Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 107, Nr. 19, 1.10.2017, (2181) Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Spal- tung Deutschlands strebte man im Osten ein rein staatliches Gesundheitswesen an. Für frei praktizierende Ärzte gab es keinen Platz mehr. Die Rahmenbedingungen wurden für Freiberufler systematisch verschlechtert. Als Halbwüchsiger und junger Mann und Sohn eines in freier Praxis tätigen Zahn- arztes höre ich heute noch die vom Vater immer wieder beklagte Benachteiligung des Freiberuflers gegenüber Staatspraxen. Damals wusste ich noch nicht viel damit anzufangen. Ärztekammern und Kassenzahnärztliche Vereinigungen wurden aufgelöst. Die am- bulante ärztliche Versorgung sollte nur noch in Polikliniken und Ambulatorien erfolgen. Über die daraus entstehende Entwicklung sprechen die bekannten Zahlen Bände: 1955 waren noch 42 Prozent der Ärzte und Zahnärzte frei praktizierend, 1989 waren es weniger als 2 Prozent. Mit dem Einigungsvertragsgesetz vom 31. August 1990 kam auch hier die Wende. Der freiberufliche Arzt wurde auch für das Gebiet der ehemaligen DDR in den Mittel- punkt der ambulanten Versorgung gestellt. Im Einigungsvertrag steht in aller Deutlich- keit: „Die Niederlassung in freier Praxis mit dem Ziel zu fördern, dass der freiberuflich tätige Arzt maßgeblicher Träger der ambu- lanten Versorgung wird. Der Anteil der in Absatz 2 genannten Einrichtungen ist ent- sprechend zu verringern.“ Mit Einrichtungen sind unter anderem Polikliniken und Ambu- latorien gemeint. Das war der Startschuss auch für die Wiedervereinigung der Zahnärzteschaft auf freiberuflicher Grundlage. Kammern und Kassen- zahnärztliche Vereinigun- gen im Westen übernah- men Patenschaften bei der Gründung von Kammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen im Osten, sowie die Unterstützung Tausender Kolleginnen und Kollegen, die mit Engagement und voller Zuversicht in die freiberufliche Praxis strömten. Für viele war es – vor allem altersbedingt – ein wirt- schaftliches Risiko. Bei allen Hilfestellungen die wir gaben, konnten wir aus dem Westen nicht ver- schweigen, dass der Berufsalltag des Frei- beruflers in der alten Bundesrepublik wesentlich durch Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Vorschriften und staatliche Auf- lagen bestimmt wird. Als eindrucksvolles praktisches Beispiel konnte dabei angeführt werden, dass die Vergütung in den neuen Bundesländern nur 45 Pro- zent des gültigen West- punktwerts ausmachen sollte. Selbst nach fast 30 Jahren ist eine vollständige Angleichung immer noch nicht erfolgt. Trotz aller Probleme ist aber die Wiedervereinigung des Dr. Karl Horst Schirbort „Als wenn die DDR Pate gestanden hätte“ Foto: ZKN Wie ist es heute? Schirbort beschreibt, wie der Eini- gungsvertrag die Strukturen der (zahn-) ärztlichen Versorgung durcheinander- wirbelte und warum sich mit der inzwischen privilegierten Stellung der MVZ der Kreis zu schließen droht. Wiedervereinigung Fotos: picture alliance_dpa 27

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