Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 107, Nr. 18, 16.9.2017, (2085) kann, wird Dentin aber weder umgebaut noch ersetzt, wenn es einmal verloren- gegangen ist [81]. Tertiärdentinbildung Pulpairritationen durch Eindringen von Bak- terien beziehungsweise Bakterientoxinen in das Dentin, Kavitätenpräparation und Füllungstherapie können den biologischen Effekt der Hartgewebeneubildung in der Pulpa beeinflussen. Sobald das Dentin durch zum Beispiel Karies oder Präparation freigelegt wird, werden die Dentintubuli eröffnet und somit die Odontoblasten ver- letzt oder sogar zerstört. Sind diese Pulpa- irritationen von moderater Intensität, füh- ren sie zu einer kurzzeitigen Entzündung, die abklingt, wenn die Irritation (wie Karies) entfernt wird. Danach wird Tertiärdentin in dem betroffenen Bereich der Pulpa gebildet [81, 91]. Das heißt als Resultat eines leichten Traumas des Pulpagewebes werden die nicht zerstörten, primären Odontoblasten dazu stimuliert, neues Dentin zu bilden [91]. Dieses Tertiärdentin wird daher auch als Reaktionsdentin bezeichnet und definiert als Dentin, dessen Matrix als Antwort auf einen adäquaten Stimulus von primären post- mitotischen Odontoblasten sezerniert wird [59, 90, 91]. Der primäre, postmitotische Odontoblast bildet also primäres und sekundäres Dentin sowie Reaktionsdentin [91]. Das Reaktionsdentin liegt direkt dem Sekundärdentin an; zwischen Sekundär- und Tertiärdentin verläuft histologisch sichtbar eine dunkle Linie [81]. Dass das Reaktionsdentin von denselben Odonto- blasten gebildet wird, wie das Primär- und das Sekundärdentin, ist histologisch dadurch sichtbar, dass sich die Dentintubuli vom Reaktionsdentin ununterbrochen durch das Sekundär- bis in das Primärdentin fortsetzen [81, 91]. Die Odontoblasten, die an das Reaktionsdentin grenzen, sind allerdings nicht mehr typisch kubuidal, sondern abge- flacht, mit reduziertem Zytoplasma und kleinem Zellkern [81]. Durch die Verletzung des Dentins und der Odontoblastenfortsätze kommt es zu einem Herauslösen beziehungsweise Freisetzen von Wachstumsfaktoren, was wiederum zu einer Hochregulation der Odontoblasten- aktivität führt [88, 91]. Die Steuerung der Odontoblastenaktivität erfolgt vermutlich durch eine Reihe von Gewebefaktoren be- ziehungsweise Signalmolekülen, vor allem aus der TGF- ȕ -Familie (Transforming Growth Factor) [36, 37]. TGF- ȕ 1 wird nach Gewebe- verletzung aus dem Dentin freigesetzt, da es sich in der Dentinmatrix findet, aber auch von Odontoblasten sezerniert werden kann [91]. Auch von Karies-verursachenden Bak- terien sezernierte Säuren führen zur Frei- setzung von Wachstumsfaktoren aus dem Dentin [89]. Gewebefaktoren werden zu- dem durch verschiedene Spüllösungen, wie EDTA (Ethylendiamintetraacetat), NaOCl (Natriumhypochlorit) oder Zitronensäure aus dem Dentin herausgelöst [91]. Zudem führt die Applikation von Calciumhydroxid oder Calciumsilikatzementen (wie MTA Abbildung 1: Reparaturdentinbildung 70 d nach direkter Überkappung mit Mineral Trioxide Aggre- gate (ProRoot MTA; Maillefer Dentsply, Ballaigues, Schweiz) an einem Oberkiefer- molaren einer Ratte (D = Dentin, F = Kom- positfüllung, MTA = Mineral Trioxide Aggre- gate, P = Pulpa, RD = Reparaturdentin; Originalvergrößerung 160×, Markierung = 100 μm, Toluidin-Blau- Färbung)

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