Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 108, Nr. 01-02, 16.1.2018, (22) Welche Neuerungen bringt das refor- mierte Mutterschutzgesetz? Fachzahnärztin Sabine Steding : Obwohl das neue Mutterschutzgesetz (MuSchG) für Zahnarztpraxen keine großen Änderungen im Umgang mit schwangeren Mitarbeite- rinnen mit sich bringt, müssen Praxis- inhaber einige Neuerungen beachten: Jeder Arbeitsplatz muss künftig im Rahmen einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 Arbeitsschutzgesetz daraufhin überprüft werden, ob potenzielle Gefähr- dungen für schwangere oder stillende Mitarbeiterinnen bestehen und ob diese durch geeignete Schutzmaßnahmen ausge- schlossen werden können – unabhängig davon, ob der Arbeitsplatz aktuell von einer Frau besetzt ist. Wie muss man konkret vorgehen, wenn diese Schutzmaßnahmen erfor- derlich werden? Erforderlich werdende Schutzmaßnahmen müssen im Rahmen einer Dokumentation in der Gefährdungsbeurteilung festgehalten werden. Wird im Tätigkeitsbereich einer schwangeren oder stillenden Frau eine „un- verantwortbare Gefährdung“ festgestellt, muss der Praxisinhaber die erforderlichen Schutzmaßnahmen treffen. Diese Neuregelung mit dem Maßstab der unverantwortbaren Gefährdung bedeutet für Zahnarztpraxen aber keine wesentliche Änderung dessen, was bisher bereits gilt. Der Arbeitsplatz einer angestellten Zahn- ärztin oder einer ZFA, die in der Stuhl- assistenz eingesetzt wird, kann im Hinblick auf Verletzungs- und Infektionsrisiken nicht ohne unverantwortbare Gefährdung ausge- staltet werden. Was schreibt das Gesetz noch vor? Weitere Neuregelungen betreffen die Mit- teilungspflichten des Arbeitgebers, die Ver- längerung der Schutzfrist nach der Geburt eines behinderten Kindes sowie die Auswei- tung des Kündigungsschutzes für werdende Mütter. Schließlich wird der Anwendungs- bereich des MuSchG ausdrücklich auch auf Frauen in betrieblicher Berufsbildung und Praktikantinnen erstreckt. Dies betrifft in der Zahnarztpraxis insbesondere die ZFA-Azubis. Der Anwendungsbereich des MuSchG gilt übrigens ausdrücklich auch für Studentinnen der Zahnmedizin. Ist das Gesetz mit Blick auf das Still- Beschäftigungsverbot eine echte Hilfe ? Nein, aus meiner Sicht nicht, zumal wäh- rend der Stillzeit ein Berufsverbot für ange- stellte Zahnärztinnen unumgänglich ist. Die Stillzeit ist derzeit gesetzlich nicht zeitlich beschränkt, das ist für Praxen ein materielles und organisatorisches Problem. Der Gesetz- geber muss hier wie bei der Kindergeld- regelung eine zeitliche Begrenzung des Aufwendungsausgleichs einziehen. Welche Kosten kann sich der Arbeit- geber zurückholen? Liegt ein Beschäftigungsverbot vor, muss der Arbeitgeber trotz Freistellung weiterhin das Arbeitsentgelt zahlen. Der Mutter- schutzlohn bemisst sich am Durchschnitts- verdienst der letzten 13 Wochen oder drei Monate der Beschäftigung vor Eintritt der Schwangerschaft. Nach dem Aufwendungs- ausgleichsgesetz (AAG) kann der Arbeitgeber einen Antrag bei der gesetzlichen Kranken- kasse der Mitarbeiterin auf Erstattung der Entgeltfortzahlung stellen (U2 Umlage- verfahren). Bei Mitarbeiterinnen, die privat krankenversichert sind, kann dieser Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden, zu der die Renten- und Arbeitslosenversicherungs- beiträge abgeführt werden. Der Arbeit- geber kann sich das gezahlte Arbeitsentgelt sowie die Arbeitgeberanteile zur Sozial- versicherung erstatten lassen. Bis wann muss der Mutterschutzlohn gezahlt werden? Bis zum Beginn der sechswöchigen Schutz- frist vor der errechneten Entbindung. Das U2- Umlageverfahren gilt auch für den Arbeit- geberzuschuss zumMutterschaftsgeld. Durch die Neuerung des MuSchG ändert sich also nichts am beschriebenen U2-Umlageverfah- ren. Zu unterscheiden ist der Mutterschutz- lohn aber von der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Wird die schwangere Mit- arbeiterin durch ihren behandelnden Arzt arbeitsunfähig krankgeschrieben, erhält sie nur für sechs Wochen eine Lohnfortzahlung. Um bestehende Rechtsunsicherheiten hin- sichtlich des Stillverbots zu beseitigen, for- dert die BZÄK dringend, in die Beratungen des „Mutterschutzausschusses“ des Familien- ministierums eingebunden zu werden. ? ? ? ? ? ? Reformiertes Mutterschutzgesetz Neue Regelungen für angestellte Zahnärztinnen Zum 1. Januar 2018 greift das reformierte Mutterschutzgesetz, das auch für Zahnärztinnen Neuerungen mit sich bringt. Was genau auf die Praxen zukommt, weiß Sabine Steding, Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Hannover. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des BZÄK-Ausschusses „Beruflicher Nachwuchs, Familie und Praxismanagement“. Eines vorweg: Die Regelungen gelten nur für angestellte, nicht für selbstständig tätige Zahnärztinnen. Fachzahnärztin Sabine Steding ist stellver- tretende Vorsitzende des BZÄK-Ausschusses „Beruflicher Nachwuchs, Familie und Praxis- management“. Foto: BDK/Lopata 22 Politik

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