiten will. So wechselte ich in die Zahnarztpraxis eines Kollegen, zu dem meine Familie und ich selbst gehen. Er erzählte mir, dass er ans Aufhören denkt und eine Nachfolge sucht. Der Zeitpunkt war mir eigentlich noch früh. Ich beendete zunächst meine Assistenzzeit und lernte dabei das Team und die Praxis noch besser kennen. Das war für mich auch ausschlaggebend, um die Übernahme überhaupt zu wagen. Es gab mir ein sicheres Gefühl. Eine mir unbekannte Praxis hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht übernommen. Nach einem Monat Renovierungsarbeiten wurde ich zum 1. Januar 2023 die neue Chefin – zum Teil auch von Mitarbeiterinnen, die mich selbst schon als junge Patientin betreut hatten. Das ist eine besondere Konstellation. Fünf der sieben Mitarbeiterinnen sind geblieben, mit den anderen hat es nicht gepasst. Drei von ihnen sind heute noch da. Zwei davon waren bereits lange in der Praxis tätig. Eine von ihnen beförderte ich zügig zur Praxismanagerin. Damit erhielt sie den offiziellen Titel, der ihrer Tätigkeit entsprach. Diese Wertschätzung hat ihr gutgetan und dabei geholfen, klare Strukturen zu schaffen. Heute entlastet sie mich im zentralen Praxisalltag. Wir mussten uns aber auch erst einspielen. Da hat es schon manchmal geknallt. Einmal kam die Praxismanagerin mit sehr ehrlichem Feedback auf mich zu. Das war im Endeffekt zwar hart, aber auch sehr nützlich. Kritik muss schließlich in beide Richtungen möglich sein. Ich habe in dem Moment viel über mich und meine Führungsqualitäten gelernt. Dabei sind Geduld und Priorisierung mit das Wichtigste. Harmonie zählt für mich ebenfalls Zahnarztpraxis Dr. Lange, Neu Wulmstorf bei Hamburg Foto: Ivonne Lange

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=