Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 107, Nr. 19, 1.10.2017, (2164) Laut Memorandum gibt es im deutschen Gesundheitswesen zwei Parallel- welten: die Welt der akademischen Medizin und die Welt der Heilpraktiker. Während die akademische Medizin nach Evidenzbasie- rung und begründetem Fortschritt strebe, seien Heilpraktiker in der bis heute wissen- schaftlich unterlegten Gedankenwelt der Samuel Hahnemanns verankert. Dabei geht es nicht nur um Heilpraktiker, sondern auch um Ärzte und Zahnärzte, die Komplementäre und Alternative Medizin- Verfahren anbieten. Während Ärzte nicht als Heilpraktiker firmieren dürfen, ist dies für Zahnärzte, Psychologen oder Physio- therapeuten möglich. Diese können ihre Befugnisse durch eine Zusatzzulassung als Heilpraktiker ausweiten. Den Münsteraner Experten ist es ein Dorn im Auge, dass Heil- praktiker-Zahnärzte – ebenso wie Heil- praktiker-Physiotherapeuten – grundsätzlich auch Nieren- und Herzprobleme behandeln dürfen. Sie schlagen daher vier Optionen vor, um „das Missverhältnis von Qualität und Befug- nis der Heilpraktiker“ zu korrigieren – diese reichen von der Einschränkung ärztlicher Tätigkeiten über die Unterwerfung an ärzt- liche Weisungen und die Abschaffung des staatlichen geschützten Berufs des Heilprak- tikers bis hin zu einem staatlich geprüften Fach-Heilpraktiker. Anschließend folgte ein Interview mit Dr. Hans-Werner Bertelsen, Mitglied der Expertengruppe„Münsteraner Kreis“. Darin äußerte er sich zu den Gefahren, die seiner Ein Artikel – viele Reaktionen. Die Zuschriften unserer Leser finden Sie auf den folgenden Seiten. Die Debatte – und wie es dazu kam „Wir wollten den gegenwärtigen Irrsinn nicht nicht länger hinnehmen!“, beginnt der Artikel, der anschließend für einen gut gefüllten Redaktions-Briefkasten sorgte. Der Beitrag, erschienen in den zm 17/2017, befasst sich mit den Forderungen des „Münsteraner Memorandum Heilpraktiker“ – einem Expertenkreis um die Münsteraner Professorin für Medizinethik, Bettina Schöne-Seifert, der dem „bestehenden Wildwuchs im Heilpraktikerwesen“ ein Ende setzen will. Hier eine Zusammenfassung. 10 Leserforum: Zahnärzte als Heilpraktiker Als wir den Artikel zum Münsteraner Memorandum in den zm 17/2017 ver- öffentlichten, war uns bewusst, dass wir damit unterschiedliche und in Teilen auch emotionale Reaktionen auslösen werden. Allerdings haben uns die teils heftigen Leserreaktionen samt drasti- scher Formulierungen überrascht. Und es gehen nach wie vor noch Leserbriefe zu diesem Thema ein. Bereits die bloße Anzahl an Zuschriften zeigt, dass Sie das Thema bewegt, hier und da sogar getroffen hat. Dennoch möchte ich mich für eine sachlich geführte Debatte aus- sprechen. Wie die folgenden Leserbriefe zeigen, fühlt sich manch ein Leser von Herrn Dr. Hans-Werner Bertelsen per- sönlich angegangen. Und auch die zm musste sich den Vorwurf der Polemik gefallen lassen. Dazu sei gesagt: Dass die zm über das Münsteraner Memo- randum und die darin formulierten Forderungen angemessen und sachlich berichtet, ist eine Notwendigkeit. Dass Herr Dr. Bertelsen, als Mitglied des Münsteraner Kreises, in einem Interview dazu sehr deutliche – auch emotionale – Worte findet, um die Forderungen aus seiner Sicht zu unterstreichen, negiert das nicht. Aus meiner Sicht darf in dieser Debatte deshalb nicht aus den Augen verloren werden, dass das Münsteraner Memorandum nicht die Einzelmeinung von Herrn Dr. Bertelsen – der als einziger Zahnarzt in diesem Kreis natürlich als erster im Interview zu Worte kam – darstellt, sondern eine von 15 Wissenschaftlern getragene und konsentierte Forderung eines Expertenkreises ist. Ri ANMERKUNG DER REDAKTION Meinung nach bestehen, wenn Zahnärzte als Heilpraktiker arbeiten: „Aus eigener – auch leidvoller – Erfahrung weiß ich, dass Heil- praktiker-Zahnärzte esoterische Erklärungs- modelle für banale odontogene Entzündun- gen angeben, um mithilfe von induzierten irrationalen Ängsten ‘Leistungen‘ zu ver- kaufen.“ Für Bertelsen ist die Sache klar: „In Anbetracht der aktuellen Erkenntnislage kann es nach meinem Dafürhalten nur eine Konsequenz für Add-on-Zahnärzte geben: Entweder sie bleiben auf dem esoterischen Acker [...] oder sie kehren zurück in den von ihnen studierten und examinierten Bereich logischer Plausibilität.“

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