74 | zm STARTER / TITEL sehr. Doch es passt nicht mit jedem. Zu dieser Erkenntnis muss man kommen und sich gegebenenfalls auch wieder trennen. Wir müssen zwar keine Freundinnen sein, aber da man so viel Zeit miteinander verbringt, muss es sowohl fachlich als auch menschlich passen. Leider ist es hier außerhalb von Hamburg sehr schwierig, Leute zu finden, und es kostet viel Zeit. Ein großer Schreck ereilte mich direkt zur Eröffnung: Ich hatte in neue Behandlungseinheiten investiert. Zeitgleich hat der Elektriker die Leitungen erneuert und dabei leider eine Verknüpfung falsch gesteckt. Als wir die Einheit am Freitag vor der geplanten Eröffnung in Betrieb nehmen wollten, hörten wir nur ein leises Puffen und sahen eine Rauchwolke aus dem Gerät aufsteigen. Wie im Film! Die falsch verbaute Elektrik verursachte einen Versicherungsfall in Höhe von 150.000 Euro, da die neuen Einheiten schweren Schaden genommen hatten. Es hat fünf Monate gedauert, bis der Betrieb nach dem Schadenfall wieder vollständig aufgenommen werden konnte. Das hat wahnsinnig viele Ressourcen gekostet – mental wie finanziell. Ich hatte so viel investiert und noch nicht einmal mit der Arbeit begonnen. Am Montag eröffneten wir trotzdem – mit nur einer Einheit und provisorischer Beleuchtung. Ich behandelte erst einmal nur Notfälle. Ich dachte die ganze Zeit: Wie soll ich das alles schaffen? Zwar hatte ich Unterstützung, aber ich war die einzige Zahnärztin in der Praxis. In meinem Freundeskreis ist niemand selbstständig. Auch ohne diesen Vorfall habe ich die Arbeitslast unterschätzt. Ganz zu schweigen von der umfangreichen zm115 Nr. 22, 16.11.2025, (1924) DAS SAGT DER PRAXISBERATER ZUM SCHADENSFALL Solch ein Fall lässt sich nicht vorhersehen. Hier heißt es, schnell zu reagieren und Schadensbegrenzung zu betreiben. Wichtig ist, den Versicherungsschutz zum Stichtag der Übernahme an die neue Situation in der Praxis anzupassen. Diese Vorkehrungen können bereits im Vorfeld getroffen werden. Insbesondere bei Umbauten vor Praxiseröffnung sollte ein entsprechender Versicherungsschutz bestehen. Somit ist der wirtschaftliche Schaden abgesichert. Mental und organisatorisch ist das eine zusätzliche Belastung, besonders am Anfang einer Gründung wie bei Dr. Lange. In dieser Situation ist es hilfreich, verlässliche Partner zu haben, die sich kümmern. Praxisberater Robert Döringer, Bollwerk, Hamburg DAS RÄT DIE PERSONALEXPERTIN Wie gelingt es, neue Mitarbeiter zu finden? Grundsätzlich kann man nach wie vor Social Media nutzen, gegebenenfalls auch mit Unterstützung einer professionellen Agentur. Allerdings reicht das allein nicht immer aus, da diese Strategie von vielen Praxen genutzt wird. Ich mache aktuell gute Erfahrungen mit den kostenfreien Plattformen Indeed und dem Portal der Kammer. Das liegt möglicherweise daran, dass es fast schon antizyklisch ist, dort zu inserieren. Wie baut man ein stabiles Team auf? Es braucht eine klare Struktur in Form einer Übersicht zu allem, was gelernt werden soll – wie etwa eine Onboarding-Checkliste – sowie eine klare Zuständigkeit, denn zu viele Köche verderben den Brei und kosten Zeit. Einen Teil der Zeit, vor allem im Nachfassen, kann man einsparen, indem man Videos der wichtigsten, zeitaufwändigsten und fehleranfälligsten Prozesse erstellt. Zum Aufbau eines stabilen Teams arbeite ich im Coaching mit der Struktur von Prof. Dr. Wolfgang Jenewein. Sein Buch „High-Performance-Teams: Die fünf Erfolgsprinzipien für Führung und Zusammenarbeit“ kann ich jedem empfehlen. Wie können bestehende Mitarbeiter in die neue Philosophie integriert werden? Vorweg: Es gelingt nicht immer, aber einen motivierten Versuch ist es wert. Die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung sind bei ZFAs stark auf der Beziehungsebene geprägt. Die Identifikation mit der Chefin oder dem Chef ist sehr relevant. Das lässt sich aber nicht immer auf die „Nachfolge“ übertragen. Diese Philosophie arbeite ich mit meinen Kunden glasklar heraus. Wir stellen sie dem Team vor, schaffen Raum für Beteiligung und die Aufnahme weiterer Impulse und begleiten diese Vision ins Leben. Dazu folgt ein Workshop, der sehr einfach strukturiert ist und auch ohne Begleitung umgesetzt werden kann. Das Team teilt sich in die Funktionsbereiche (Anmeldung, Behandlung, Prophylaxe, Labor etc.) auf und beantwortet zwei Leitfragen: n 1. Wie stark lebt die Philosophie auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 10 (vollständig)? n 2. Was können wir (in unserem Bereich) tun/lassen/ anders machen, um unsere Philosophie noch mehr auszustrahlen? Die Ergebnisse werden zusammengetragen und daraus ergeben sich zwei Kategorien von Potenzialen: generelle Entscheidungen und Konzeption sowie persönliche Leitsätze, die dann als verbindlich deklariert werden. Wilma Mildner, Mildner Consulting, Bretten
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