Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 108, Nr. 01-02, 16.1.2018, (83) und somit nicht immer in alle prothetischen Planungsschritte und die dem chirurgischen Eingriff folgenden prothetischen Maßnahmen involviert.“ Er plädiere daher für eine intensive Kommunikation zwischen Prothetiker und Implantologe schon weit im Vorfeld der ge- planten OP. Denn nur bei einer umfassenden Planung und Begutachtung beider Kollegen habe die Behandlung Aussicht auf Erfolg. Der Chirurg solle selber auch über ein profundes prothetisches Verständnis und Wissen ver- fügen, damit er für den Prothetik-Kollegen entsprechend „vorarbeiten“ könne. Dr. Frederic Hermann aus Zug in der Schweiz stellte die Frage, inwieweit die peri- implantäre Gewebestabilität vom Zeitpunkt der Implantation abhängt. Er erklärte die Bedeutung des frühen zeitlichen Regimes, mittels Sofortimplantation. Hierbei steuere der richtige Zeitpunkt die Entscheidung für oder gegen eine Sofortimplantation und/oder Sofortversorgung. Berücksichtigt man alle diagnostischen Möglichkeiten und Risiko-Einschätzungen, sei eine Gewebe- prävention durch Stützung und Erhalt der knöchernen Alveole und des weichgewebigen Anteils möglich. Er ist für das „Zeit lassen“ im Rahmen der parodontalen Vorbehand- lung und für ein „Zeit nehmen“ für die post- operative parodontale und periimplantäre Betreuung. Auffüllen mit Granulat oder Blöcken? Prof. Dr. mult. Robert Sader , Frankfurt, gab Emp- fehlungen für die Praxis. Dabei stelle die Rekonstruktion von vertikalen sowie latera- len Knochendefekten die Behandler immer wieder vor große Herausforderungen, denn häufig sei aufgrund der sehr komplexen Anatomie der zu rekonstruierenden Fläche der Einsatz von Granulaten limitiert. Wurde neuerdings immer wieder postuliert, dass für die Behandlung dieser Knochendefekte besser Knochenersatzmaterialblöcke indiziert seien, verdeutlichte Sader, dass eine Vielzahl von Knochenblöcken (xenogen, allogen oder synthetisch) nicht immer zur suffizien- ten Rekonstruktion komplexer mehrdimen- sionaler Knochendefekte beitragen konnte. Systematische histologische und histomor- phometrische Untersuchungen zeigten, dass das anorganische Gerüst dieser Materialien ein Knochenwachstum nicht über das Material-Knochen-Interface hinaus erlaubt. So dienten diese Knochenblöcke in ihren vertikalen und lateralen Enddimensionen nur als eine Art Platzhalter oder Stabilisator. Sader hält die Anwendung von granulärem Material deshalb für sinnvoller, jedoch müsse diese „Aufschüttung“ geformt und „gehal- ten“ werden. Am Beispiel eines umfang- reichen Defekts am Unterkieferknochen eines resezierten Tumorpatienten demonstrierte er, wo er mittels eines individuell geformten Meshes auch in vertikaler Richtung ein er- hebliches Höhenwachstum erzielen konnte. In dem Fall sei zur Unterstützung der Vasku- larisierung ergänzend PRF (Platelet-Rich- Fibrin) eingesetzt worden, das analog dem beschriebenen LSCC (Low-Speed-Centrifu- gation-Concept) gewonnen und mit einem granulären Knochenersatzmaterial vermischt worden sei. Studien zeigten, dass mit der PRF-Technik auch groß-dimensionierte Knochendefekte, vor allem auch bei im- munkompromittierten Patienten, knöchern rekonstruiert werden können. Um bei einer autologen Augmentation einen zweiten Eingriff an der Entnahme- stelle zu vermeiden, ist die Zahnmedizin seit Jahrzehnten auf der Suche nach dem idealen Knochenersatzmaterial. Autologer Knochen gilt aber nach wie vor als der Goldstandard . PD Dr. Dr. Markus Schlee aus Forchheim fragte, ob Knochenersatzmaterial dem autologen Augmentat überlegen ist. Er zeigte die aktuelle Umbrellatechnik, bei der in die stark resorbierten Regionen Umbrella- Schrauben für eine Tentpole-Technik so inseriert werden, dass sie eine gewisse Distanz zum Knochen haben, womit die geplante Außenkontur des Knochenaufbaus festgelegt wird. Mit allogenen Granulat- Partikeln und PRF werde der Defekt dann aufgefüllt, so dass die Umbrella-Schrauben dem partikulären Augmentat Raum und Ruhe gäben. Das Augmentat werde mit einer Kollagenmembran abgedeckt. Schlee diskutierte die Vorzüge dieses Verfahrens und zeigte klinische und histologische Daten über einen Zeitraum von zwölf Jahren. sp PD Dr. Volker Busch ist Facharzt für Neurologie sowie Facharzt für Psychia- trie und Psychotherapie am Lehrstuhl der Uni in Regensburg. Sein Festvortrag „Kopf oder Bauch – wie wir die klügeren ärztlichen Ent- scheidungen treffen“ sollte auf die Fortbildung einstimmen: Jeder Berufs- tätige trifft rund 10.000 Entschei- dungen pro Tag. Diese finden im Prä- frontalen Cortex (PFC) statt, während die „Bauchentscheidungen“ aus dem Limbischen System kommen. Zu 70 Prozent sind intuitiv getroffene Ent- scheidungen richtig. Kopf oder Bauch? F ESTVORTRAG „Mein Highlight war der Haupt- vortrag des Paro- und Implantologie- „Papstes“ Prof. Dr. Jan Lindhe aus Göteborg, der erstmals bei der DGI als Referent zu Gast war“, sagte DGI-Präsident Prof. Dr. Frank Schwarz. „Welcher nieder- gelassene Kollege kommt schon sonst in den Genuss, solch eine Koryphäe zu hören? Der Kongress zeigte deutlich, dass die DGI eine immer bedeutsamere Bühne für höchstkarätige ausländische Referenten wird.“ PD Dr. Eleonore Behrens aus der MKG- Chirurgie in Kiel hält die ausgewogene und interessante Programmgestal- tung des DGI-Kongresses für wichtig. Ein herausragendes Highlight war für sie ebenfalls der Beitrag von Prof. Dr. Jan Lindhe im Forum International. 83

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