Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 108, Nr. 3, 1.2.2018, (132) Auf 61 Zeilen haben die möglichen Koalitionäre in dem Sondierungspa- pier ihre Ziele in der Gesundheits- und Pflegepolitik zusammengefasst: Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung müssen auf die Solidarität der Gesellschaft vertrauen können. Deshalb soll ihre gute, flächendeckende medizinische und pflegerische Versorgung von Beginn bis Ende des Lebens sichergestellt werden – unabhängig von Einkommen und Wohnort. Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen werden ausgebaut. Zur sektorenübergreifenden Versorgung will man „nach- haltige Schritte“ einleiten, besonders bei der Notfallversorgung. Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehören neben einer gut erreichbaren ärztlichen Versorgung auch eine wohnortnahe Geburtshilfe, Hebammen und Apotheken vor Ort. Notwendig sind deutlich erhöhte Investitionen in Krankenhäusern für Umstrukturierungen, neue Technologien und Digitalisierung. Ziel ist die schrittweise Einführung kostendeckender Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung aus Steuermitteln für die Bezieher von ALG II. Beabsichtigt ist, zur Parität bei den GKV-Beiträgen zurückzukehren. Diese sollen künftig wieder in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten bezahlt werden, die Zusatzbeiträge damit entfallen. „Kein Grund zur Euphorie“ Sichtlich erleichtert waren Ärzte und Zahnärzte, dass die Bürgerversi- cherung im Sondierungspapier mit keinem Wort erwähnt wird. Den- noch: „Zur Euphorie besteht bei aller grundsätzlichen Zustimmung kein Anlass“, brachte es Dr. Hans-Friedrich Spies, Präsident des Berufs- verbands Deutscher Internisten, auf den Punkt. „Es wird darauf an- kommen, ob man sich darauf einigen wird, das duale System von GKV und PKV zu erhalten und das auch so im Koalitionsvertrag aus- drücklich festhält.“ Die Mediziner haben vor allem die Weiterentwick- lung der Versorgung im Blick. Ärztepräsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery formuliert das so: „Mit dem Ausbau der sektorenüber- greifenden Versorgung, Neuregelungen bei der Notfallversorgung und der Bereitstellung von Investitionsmitteln für neue Technologien und Digitalisierung benennen die Parteispitzen einige der wichtigsten Zukunftsthemen.“ Der Bundesvorsitzendes NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, fordert eine Entwicklung hin zu mehr Qualität und Wettbewerb: „Grundlage dafür ist eine Beendigung der Budgetierung und eine Stärkung der Selbstverwaltungspartner im Gesundheitswesen.“ Intelligente Instrumente zur Patientensteuerung zu entwickeln, Büro- kratie abzubauen und eine funktionierende Notfallversorgung zu organisieren, sind für Dr. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmann- bunds, zentral. Einzig der Hausärzteverband hat bisher signalisiert, sich der Bürgerversicherung nicht pauschal zu verweigern. Sondierungsgespräche 61 Zeilen zu Gesundheit Nach zähen Verhandlungen der Durchbruch: CDU, CSU und SPD legen in einem 28-seitigen Papier die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche fest. Kollektives Aufatmen im gesundheitspolitischen Deutschland – von einer Bürgerversicherung steht in dem Papier nichts. Aber das soll noch nichts heißen: Nach dem Sonderparteitag kündigte SPD-Chef Martin Schulz für die Koalitionsgespräche Verhandlungen zur „Zwei-Klassen-Medizin“ an. „Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD zeigen eine sachliche Analyse der anstehenden Herausforderungen der nächsten Legislaturperiode im Bereich von Gesundheit und Pflege. Die Bundeszahnärztekammer be- grüßt, dass das Gesundheitssystem mit Augen- maß verbessert und die Patientenversorgung in Deutschland gestärkt werden sollen. Unser duales deutsches Krankenversicherungssystem patientenorientiert ent- sprechend den gesellschaftlichen Veränderungen zu verfeinern, ist eine wichtige Aufgabe. Ein reformiertes duales Gesundheits- system kann die anstehenden Herausforderungen bewältigen. Wir Zahnmediziner sind gerne mit Fachexpertise, da wo sie hilf- reich sein kann, dabei. Denn unser Fachbereich gilt als Bench- mark im Sinne der Prävention. Dennoch gibt es auch in der Zahnmedizin noch Raum für Optimierungen: bei der Versorgung vulnerabler Gruppen – zum Beispiel in der Pflege – oder beim Abbau überflüssiger Bürokratie. Wir sind bereit für einen prag- matischen, klugen Diskurs.“ „Aufgabe ist, unser duales System patientenorientiert zu verfeinern!“ BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel Nach den Sondierungs- ist vor den Koaltionsgesprächen. Auf ihrem Sonderparteitag am 21. Januar in Bonn votierte die SPD für Koalitions- verhandlungen: Mit rund 56 Prozent (362 Ja-, 279 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung) waren die Befürworter jedoch nur knapp in der Überzahl. Foto: picture alliance Foto: BZÄK-Axentis.de 12 Politik

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=