Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 107, Nr. 19, 1.10.2017, (2246) Der Patient hatte sich infolge des Sturzes folgende Verletzungen zugezogen: distale Femurschaft- und Femurhalsfraktur rechts, Patellafraktur rechts, Steißbeinfraktur, Me- diastinalemphysem, Belüftungsstörung der Lunge, ausgedehnte Weichteilverletzungen im Gesichtsbereich, Zahnluxationen, -avul- sionen und -frakturen, komplexe Frakturen im Mittelgesicht, Trümmerfrakturen insbe- sondere der Kinnregion und der Kiefer- gelenke beidseits mit Luxationen im Kiefer- gelenk beidseits sowie eine Fraktur der Fossa articularis links. In der Folge entwickelte sich binnen fünf Monaten eine absolute Mundöffnungs- behinderung. Die SKD betrug null Milli- meter. Passend zur klinischen Symptomatik zeigten sich radiologisch die Zeichen einer knöchernen Ankylose der Kiefergelenke beidseits Typ III nach Sawhney [1986] (Abbildung 1a bis 1d). Vorgeschlagen wurde dem Patienten der totale Gelenkersatz beidseits – mit auf Basis der CT-Daten individuell erstellten Fossa-Kom- ponenten aus einem speziellen Kunststoff (Ultra High Molecular Weight Polyethylene) und individuellen Gelenkkopfprothesen aus einer titanbeschichteten Chrom-Kobalt-Le- gierung (Biomet Microfixation Inc., Vertrieb Zimmer Biomet Deutschland GmbH). Der Patient und seine Angehörigen wurden in intensiven Gesprächen über die Vorteile und Risiken des Eingriffs aufgeklärt. Nach Akzeptanz des Behandlungsplans wurden die TEPs (Totalendoprothesen) beidseits über jeweils einen präaurikulären und einen retromandibulären Zugang im- plantiert. Diese Prothesen wurden mit Schrauben – mit exakt am CT-Datensatz definierten Schraubenlängen – fixiert. Bei der Planung der Schraubenpositionierung wurde der Verlauf des N. alveolaris inferior berücksichtigt und der Nerv geschont. Vor der definitiven Fixierung der Prothesen wurden Dummys als Test eingesetzt, um eine optimale Positionierung der pass- genauen finalen Prothesen zu erreichen (Abbildung 2 bis 9). Abbildung 10a und 10b zeigen die postoperative Röntgenkontrolle. Aus der MKG-Chirurgie Beidseitige Ankylose der Kiefergelenke Berthold H. Hell, Coordt Alexander Büddicker, Philipp Kley Nach einem Sturz aus vier Metern Höhe konnte ein 22-jähriger Mann seinen Mund nicht mehr öffnen. Durch die Behandlung mittels individuell gefertigter totaler Kiefergelenkprothesen und nachfolgender intensiver Physiotherapie wurde die Mundöffnung schließlich wiederhergestellt. Fotos: Hell et al Abbildung 1a: OPG drei Monate posttraumatisch: Zustand nach Primärversorgung eines polytraumatisierten Patienten, Osteosynthesematerialien in situ, völlig diffuse Sklerosierungen der Kiefergelenkregion beidseits 92 Zahnmedizin

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